TAG 2 - Samstag, 08.06.2024 - Fondue auf dem Zeltplatz
Erstaunlicherweise ging es mir am folgenden Morgen richtig gut. Ich war ausgeschlafen, der alkoholbedingte Schleier war gänzlich entschwunden und auch sonst muss ich sagen, dass die vorletzte Nacht in meinem demolierten Zelt richtig erholsam war. Nach einer erquickenden Dusche schlenderte ich ein wenig umher, traf ein paar Leute, die ich am Vorabend noch übersah und fuhr dann erst einmal zur Behausung von Patrick, der für mich eine Kiste fränkisches Bier mitgebracht hatte, welche nun feierlich den Besitzer wechselte.
Danach fuhr ich nach Reichenbach, spazierte ein wenig in der Stadt herum, nahm ein verspätetes Frühstück zu mir und hatte richtig Bock auf den zweiten Tag, der für mich ein paar ganz fette Kracher im Gepäck haben sollte. Zurück auf dem Platz liefen mir dann auch schon einige der Hauptprotagonisten der anstehenden Konzerte über den Weg und ich hatte nunmehr richtig Bock, mir erneut die Läuse aus der Frise puhlen zu lassen.
MOOR
We want Moor. Ja ich weiß, blödes Wortspiel, doch die Verlockung war einfach zu groß. 12 Uhr zur Mittagsstunde also Post Black Metal aus Dresden, der zwar die Leute vor die Bühne, aber irgendwie nicht hinter dem Ofen hervorlockte. Um mal den Jhonny zu zitieren: "Handwerklich gut gemacht", dennoch ist BM einfach nicht meine Baustelle, auch wenn der Kontrast der weiß gekleideten Frontfrau gut zu dem gänzlich in schwarz gewandeten Rest der Band durchaus optische Reize zu bieten hatte. Die Mucke war ok, die Songs für mein Empfinden etwas zu lang, doch in den spärlichen Pausen, die allesamt ohne jegliche Ansagen auskamen, gab es schon höflichen Applaus. War ok, aber als Opener nicht unbedingt dazu prädestiniert, dem vorhandenen Kater Paroli zu bieten.
FLESHLESS
Tschechischer Todesblei geht immer und wenn dieser dann auch noch von den Veteranen von Fleshless dargeboten wird, kann man sich auf eine zünftige Vernichtung einstellen. Der Sound kränkelte am Anfang ein wenig, doch das machte dem Quartett gar nichts aus und es wurden permanent fette Riffsalven ins Publikum abgefeuert, die sich nach und nach immer zahlreicher vor der Bühne einfanden. 41 Jahre gibt es die Truppe mittlerweile und dementsprechend gab es eine Menge verschiedener Stile aus dem Repertoire der Band, die sich mal mit Grindcore versuchte, später dann dem brutalen Death Metal den Vorzug gab und somit für eine schön ausgewogene Mischung sorgte. Frontmann Vladimir war vielleicht ein wenig hüftsteif, dafür aber nicht die Crowd vor der Bühne, die anerkennend zum Takt der Musik abwechselnd mit dem Haupt und dem Bein mitwippten. Cooler Auftritt. (Olaf)
BONDED
Der Auftritt der Ruhrpott-Thrasher von BONDED, um den sympathischen Ex- SODOM Klampfer Bernemann sollte etwas ganz Besonderes darstellen. Da der aktuelle Drummer beruflich verhindert war, wurde der freie Posten hinter der Schießbude kurzerhand mit Gründungsmitglied Makka (ex-SODOM) besetzt. Da Makka sich musikalisch etwas zurückgezogen hat, war man auf die Perfomance gespannt, aber einen Profi bringt offenbar so schnell nichts aus der Ruhe und so fegten sich die Jungs auf einem nahezu erschreckend hohem Niveau durch ihr Set und als wäre das alles nicht schon genug des Guten, wurden BONDED für zwei Songs auch noch vom „alten“ Sänger Ingo unterstützt, der wenig später mit ASSASSIN auf der gleichen Bühne für Unterhaltung sorgen sollte.
BONDED boten einen perfekt gestrickten Querschnitt aus ihren beiden Alben, mal groovig, mal pfeilschnell, aber immer mit der nötigen Portion Aggressivität unterwegs und sorgten für ein enorm kurzweiliges Gastspiel. Höhepunkt des Gigs waren der schiebende Brecher „Je Suis Charlie“ und die oberamtlich fette Abrissbirne „Rest In Violence“. Sehr geiler Auftritt! (Patrick)
ASSASSIN
Ziemlich fettes Programm, was sich Assassin Frontmann Ingo da aufgehalst hatte. Erst als Gast bei Bonded, was für ihn als ehemaliger Fronter sicherlich ein tolles Erlebnis war, um direkt im Anschluss mit seiner neuen Kapelle einen kompletten Set zu spielen. Schien aber kein Problem zu sein, denn der sympathische Schreihals mit den schönsten Koteletten des gesamten Wochenendes legte auch hier eine überirdische Performance hin und unterstrich einen verdammt fetten Auftritt noch einmal deutlich.
