Alben des Jahres 2023

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Es gibt wirklich wenige Bands, bei denen in meinem Sprachgebrauch das Wort „Legende“ oder „Idole“ in Zusammenhang mit diesen verwendet werden. Carcass jedoch ist solch eine Legende und wie weit diese Verehrung geht beweist der Bandname meiner ersten Combo aus dem Jahre 1990, denn Reek of putrefaction sollte durchstarten, was wir aber trotz 3 international angesehener Auftritte (hüstel) leider dann doch nicht schafften. Woran das wohl lag? Egal, soll hier auch nicht das Thema sein, vielmehr geht es heute um die triumphale Rückkehr einer der wichtigsten Extrem Metal Bands, die es je gab. „Surgical steel“ heißt das heißersehnte Comebackalbum und ist jetzt schon in meinen Augen DAS Album des Jahres! Ich habe selten eine Scheibe so dermaßen intensiv gehört wie diese. Musikalisch mehr als großer Sport und natürlich Jeff Walkers unverkennbares, bellendes, keifendes Organ, was den ansonsten recht umgänglichen und sympathischen Kerl zu einer Bestie macht. Daher habe ich gejubelt als ich das Angebot bekam, mit einem meiner großen Idole mal einen Plausch zu halten, der allerdings ein wenig verspätet stattfand, da mein Sohn früher von der Klassenfahrt zurückkam, als erwartet...

Grüß Dich. Hast Du Dein Kind?

Ja, danke der Nachfrage. Was für eine Hektik. Wie geht es Dir?

Super. Ich checke gerade alle Emails, die anstehenden Interviews. Es geht in die heiße Phase. Naja, ein klein wenig Kopfschmerzen hab ich (lacht).

Jeff, als Erstes möchte ich Dir sagen, dass Du und Carcass für mich alte Helden und Idole seid was darin gipfelte, dass meine erste Band Reek of putrefaction hieß…

Yeah, das finde ich schon mal sehr gut, danke dafür.

Ist Dir persönlich solch eine Heldenverehrung eher peinlich oder freust Du Dich über solch einen Zuspruch?

Das ist schon cool, wenn sich Leute nach deinen Songs benennen, finde es aber dennoch etwas faul, dass man sich nicht selbst Gedanken über einen eigenständigen Bandnamen macht. Ich glaube eher nicht, dass Ihr mit diesem Namen die nächsten Metallica geworden wäret, hahaha. Aber eine Ehre ist sowas natürlich, gar keine Frage und vor allem, wenn man mit dem was man tut, junge Bands beeinflusst.

Viele Bands aus dem Death/Grind Genre werden meist von den Schreibern oder Reviewern mit Carcass verglichen oder in Verbindung gebracht. Ehrt solch eine Referenz?

Hmmm…ich denke schon, cool ist es auf jeden Fall, zeugt aber auch zuweilen von Einfallslosigkeit (lacht). Es ist schon schön, wenn man so eine Anerkennung bekommt und immer wieder genannt wird. Das war ja selbst in der Zeit so, als wir gar nicht präsent waren.

Als Ihr Euch 2008 zu einem Live Comeback habt hinreißen lassen, war da überhaupt schon die Rede von einem eventuellen neuen Album?

Absolut nicht! Das waren lediglich gute Gelegenheiten, um unseren Backkatalog abzufeiern, hahaha. Aber als wir dann mit Michael Amott und Daniel Erlandsson zockten merkten wir schnell, das es doch wieder in den Fingern juckt. Dazu noch die unbändige Kreativität von Bill Steer…das hat sich einfach verdammt gut angehört. Direkt nach diesen ganzen Shows fragte ich dann wie es wäre, sich mal in den Proberaum zu verziehen um zu sehen, was da eventuell bei herauskommt. Dann merkten wir aber doch, wie sehr wir an unserem Vermächtnis hingen und nahmen dazu etwas Abstand. Später dann kam aber doch die Erkenntnis, dass wir einfach nicht mehr mit den alten Sachen auftreten, sondern auch mal was Neues nachschieben mussten. Es war auf jeden Fall ein Versuch wert und somit konzentrierten wir uns auf das Entstehen von neuen Songs, was letztendlich definitiv ein Ergebnis der Comeback Shows war. Wir wollten einfach weitermachen, Shows spielen und schauen, wie die Leute uns weiterhin wahrnehmen.

Ich habe Euch 1992 erstmals auf der Gods of grind Tour gesehen. Was ist das für ein Gefühl nach all diesen Jahrzehnten noch oder wieder dabei zu sein?

