SEPULTURA
Beneath the remains (1989)
Ich habe lange überlegt, welchesSepultura Album ich in die Classics aufnehmen sollte, denn auch wenn „Schizophrenia“ unter der furchtbaren Produktion litt konnte man anhand des Songmaterials damals schon erahnen, welches Potential nach der Hinzunahme des Lead Gitarristen Andreas Kisser in den Brasilianern schlummerte. Klar ist das auf die hier besprochene Scheibe folgende Album „Arise“ ebenfalls ein Thrash Meisterwerk, doch „Beneath the remains“ ebnete erst den Weg für den kolossalen Durchbruch des Vierers und legte den Grundstein für eine bis heute andauernde Erfolgsgeschichte, wenn auch mit verändertem Line-Up.
Jeder Buchmacher hätte ein Vermögen verloren wenn man nach „Morbid visions“ und dem bereits erwähnten „Schizophrenia“ seine Kohle auf einen möglichen Erfolg der Cavalera Brüder, Kisser und Paulo Xisto Pinto Jr. gesetzt hätte, denn lediglich der damals noch geltende Exotenbonus und 15.000 verkaufte Einheiten des Vorgängers waren dafür verantwortlich, dass Roadrunner aufmerksam wurde, die Jungs unter Vertrag nahm, 8.000 $ Vorschuss gewährte und sogar einen Scott Burns davon überzeugen konnten, die Scheibe in Rio aufzunehmen. Das Ergebnis war ein Album, welches die Metalwelt so nicht erwartet hatte.
Brutale Produktion, fette Riffs und Songs, die noch heute zum absolut feinsten zählen, was je in dieser Sparte aufgenommen wurde. Hallo? Wer kennt nicht den Titeltrack, „Inner self“ oder „Stronger than hate“, auf dem sogar Labelkollege John Tardy vonObituary ein wenig mitbellen durfte? Eben, Klassiker für die Metalwelt und ein Türöffner für die damals noch recht scheuen Jungs aus dem Regenwald. Das Ende vom Lied waren dann sagenhafte 600.000 Verkäufe weltweit, Tourneen rund um den Globus, ein Auftritt beim Rock in Rio vor 200.000 Zuschauern und ein Verfasser dieses Reviews, der sich lediglich darüber ärgerte, dass der Original Schriftzug der Band keine Verwendung mehr fand. Jedenfalls rotierte das Teil bei meiner Tätigkeit als DJ in einer Berliner Metaldisco seitdem in schöner Regelmäßigkeit und auch heute noch gehen die Songs prächtig ins Ohr, wie man auf der Thrashfest Classics Tour prima feststellen konnte.
Die Krönung war allerdings die erste Europa Tour zusammen mit Sodom, die zu diesem Zeitpunkt mit „Agent orange“ eine nicht minder brachiale Atombombe veröffentlicht hatten und sich zumindest in Berliner Quartier Latin am 27.09.1989 damit konfrontiert sahen, dass nach dem furiosen und spektakulären Auftritt Sepulturas mindestens die Hälfte der Leute die ausverkaufte Halle verließen. Soviel zum Stand der Brasilianer in dieser Zeit. Und das ich auf dem Nachhause Weg fror, da mir Chris mit voller Absicht meine Hose zerriss, ist ein anderes Thema.