Die oldschool Thrasher vom Rhein rifften sich schön durch ihre vorhandenen Veröffentlichungen, wobei für mich persönlich gerne ein wenig mehr von der „Interstellar Experience“ hätte gespielt werden dürfen, aber beschweren konnte ich mich nicht wirklich, denn der Fünfer legte ein fulminantes Set hin, welches das proppenvolle Infield ebenfalls vom ersten Ton an begeisterte. Das übertrug sich auch auf die Band, die im Vollgas durch ihren Gig rasten und sich danach im Backstage noch als verdammt gesellige Kollegen herausstellten. Danke an dieser Stelle noch für den leckeren Rum.
Diese lockere Zusammenkunft und das gemütliche Beisammensein war dann auch der Grund dafür, dass ich The Spirit mal ausließ, habe ich die Band auch schon ziemlich häufig in den letzten Jahren gesehen und warte ert einmal auf die neue Scheibe. (Olaf)
TORTURE KILLER
Auf diesen Gig habe ich mich irrsinnig gefreut, denn die finnischen Death Metal Monster sieht man ja doch eher selten auf deutschen Bühnen. Auf Platte bieten TORTURE KILLER eine recht solide, aber stark an SIX FEET UNDER angelehnte Klanglandschaft, welche in der Vergangenheit sogar Chris Barnes himself einiges abgewinnen konnte, denn nicht zuletzt hat der genannte Sangesbarde deren zweites Album „Swarm!“ eingesungen. Das alles geschah, bevor der gute Chris nur noch einen Schatten seiner selbst darstellen sollte.
Mit einer relativ normalen Erwartungshaltung drängelte ich mich vor die Bühne und wurde sofort völlig umgeblasen! Was zur Hölle ist denn das bitte? Der wohl fetteste und drückendste Sound des Festivals, eine perfekt eingespielte Band, die auch bewegungstechnisch so einiges zu bieten hatte und einen Sänger mit einem so herrlich tiefen und ultradreckigem Organ, dessen Mimik und Gestik in mir ein Gefühl von Angst auslöste! Dazu diese musikalische Untermalung, welche sich in unfassbar walzenden und furchtbar groovenden Songs wie „Phobia“ oder „I Choose Death“ entlud, die jedem Anwesenden unweigerlich in Mark und Bein fuhren und dort einen derart intensiven Bewegungsdrang auslöste.
Egal wo man im Publikum hinblickte, man sah nur freudig strahlende Gesichter, allerlei Bewegung und anerkennenden Respekt für diese grandiose Performance der Band und somit gingen TORTURE KILLER als die absolute Gewinner vom Platz. Hier können sich SIX FEET UNDER mal ne gewaltige Scheibe von abschneiden! Das war ganz ganz großes Tennis! (Patrick)
VOMITORY
Nachdem mir Patrick hechelnd und japsend davon berichtete, wie geil doch Torture Killer gewesen seien, freute ich mich erstmal erneu auf Vomitory, die nach dem Ableben von Bolt Thrower die Position meiner absoluten Death Metal Lieblingsband eingenommen hat und ich dementsprechend immer noch glücklich bin, dass die Schweden im letzten Jahr endlich einen neuen Rundling veröffentlichten, der auch prompt unser Album des Jahres wurde. Eine Sache störte mich aber heute extrem: Ich habe insgesamt 11 Shirts des Quartetts und dachte von daher, dass die nichts dabeihaben könnten, was ich nicht schon habe. Pustekuchen und somit wanderte Nummer 12 in meine Sammlung.
Vor der Bühne war es jetzt so richtig kuschelig und als die ersten Töne erklangen, rastete die Meute aus. Kein Wunder, hatten Vomitory auch einen fetten Sound im Gepäck, die Knarren durchgehend im Anschlag und rasierten die noch letzten übriggebliebenen Grashalme vom Gelände. „Revelation Nausea“ wurde ebenso intoniert wie mein Lieblingssong „Regorge in the Morgue“ oder die neuen Brecher der Marke „Ode to the Meat Saw“, woran man merkte, dass trotz 24 Jahren Unterschied die Qualität der Kompositionen immer noch auf einem schier intergalaktischen Level sind. Vomitory sind und bleiben eine Konstante und liefern immer ab. Ich habe die Truppe noch nie schlecht gesehen, so wie auch heute auf dem CMOA.
