28.-29.08.2015 - Schleswig
Am letzten Augustwochenende fand im beschaulichen Schleswig das 5. Baltic Open Air Festival statt. Von meiner Heimatstadt keine Autostunde entfernt, in Verbindung mit den Bands also prädestiniert für einen Besuch im Auftrag von Zephyr's Odem.
Anreise & Tag 1
Bereits am Tag der Anreise war das Gelände gut gefüllt, dabei ging die eigentliche Show erst am nächsten Tag los. Dank unserer frühen Ankunft konnte sich unser Camp einen recht angenehmen Platz suchen, spätere Besucher klagten jedoch über zu weit entfernte Wege und einen weniger einladenden Campground.
Am ersten Tag ging es dann recht spät los, um halb sechs eröffneten Kärbholz das Festival und wurden von einer überraschend großen Anzahl an Menschen gefeiert. Zu dieser späten Stunde konnte sich wohl kaum einer mit der Ausrede drücken, er habe verschlafen. Die Band rund um Torben Höffgen wusste das Publikum zu animieren und ließ einen Kracher nach dem anderen vom Stapel.
Anschließend gaben sich Fiddler'sGreen die Ehre. Mit ihrem schnellen Irish Speedfolk (ja, so nennen die Jungs ihr Genre) fesselten sie die Anwesenden und lieferten wie schon Kärbholz vor ihnen eine fulminante Show ab, die wenig Platz für Kritik lies.Immortal Sin hatten es da nicht so einfach, mich sprach die Musik leider kaum an, und auch im nachhinein blieb viel zu wenig davon hängen.
Mein persönliches Highlight des ersten Tages waren nun Völkerball. Wie das Vorbild Rammstein wurde eine effektgeladene Show geboten. Songs wie „Waidmanns Heil“, „Mein Teil“ oder „Asche zu Asche“ wissen auch noch Jahre nach Veröffentlichung die Menschen zu begeistern. Neben diversen Hits der Großmeister wurde dann noch der Song „Radioaktiv“ der Zweitband Heldmaschine zum Besten gegeben. Dieser kommt zwar nicht ganz an die Qualität der Welthits heran, lockerte die Show aber dennoch auf. Zu guter Letzt gab die Band bekannt, dass von jedem verkaufen Merchandise ein Euro an die Flüchtlingshilfe gespendet werden solle. Eine prima Aktion, die von einem Großteil des Publikums auch positiv aufgenommen wurde.
Auf der Nebenbühne durften nun Motorjesus ihren Heavy Metal abliefern und auch hier war wenig an der Show auszusetzen. Kräftige Riffs, eine feiernde Menge – mit anderen Worten: eine gelungene Vorstellung ohne große Überraschungen, aber dennoch einer Menge Spaß.
Um kurz nach 10 waren nun Schandmaul dran. Nach den härteren Tönen der Bands zuvor eine weichere Bereicherung, die ihrem Ruf alle Ehre machten. Selbst für mich als eingefleischten Deathmetaller ein weiteres Highlight des Baltic Open Airs. Es war deutlich zu spüren, dass die Band noch immer Spaß an ihrer Musik hat und diese Energie wurde professionell ans Publikum übertragen. Zu meckern gab es hier nichts.
Up To You kamen hingegen leider nicht so gut an. Sicher, es standen eine Menge Leute vor der Bühne, aber die Begeisterung hielt sich in Grenzen. Die Musik war nicht unbedingt schlecht, aber wie schon zuvor bei Immortal Sin blieb viel zu wenig hängen. An sich schade, denn es wirkte so, als wenn durchaus Potenzial vorhanden wäre.
Für die meisten der Anwesenden ging es nun mit Veritas Maximvs weiter, dem neuen Projekt des ehemaligen Onkelz Sängers Kevin Russel. Eventuell lag es an meiner grundlegenden Ablehnung der Onkelz gegenüber, aber nach 2 Songs hatte ich genug und zog mich ins Camp zurück und betrachtete das Geschehen dann aus der Ferne. Ein Großteil des Publikums hatte zwar sichtbar Spaß – ich jedoch nicht.
Im Anschluss gaben sich noch ein Mal Immortal Sin die Ehre, auf die ich dann jedoch ebenfalls verzichtete.
Samstag
Der Samstag begann offiziell um 15 Uhr mit einem Warm Up DJ, auf den wir jedoch alle verzichteten. Die Zeit nutzten wir für einen kleinen Fußmarsch in die Innenstadt um uns mit Mückenspray (ab sofort bei jedem Festival dabei...) und anderem Zeug einzudecken. Auch ohne Auto ist die Stadt gut zu erreichen, was definitiv ein Pluspunkt ist. Besonders, da die Preise an den Fressbuden nicht gerade im unteren Preisbereich lagen. Im Gegenzug war von Currywurst und Döner über Pommes und Pizza bis hin zu Erbsensuppe allerhand zu erwerben.
Gut gesättigt stand ich dann pünktlich um halb 4 vor der Sea-Stage, also der Nebenbühne, um mir die Kieler Kollegen von Loudstark anzusehen. Was soll ich sagen, geliefert wurde ein rundes Paket Heavy Metal. Eine würdevolle Eröffnung des zweiten Tages, die auch von überraschend vielen Anwesenden gefeiert wurde.
Die Hauptbühne wurde nun von den Schweden von Mustasch eingeweiht und auch hier galt: Old School Heavy Metal trifft auf moderne Akzente, die die nicht gerade kleine Menge zum Kochen brachte. Leider war die Zeit hier viel zu schnell um, da wünsche ich mir nächstes Mal eine etwas längere Spielzeit.
