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ÆOLIAN – The Negationist (2020)
(6.720) Maik (9,3/10) Melodic Death Metal
Label: Black Lion Records
VÖ: 20.12.2020
Stil: Melodic Death Metal
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Nun bin ich eigentlich erstens nicht mehr so im Genre Melodic Death Metal unterwegs, und als ich zweitens las „Melodic Death Metal aus Mallorca“, hatte ich, ehrlich gesagt, keine großen Erwartungen. Da gab es in letzter Zeit schon so einige Durchläufer der langweiligen Art. Aber ich kann Euch sage, die Balearen-Deather von ÆOLIAN haben mir dann doch ganz ordentlich den Schlüpper strammgezogen. Denn diese Band schwimmt nicht einfach im Melo-Death-Fahrwasser mit, sondern führt diese Mucke an ihren Ursprung zurück, ohne jedoch auf Abwechslung und Innovation zu verzichten.
Das wird schon beim Opener „Momentum“ klar, wenn die Band ohne Introgeschnörkel gleich fett loslegt, mit Gitarrenläufen, die außer im Melodentodbereich auch massivst im Schwarzmetall wildern und einem Sänger, der ganz fieslich, aber geil, zu röhren versteht. So war Melodic Death Metal mal gedacht, bevor er zu Musikstudentenmucke verkam.
Mit „We Humans“ wird zuerst mal ein etwas langsameres Tempo geschwartet, wobei die Melodien dann sogar ein wenig in den Pagan-Metal-Bereich herüberschwappen. Dazu der immer wieder aus dem normalen Kreischgesang in fiese Hassschreie wechselnde Vokalist Daniel Pérez. Genial auch die getragenen Melodien, die von Doublebass unterlegt so richtig ins Tanzbein schlüpfen. „Animals Burned“ hat wieder starke Black Metal- Einflüsse, ebenso wie Pagan-Metallische Chöre und wirkt dadurch ebenso aggressiv wie episch. Dafür ist „Unseen Enemy“ dann eher eine getragene Hymne, die einerseits einen ruhigeren Stampfer darstellt, mit viel Melodien, andererseits dem Gesang Daniels auch den nötigen Biss verdankt.
Gerade jener eben genannte Vokalist knallt uns dann beim Song „Blackout“ die erste Überraschung auf die Fresse, denn der Knabe schafft es doch, seinem variablen Gesang noch ein Sahnehäubchen draufzupacken, indem er es stellenweise schafft, in Halfordsche Screams zu verfallen, die zudem auch noch völlig geil klingen und teilweise wirklich an „Painkiller“-Zeiten erinnern. Zwischendurch bringt er dann auch noch regelrechte Death-Growls zustande, und der Song zeigt auch leichte Thrash-Einflüsse. Und zum Ende kommt noch eine besinnliche Geige hinzu, die, von Doublebass unterlegt, den Song ausklingen lässt.
„Golden Cage“ bringt wieder eine weitere Facette von Daniels Gesang, nämlich thrashologischer Schreigesang, der sich aber wieder gut ins Gesamtbild einfügt, und zu den teilweise fast verträumt wirkenden Melodien einen guten Kontrast ergibt.
Ich könnte nun noch über die restlichen Songs ausführlicher schreiben, aber ich möchte Interessenten auch die Möglichkeit geben, selbst auf Entdeckungsreise zu gehen. Deshalb gehe ich hier nur noch auf „Ghost’s Anthem“ ein, bei dem sich ÆOLIAN zur Untermalung ein kleines „Orchester“ gegönnt haben, welches dem Stück ein episches Finale verleiht.
Alles in allem kann ich sagen, daß es ÆOLIAN gelungen ist, mich als Melo-Death-Abstinenzler total abzuholen. Die Abwechslung, Spielfreude, und die Vermischung von Melodie und Aggression, die die Band auffährt, zusammen mit dem Stilmix, der den Melodic Death wieder an seine Ursprünge zurückführt, dankenswerterweise Ausflüge in den Metalcore vermeidet, und natürlich auch die Gesangsleistung von Daniel, machen das Werk zu einem Leckerbissen, den ich von diesem Subgenre schon seit Jahren nicht mehr erwartet habe. Dazu sind die Songs, trotz der vielen Ideen, nicht in die Länge gezogen und kommen eigentlich straight auf den Punkt, was dem Anhören der Scheibe auch nach mehreren Durchläufen genügend Kurzweil verleiht.
Dazu widmen sich ÆOLIAN auch noch einem Thema, welches angesichts der monotonen Nachrichtenflut über die Corona-Pandemie gern an den Rand geschoben wird: Nämlich den schädlichen Einfluss der Menschheit auf die Flora und Fauna dieses Planeten. Somit hat der Interessent hier nicht nur ein ansprechendes Album zum Abfeiern, sondern auch ein Thema, um selbstreflektierend nachzudenken.
Anspieltipp: „Momentum“ und „Blackout“
Bewertung: 9,3 von 10 Punkten
Tracklist:
01. Momentum
02. We Humans
03. Animals Burned
04. Unseen Enemy
05. Blackout
06. Golden Cage
07. Bleeding Garbage#
08. The Flood
09. Children Of Mud
10. Ghost’s Anthem
11. Reborn