Das ist schon geil, obwohl die Szene mittlerweile natürlich weitaus größer und der Teppich etwas ausgelatscht ist. Irgend bizarr ist es schon, dass wir immer noch das machen, was wir vor 22 Jahren gemacht haben, als wir noch jünger und hübscher waren (lacht). Aber es ist schon geil, dass die Leute es scheinbar immer noch gut finden und genießen, was wir Säcke da machen.

Zurück zum neuen Album „Surgical steel“, zu dem ich Euch nur gratulieren kann und welches in meinen Augen schon jetzt das Album des Jahres ist…

Erst benennst Du Deine erste Band nach einem Song von uns und dann das…Klasse und danke, Du scheinst echt einer dieser Hardcore Fans zu sein…muss ich jetzt Angst haben? (lacht)

Hahaha, bestimmt nicht…Aber mir fiel auf, dass ich seit Jahren schon nicht mehr ein Album so intensiv gehört habe wie Eures. Das ist heutzutage ja bei der Masse an Veröffentlichungen schon gar nicht mehr möglich.

Dann haben wir definitiv etwas richtig gemacht. Das ist ein richtig schönes Lob und dafür danke ich Dir. Wir sind auf jeden Fall sehr glücklich mit der Scheibe und haben auch schon eine Menge positives Feedback der Presse dazu erhalten. Viele der Leute, mit denen ich im Zuge der Veröffentlichung gesprochen habe wussten doch gar nicht, was da auf sie zukommen würde und daher waren die meisten eher positiv überrascht.

Mit Gitarrist Ben Ash und Drummer Daniel Wilding habt Ihr ja zwei nagelneue Bandmitglieder. Wie seid Ihr denn an die beiden gekommen? Hatten die beiden nicht im Vorfeld etwas Angst, bei einer solchen Legende wie Carcass einzusteigen?

Nein, glaube nicht. Daniel ist ziemlich jung und war recht zuversichtlich, als er zu uns kam…hoffentlich ist er es immer noch (lacht). Er hat schon in einigen Bands hier in England gespielt und hat daher eine Menge Erfahrung. Bei Aborted war er ja auch schon und daher passt er auch musikalisch hervorragend zu uns. Achja…als Tourtrommler war er auch bei Heaven shall burn

Von dessen Drummer Matthias Voigt es ja im Vorfeld hieß, das dieser bei Euch auf dem Album spielen würde…

Ja, das war wohl ein großes Missverständnis, denn wie ich ja bereits erzählte hat Dan mal als Tourtrommler bei
HSB gespielt und daher hieß es denn bei Blabbermouth, der „echte“ HSB Drummer würde bei uns einsteigen. Das war absoluter Blödsinn. Ich war darüber eh etwas sauer, denn eigentlich haben wir im Geheimen an dem Album gearbeitet und wollten gar keine großartigen Informationen an die Öffentlichkeit geben, doch dann kam schon das Cover…naja, das konnten wir dann leider nicht mehr aufhalten.

Und nun noch zu Ben…

Ben hat vorher in Bands gespielt, die nicht mal ansatzweise in die Nähe von Carcass kommen und von daher war es für ihn vielleicht etwas schwieriger. Aber er hat oder hatte genügend Selbstvertrauen, um das professionell anzugehen. Er ist 34 und für ihn ist die Band natürlich eine riesige Chance und eine ungeheure Erfahrung, mit der er aber, zumindest bis jetzt, perfekt umgeht. Seine Feuertaufe hatte er bei 3 kleinen Gigs im Underworld in London und da hat er sich bewährt und die Leute überzeugen können. Danach sind wir dann sofort nach Südamerika, um dort richtig große Shows zu zocken und auch da hat er perfekt gespielt.

Produziert hat das Album Colin Richardson, der eine unfassbar geile Arbeit abgeliefert hat. War er von Anfang an die erste Wahl?

Er war die einzige Wahl, das stand bereits von vornherein fest, denn er kennt uns als Band wie kaum ein Anderer. Colin hat die anderen Alben ja auch gemacht, wusste also exakt, was wir wollten oder wie wir zu klingen haben und von daher gab es keine nennenswerte Alternative zu ihm.

Mit „Mount of execution“ habt Ihr einen über 8 Minuten langen Song auf dem Album. Für eine Band wie Euch ja schon fast Verhältnisse wie bei Dream Theater…

Hahaha, na klar. Interessant ist auf jeden Fall, dass mir persönlich der Song gar nicht so lang vorkommt, eher wie 4einhalb Minuten. Aber auch in der Vergangenheit hatten wir auch 6-7 Minuten Songs und ich persönlich „melke“ die Songs gerne mal so richtig aus, bis nichts mehr drin ist (lacht). Die Songs waren anfangs alle etwas länger. Hast Du Dich denn dabei gelangweilt?