EKTOMORF
Die Ungarn sind und bleiben ein Phänomen. Trotz des Umstandes, dass sie mich schon seit Jahren nicht mehr mit ihren Platten abholen, ist der Vierer live IMMER eine Bank und bringt selbst die härtesten Black Metaller zum Hüpfen. Allerdings war der Sound ziemlich matschig und Zoltán Farkas‘ Ansagen nervten irgendwann enorm, denn „Let the Music do the Talking“ sollte hier im Vordergrund stehen. Dennoch hatten die Augen-und Ohrenzeugen scheinbar ihren Spaß, wo hingegen ich die Einladung von Messiah Manager Roger dankend annahm und mit ihm und einer illustren Schar an Gästen an seinem Wohnmobil ein exorbitant geniales Käsefondue zu genießen, von dem ich bis heute noch schwärme. Ich schmeiße meinen Grill weg und werde nunmehr nur noch mit Käse und Brot bewaffnet die Festivals dieser Republik unsicher machen. (Olaf)
NECROPHOBIC
Die schwedischen Satansbraten von NECROPHOBIC sind eine Bank und zählen zu absoluten Speerspitze im schwarzen Genre. Dementsprechend enthusiastisch fand ich mich pünktlich zum Intro vor der Bühne ein, doch irgendwie konnten mich die Jungs dieses Mal…...wie auch leider mit dem aktuellen Album….nicht wirklich vom Hocker reißen. Dabei kann ich auch gar nicht mal so genau sagen, woran das im Allgemeinen gelegen hat, denn prinzipiell haben NECROPHOBIC nichts falsch gemacht. Vielleicht ist man einfach irgendwann mal ein bisschen gesättigt, denn die Band ist schon wirklich sehr häufig auf den Bühnen dieser Welt zu sehen.
Die Setlist bot einen aufwogenden Querschnitt durch den gesamten Backkatalog, wobei lediglich der Sound etwas zu wünschen übrigließ, welcher oftmals in einem Breiänlichen Wust aus Klängen mündete. Bei all der durchschimmernden Negativität sollte aber unbedingt erwähnt werden, dass der Gig keinesfalls als schlecht zu werten war und ich dennoch recht gut unterhalten wurde. Man hat das eben nur alles schonmal etwas besser, agiler und vor allem Klangtechnisch runder erlebt und somit entließen mich NECROPHOBIC nach einem relativ solidem Gig in die Nacht, bzw. an die Cocktailbar. Eine Entscheidung, die ich am nächsten Morgen schwer bereuen sollte! (Patrick)
CROWBAR
So langsam neigte sich das 24er Moshers dem Ende entgegen, wobei ich aber noch mein geschultes Auge auf Crowbar richten wollte, obwohl die Godfathers of Sludge normalerweise gar nicht zu meinen favorisierten Bands gehören. Doch als im Vorfeld Kirk Windstein, übrigens ein Gentlemen und netter Gesprächspartner) als eingefleischter New Orleans Saints Fan mein 49ers Tattoo sah, vergatterte er mich augenblicklich aufgrund des ihn scheinbar aufwühlenden Bildchens auf meinem Arm die Show gefälligst aus der ersten Reihe zu begutachten.
Nunja, die erste wurde es nicht, aber zumindest auf Höge des G.U.C.Standes beobachtete ich einen wirklich wahren und echten Headliner, der sich durch sein Programm walzte und einmal mehr beeindruckend unter Beweis stellte, dass man nicht unbedingt schnell sein muss, um mit seiner exorbitanten Härte Schädel zu spaltet. Das war fett, gewaltig und ein denkwürdiger Headliner des zweiten und letzten Tages auf dem Moshers.
Ziemlich zerfetzt von dem eben Gesehenen begab ich mich nun Richtung mobiler Kemenate und verzichtete somit auf Psychotop als letzte Band. Da auch Patrick diese aufgrund seines Aufenthaltes an der Bar, an der er bereits Wurzeln schlug, nicht mehr wahrnahm, war somit das Festival musikalisch für mich beendet in der Gewissheit, dass wir uns 2025 alle wiedersehen!
NACHTRAG
Als ich am Sonntagfrüh dann mein leider kaputtes Zelt notdürftig zusammenrollte und als große Wurst hinter mir her Richtung Müllcontainer schleifte, kam mir ein Überlebender der Nacht entgegen und fragte mich, was das denn sei, was ich da hinter mir her schleife. Auf meine Antwort „Frag noch einmal und du bist der Nächste“ machte er große Augen und nahm seine Beine in die Hand. Ich musste herzlich lachen. Danke für dieses erneut großartige Wochenende! (Olaf)