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ASTRAL TOMB – Soulgazer (2022)
(7.709) Maik (6,2 /10) Grindnoise
Label: Blood Harvest
VÖ: 25.03.2022
Stil: Grindnoise
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Bei manchen Bands bin ich mir trotz mehrmaligen Hörens ihrer musikalischen Ergüsse nicht wirklich sicher, was sie eigentlich bezwecken. Eine von diesen Combos kommt aus Denver, Colorado und nennt sich ASTRAL TOMB.
Das grobe Fundament könnte man Grindcore nennen, so wie er dazumal eben gespielt wurde, und von Kultlabels wie Seraphic Decay oder Relapse dem krachgierigen Publikum zugänglich gemacht wurde. Wer nun allerdings nostalgischen Klängen der Marke ACROSTICHON oder GOREAPHOBIA entgegenfiebert, wird bei „Soulgazer“ wohl eher sein persönliches Golgotha erleben, denn hier wird um einiges schräger, ja teilweise chaotischer agiert.
Das beginnt schon damit, dass der erste Song fast dreizehn Minuten lang ist, und zunächst auf oben genannten Grindcore zu zielen scheint. Scheint. Denn extreme Dissonanzen, unnachvollziehbare Strukturen, asynchrones Drumming und ähnliche Spielereien stellen sehr hohe Ansprüche an das Verständnis. Zwischen nachvollziehbaren Parts versinkt der Gesamtsound doch gern einmal im totalen Chaos.
Überraschende Wechsel setzen dem Ei noch die Krone aufs Gesäß, und es wirkt teilweise, als hätte die Band unterwegs die Lust verloren, und probiert einfach mal irgendetwas anderes aus. Da zimmert die Gitarre schon mal ein schwarzmetallisches Riff ins Gebälk, während sich die Rhythmussektion an Marschmusik für Gehbehinderte versucht. Das ist megamäßig schräg, Leute.
Gesäumt wird das Ganze mit Grollgesang, der tief und verwaschen fast im Soundsalat verschwindet.
Tja, und schon, als ich dachte, ich muss mich jetzt nur durch die restlichen vier Songs kruden Lärms kämpfen, präsentieren ASTRAL TOMB mit „Be Here Now“ viereinhalb Minuten elektronische Schwurbelsounds. Da fällt mir dann auch nix mehr ein.
Der Song mit dem kurzen, prägnanten Titel „Inertia (Crashing Through The Doorways Of Eternity“ schlägt dann wieder in die Kerbe des Openers, ist aber nur etwa acht Minuten lang. Auch hier spielt sich auf der Basis von Grindcore eine abstruse Mischung aus eingängigen Schleifpassagen und dem absoluten Chaos ab. Da wird schon mal ein doomiges Riff eingesetzt, bevor die Gitarre ein wirres Gefudel hinlegt, gegen die SLAYER-Soli wie „Alle meine Entchen“ klingen. Plötzlich fällt es den Jungs auch mal ein, eine Runde Blastbeats ins Gelände zu hacken, dann wieder versucht man sich an der Imitation Frühneunziger Black-Metal-Proberaumaufnahmen, bevor sich das Ganze in Ambient- Lounge- Sounds auflöst.
„Traversing The Wandering Star“ beginnt erst einmal wieder zwei Minuten lang mit Elektronikgeschwurbel, bevor die Gitarre zu klapperndem Drumming ein paar schräge Dissonanzen in die Gehörschlingen wuchtet. Scheppernde Blastbeats mit dem schon erwähnten Röchelgesang, gegen den der Corspegrinder wie ein Falsettsänger klingt, leiten wieder über in den schleifenden Stampfsound. Dann gibt es sogar mal kurz das Aufflackern einer Art Melodie, die aber sofort wieder in ihre Schranken gewiesen wird.
„Ascending A Pillar Of Light“ beginnt dann schon anfangs mit schrägem Durcheinander, bevor wieder loungemässiges Pling Pling den Anschein angestrebter Harmonie erweckt, der sich fast zwei Minuten hinzieht, bevor wieder der Krach einsetzt und so langsam wieder das Stadium des maximalen Chaos anzustreben versucht. Ein kurzzeitig angespieltes eingängiges Riff wird zur Raserei und führt den Song in eine Mixtur aus Siebziger Sounds und doomiger Wucht, bevor alles in schön oldschooliger Weise in einer Coda ausklingt.
Uff. Das ist harter Stoff, der sich hier aus den Boxen quält, und ich bin mir sicher, die Komponisten dieser musikgewordenen Entropie müssen von einem anderen Stern stammen. Einem, auf welchem andere Grundsätze der Harmonie gelten. Und was ich am Erschreckendsten finde, ist die Tatsache, dass bestimmte Synapsen in meinem momentan blutig gequältem Hirn einige Parts davon sogar gut finden. Ich sollte vielleicht einen Spezialisten aufsuchen…
Wer absolut auf Disharmonien aufbauenden Grindcore, der sich jeglicher nachvollziehbarer Struktur verweigert, und streckenweise einfach nur wehtut, mag, der sollte der Combo eine Chance geben. Ich jedenfalls fühle mich ein wenig überfordert.
Anspieltipp: „Inertia (Crashing Through The Doorways Of Eternity)“
Bewertung: 6,2 von 10 Punkten
Tracklist:
01. Transcendental Visions
02. Be Here Now
03. Inertia (Crashing Through The Doorways Of Eternity)
04. Traversing The Wandering Star
05. Ascending A Pillar Of Light