Nicht im Geringsten. Dennoch finde ich andere Songs noch besser wie beispielsweise den Titeltrack, der ein unverkennbares 80er Jahre Thrash Riffing hat…

Wir nennen das Teil den Budgie (entsprechend der alten Band-Olaf) oder den brutalisierten Judas Priest Song. Bill ist ein neu geborener NWOBHM Fan und auch Bands wie Artillery oder Wargasm haben ihn bei diesem Stück beeinflusst. Dazu kam, das ja den Mix Andy Sneap machen musste, da Colin ja dann Trivium am Wickel hatte…und der ist ebenfalls „Thrash-verseucht“ (lacht). Und daher kam das wohl zustande. Aber dennoch ist es immer noch unverkennbar Carcass.

Kannst Du mir bitte erklären, warum Du bei „Captive bolt pistol“ über einen Hilti Bohrhammer singst?

Das ist doch eher eine Nagelpistole, oder?
Carcass waren doch schon immer für ihre Subtilität bekannt (lacht). Das geht doch schon bei dem chirurgischen Besteck auf dem Cover los und geht dann halt weiter zu den besagten Bolzenschußgeräten, zu denen ich die Hilti zweifelsohne zähle.

Also steht da kein tieferer Sinn dahinter?

Naja, der Song geht ja um die Bolzenschußgeräte, was diese Nagelpistole ja ist…also hat das schon Sinn, oder? Hahaha

Im November geht es auf Tour. Ist es für eine Band wie Carcass nicht ein Rückschritt, wenn man als Support für Amon Amarth spielen muss?

Wir waren 17 Jahre nicht mehr präsent, wo hingegen Amon Amarth ständig präsent und unterwegs waren und da zählt dieses Argument einfach nicht. Sie haben ein Top 3 Album und Carcass waren nie so erfolgreich in Deutschland…

Na wartet mal die Verkaufszahlen ab…Ihr werdet durch die Decke gehen, darauf wette ich…

Dann erwarte ich Deinen Wetteinsatz, wenn wir in Berlin spielen, hahaha. Für mich ist es einfach eine mehr als interessante Erfahrung, mit solch einer Band auf Tour zu gehen und vielleicht neue Leute und Fans zu erreichen und zu gewinnen. Als wir damals die von dir angesprochene Gods of Grind Tour gemacht haben, wechselten wir uns ja auch ständig mit Entombed als Headliner ab. Ich habe da kein gesteigertes Geltungsbedürfnis diesbezüglich. Außerdem bin ich eh nicht so gerne Headliner, da hast du einfach viel zu viel zu tun (grinst).

Ist denn noch eine Headliner Tour geplant?

Geplant ist da nichts, wir müssen wir erst mal schauen, wie das Amon Amarth Ding läuft. Außerdem stehen wir da jeden Abend vor eine Masse an Leuten auf der Bühne und ich weiß nicht, ob die uns dann noch in einem kleinen Club sehen wollen. Schauen wir einfach mal, was da noch kommt. Jedenfalls haben wir ja ein Album zu promoten.

Werden wir auf der Tour auch Ken Owen wiedersehen? Wie geht es ihm überhaupt?

Als wir in London gespielt haben war er dabei, hat die Leute begrüßt und war präsent. Ken ist Ken und wenn man bedenkt, dass er zweimal schwere Hirnschädigungen erlitten hat, ist er bewundernswert fit und gesund. Er ist ja auch ein klein wenig auf dem Album zu hören und außerdem ist sein Schatten lang, denn sein Schlagzeugspiel hat den Sound von Carcass maßgeblich beeinflusst. Wir haben jedenfalls sehr viel Wert darauf gelegt, diesen Spirit im neuen Album einzufangen.

Ich habe irgendwo mal gelesen, dass Du damals das Bandlogo für Napalm Death designed hast. Ist das etwas, auf das Du heute noch stolz bist?

Auf jeden Fall. Es ist immer wieder cool, wenn du das Logo überall siehst und denkst: Wow, das war ja ich damals zu „Scum“ Zeiten, als ich 17 oder 18 Jahre alt war. Schade, dass ich mir das Teil damals nicht rechtlich habe sichern lassen, denn dann hätte ich mit Sicherheit einen dicken Scheck gesehen…so hat es lediglich zu einer namentlichen Erwähnung auf besagtem Album gereicht. Unfair, oder? Hahaha

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