Nach einer etwas längeren Umbaupause folgten nun Uriah Heep. Ich muss ehrlich zugeben, die Platten konnten mich zuhause nicht allzu sehr überzeugen. Das Liveerlebnis hingegen hat mich förmlich umgehauen, denn es war einfach unglaublich, wie viel Energie die Truppe aufweisen konnte. Immerhin gehören die Herren ja auch nicht mehr zu den Jüngsten. Ich hoffe nur, dass ich in dem Alter noch so fit unterwegs bin.
Ein ebenso großes Urgestein sind wohl Extrabreit, die nun die Sea-Stage beschallten. Wie immer mit viel Humor und Charme und viel Spaß an der Sache wurden hier die Hits aus den letzten 30 Jahren zum Besten gegeben.
Ich gebe zu, ich war nie ein Freund der Musik von Frei.Wild. Politische Einstellungen lasse ich hierbei jetzt auch mal ganz außen vor, das wurde alles oft genug durchgekaut. Die meisten der Besucher waren wohl hauptsächlich aufgrund dieser Band angereist, denn allzu oft sieht man die Südtiroler nicht im hohen Norden der Republik. Die Fans jedenfalls hatten sichtbar Spaß, jedenfalls so lange bis irgendwer auf die geniale Idee kam, ein wenig mit Feuer zu spielen. Das Flammen waren zwar schnell gelöscht, aber die Band musste ihr Set für eine Viertelstunde unterbrechen. Davon abgesehen hat sich der Auftritt wohl für alle Fans gelohnt und auch ich muss zugeben, auch wenn ich mit der Musik nichts anfangen kann, Frei.Wild wissen durchaus das Publikum zu unterhalten.
Bevor es nun auf der Mainstage mit Powerwolf weitergehen sollte, wurde die Nebenbühne zuvor von der Bremer Band Dystopolis abgerissen. Die Jungs haben ihren Slot durch einen Contest gewonnen und waren mehr als überrascht von der positiven Resonanz. Der Platz vor der Bühne war komplett voll und für mich sind Dystopolis die Überraschung schlechthin gewesen. Eine markante Stimme, interessante Riffs und ein mehr als überzeugendes Gesamtpaket. Ich bin gespannt wo der Weg dieser Band noch hinführt, wenn sie weiterhin solche Hits schreiben, wird man sie bald sicher auf größeren Bühnen sehen können. Kein Wunder, dass der Merchstand hinterher komplett leer war.
Nach etwas längeren Umbauarbeiten und der ein oder anderen Zugabe der Bremer legten die Wölfe nun mit etwas Verspätung los. Zu Beginn schien Attilas Stimme noch nicht ganz warm zu sein, dies verbesserte sich jedoch im Laufe des Auftrittes und es wurden altbekannte Hits wie „We Drink Your Blood“ oder „Dead Boys Don't Cry“ losgelassen, aber auch einige Songs der letzten Scheibe wurden vom Stapel gelassen. Ich persönlich sehe das Album „Bible of the Beast“ noch immer als die stärkste Veröffentlichung an, davon hätte gerne der ein oder andere Song mehr kommen können, aber alles in allem war es eine typische Powerwolfshow auf bekanntem hohen Niveau. Sogar die Ansagen Attilas haben etwas Abwechslung bekommen.
Damit während der Umbauzeit auf der Mainstage keine Langeweile aufkommt, legten nun CrucifiedBarbara auf der Sea-Stage los. Zwar ging es in den ersten Reihen gut ab, aber die allgemeine Begeisterung hielt sich doch in Grenzen. Dabei waren die Songs nicht einmal schlecht, aber zwischen Bands wie Powerwolf und Eisbrecher konnten die Damen sich nicht voll durchsetzen.
Mit Eisbrecher sollte das Festival nun gebührend beendet werden, was auch mehr als gut funktionierte. Songs wie „Eiszeit“, „Verrückt“ und „This is Deutsch“ konnten die Menge ebenso befeuern wie „Miststück“ oder „Zwischen Uns“. Dazu wusste Frontmann Alex auch exzellent mit dem Publikum zu interagieren und warf auch eine Frage in den Raum, die mir von Anfang an im Kopf herum schwebte - „Warum ist die Bühne so hoch?“ Eisbrecher bestachen durch und durch mit Professionalität in einer dennoch lockeren Atmosphäre und waren für mich eines Highlights des Festivals. Auch abseits vom Bühnengeschehen lief das meiste so wie es sollte:
Die Zeltplatzsecurity war durchgehend freundlich und hilfsbereit, nur hier und da vielleicht ein wenig inkonsequent, z.B. als ein Freund sie erst darum bitten musste, etwas gegen die noch immer überall laufenden Dieselgeneratoren zu unternehmen, obwohl bereits seit langem Nachtruhe angesagt war. Teilweise erschienen mir außerdem die Preise an den Ständen ein wenig hoch, aber man ist eben auf einem Festival und könnte sich auch ohne Probleme im nahen Schleswig versorgen. Während des Festivals wurden bereits erste Bands für 2016 bestätigt und angeblich sollten auch bereits Karten erhältlich sein – doof nur, dass die Verkaufscrew keine Ahnung davon hatte, was dann zu leichtem Unmut unter den Kaufwilligen führte. Von den kleinen Kritikpunkten abgesehen aber ein dennoch rundes Festival.
Als Schlusswort bleibt nur noch zu sagen: Das Baltic Open Air ist ein mehr als gut durchdachtes Festival und insbesondere Fans von Deutschrock und Heavy Metal sind wohl voll auf ihre Kosten gekommen. Sollte sich die Gelegenheit ergeben, werde ich wohl auch im folgenden Jahr gerne wieder am Start sein.