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AYREON – Transitus (2020)
(6.524) Maik (9,0/10) Progressive Rock
Label: Music Theories Recordings
VÖ: 25.09.2020
Stil: Progressive Rock
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Hier haben wir mal wieder etwas für die Leute, die auch die Randgebiete des Metal/Rock und die Gegenden darüber hinaus erkunden. Das letzte Mal, als ich etwas von Arjen Lucassens Projekt AYREON zu rezensieren hatte…nun, das ist jetzt auch 20 Jahre her, es handelte sich damals um die beiden „Universal Migrator“- Alben.
Wer nun von AYREON eher die Science-Fiction- Stories gewöhnt ist, findet sich auf „Transitus“ eher in einer Musical-Atmosphäre wieder. Das Album lebt eher von Stimmungen und Dramatik als von progressiven Ausbrüchen. Teilweise hat es etwas von einer Mischung aus Musical und Soundtrack, und man hat unweigerlich den Eindruck, daß hier eigentlich auch ein visueller Aspekt angebracht wäre. Und das war auch so geplant, denn ursprünglich wollte Lucassen das Werk auch als Film produzieren, was ihm die Coronasituation leider verwehrt hat. Als Ersatz gibt es wohl auch eine Comic-Adaption, oder sollte man eher sagen: Graphic Novel.
Textlich haben wir eine Mischung aus Gruselstory und Kriminalgeschichte. Im Groben geht es um verbotene Liebe, Mord, falsche Beschuldigungen und natürlich um „Transitus“, eine Art Zwischenreich zwischen unserer Welt und dem Jenseits. Und um jede Menge Gruselei, Gothic Horror, Mystery und Fantasy. Das Album beginnt mit „Fatum Horrificum“, einem in sechs Parts unterteilten Intro, wo schon mal die Vielfalt der Musik zum Tragen kommt, ein großer Spannungsbogen aufgebaut wird, der sowohl lyrisch als auch musikalisch auf dem ganzen Album beibehalten wird. Zur Steigerung der Dramatik und auch näheren Erklärung der Geschichte hat Arjen Lucassen einen Narrativ-Sprecher engagiert, der uns mit erklärenden Worten durch die Handlung führt. Diesen Job hat kein Geringerer als Tom Baker inne, der wohl am meisten für seine Verkörperung des vierten Doctor Who bekannt ist. Seine Stimme ist auch hervorragend geeignet, zusätzliche Stimmung aufzubauen. Allerdings habe ich, der sich die Who- Episoden im englischen Original angeschaut hat, natürlich immer den Typen mit dem Hut und dem drei-Meter-Schal vor Augen.
Passend dazu, kommt natürlich auch ein bisschen Zeitreise vor. Aber im Vordergrund steht natürlich die Musik, die diesmal eigentlich weniger auf treibende Rock-Elemente setzt, und auch gar nicht mal irgendwelche aufgesetzte proggige Auswüchse aufzeigt. Eher kommen die vielfältigsten Musikstile zum Einsatz, wie zum Beispiel die fast Big-Band-mäßigen Parts in “Listen To My Story“, Musical-Melodien wie in „Two Worlds Now One“ oder „Old Friend“ , Das an Mittelalter/Renaissance-Musik angelehnte „Talk Of The Town“, das mit Irish Folk- Elementen versehene „Dumb Piece Of Rock“, das an Siebziger Rock angelehnte „Get Out! Now!“, die operettenhafte Atmosphäre in „Daniel’s Funeral“, die mit wuchtigen Riffs konkurriert, die jazzige Einlage in „Message From Beyond“ oder das aufpeitschende „Condemned Without A Trial“ – Lucassen verarbeitet alles, was ihm sinnvoll und passend erscheint. Und wo bei anderen Leuten ein heilloses Durcheinander und unnachvollziehbares Stilwirrwarr herauskommt, ergibt sich bei „Transitus“ ein stimmiges Bild, welches den armseligen Schreibsklaven hier an der Tastatur kaum in die Lage versetzen kann, es mit seinen schalen Worten zu beschreiben.
Natürlich, den unbedarften Hörer kann das Album auf den ersten Blick überfordern, einerseits durch die Vielfalt und Komplexität, andererseits auch durch die Kontraste. Einige Stücke sind gar keine richtigen Songs, sondern eher Überleitungen, was den Filmcharakter dieses Grusicals noch unterstreicht. Auf dieses Album muss man sich einlassen. Man muss es in Ruhe hören, ohne Ablenkung und mit viel Geduld. Am Ende hat man ein perfektes Ohrenkino, welches voller Ideen und grotesk anmutender Stilwechsel ist. Anstrengend, aber genial.
Anspieltipp: „Dumb Piece Of Rock“ und „Condemned Without A Trial“
Bewertung: 9,0 von 10 Punkten
Tracklist:
CD 1
01. Fatum horrificum
02. Daniel’s descent into transitus
03. Listen to my stor
04. Two worlds now one
05. Talk of the town
06. Old friend
07. Dumb piece of rock
08. Get out! Now!
09. Seven days, seven nights
CD 2
01. Condemned without a trial
02. Daniel’s funeral
03. Hopelessly slipping away
04. The human equation
05. Henry’s plot
06. Message from beyond
07. Daniel’s vision
08. She is innocent
09. Lavinia’s confession
10. Inferno
11. Your story is over!
12. Abby in Transitus
13. The great beyond