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Von einer Sensation zu sprechen, wenn eine Band ohne einen Longplayer veröffentlicht zu haben, kurz vor dem ganz großen Durchbruch steht, mag übertrieben wirken, etwas Alltägliches ist es aber auch nicht. Erst Recht nicht, wenn zeitlose Rockmusik das Thema ist. Die Durchstarter Blues Pills nehmen daher einen Sonderstatus ein, den Bassist Zack Anderson zu erklären versucht:

Ihr habt Euch in kürzester Zeit einen verdammt guten Ruf erspielen können, den ihr mit „Blues Pills“ mit Sicherheit sogar noch weiter ausbauen werdet. Respekt! Doch bevor wir uns zukünftigen Dingen widmen, sollten wir erst einmal die Vergangenheit aufrollen. Wie sind die Blues Pills denn überhaupt entstanden?

Als mein Halbbruder Cory Berry (Drummer der Band) und ich in Kalifornien gelebt haben, kreuzten sich zum ersten Mal unsere Wege mit denen der Sängerin Elin Larsson. So kam es, dass aus ursprünglich losen Jam-Sessions konkretere Ambitionen einen band auf die Beine zu stellen wurden, die jedoch auf Grund des abermaligen Umzuges unserer Eltern zurück nach Iowa abrupt zu Ende schienen. Doch Elin kam mehrmals zu Besuch und neben einer sehr intensiven freundschaftlichen Beziehung entstanden in jener Zeit auch unsere Kompositionen „Black Smoke“ und „Bliss“. Diese Nummern waren auch die ersten, die wir aufgenommen haben, wobei wir uns zunächst an der Gitarre abwechselten. Unerwartet kam, dass uns Crusher Records plötzlich anboten die Tracks als EP herauszubringen, wie überhaupt alles verdammt schnell ging. Ehe wir uns bewusst waren, was abläuft, hatten wir Dorian Sorriaux in Frankreich als unseren idealen Gitarristen gefunden und spätestens zu diesem Zeitpunkt war uns auch klar, dass wir als Band versuchen mussten fortan näher beisammen zu sein, deshalb siedelten wir uns auch allesamt in Schweden an.

Von dort aus seid aber dennoch immer wieder auf Reisen gegangen, weshalb es wirklich Zeit wurde auch einmal ein Langeisen auf die Menschheit loszulassen. Seid ihr denn mit einer speziellen Intention an die Arbeit gegangen?

Ganz und gar nicht. Einige der Songs sind zwar wirklich neu, doch wir haben auf Anraten unserer Plattenfirma auch unsere älteren Nummern auf „Blues Pills“ verewigt. So gesehen erhält man einen guten Eindruck über unser bisheriges Schaffen. Außerdem lässt sich gut nachvollziehen, dass wir von unterschiedlichen Quellen beeinflusst wurden und wir zunächst erst einmal unseren Sound finden mussten. Schon klar, im Vergleich zu anderen Vorgängen sind die insgesamt zwei Jahren die wir benötigten, kaum der Rede Wert, für unsere persönliche und musikalische Entwicklung aber fühlte sich vieles an wie ein echter Quantensprung. Vor allem in den letzten Monaten haben wir uns dermaßen gut auf einander eingestellt, dass einige Songs im allerersten gemeinsamen Take schon perfekt funktioniert haben und in eben dieser Form auch auf dem Album gelandet sind.

Diese Spontanität ist dem Material auch anzumerken, ebenso die Inspiration, die man grob der Rockmusik der späten 60er und frühen 70er Jahre zuordnen kann. Könntest Du uns bitte einmal etwas ausführlicher zu diesem Thema Auskunft geben?

Zwar höre ich auch eine Menge aktueller Musik und lasse mich durchaus auch davon beeinflussen, dennoch sind es vorwiegend die Sounds jener Zeit die man als Essenz der Blues Pills betrachten kann. Zu den ersten Künstlern mit denen ich mich intensiv beschäftigt habe, gehörten Fleetwood Mac, Free und Jimi Hendrix, die allesamt auch heute noch sehr inspirativ für uns sind, auch wenn wir in letzter Zeit eher den Soul jener Tage für uns entdeckt haben.

Vor allem Fleetwood Mac werden immer wieder gerne als Referenz erwähnt, aber auch Janis Joplin und mitunter auch Cream. Empfindest du solche Vergleiche als Ehre?

Auf jeden Fall, denn es ist ja nicht so, dass man uns unterstellt, wir würden bei unserem Vorhaben jene Sounds zu interpretieren versagen. Und abgesehen davon ist es ja auch nicht zu überhören, dass die Größen dieser Zeit sehr wichtig für uns sind. In diesem Zusammenhang möchte ich aber auch erwähnen, dass wir diese Art von Musik einfach am liebsten hören und uns darin regelrecht verlieren können. Es macht also keinen Sinn, wenn uns Kritiker unterstellen wir würden keine gute Musik machen, weil wir erst gar nicht versuchen würden innovativ zu sein. Neuerfindungen haben wir nämlich überhaupt nicht im Sinn. Da wir allesamt voll auf „Then Play On“, das 1969er Fleetwood Mac-Album abfahren, fühlen wir uns mit diesem Vergleich natürlich mehr als geschmeichelt und auch Elin empfindet es als Lob mit einer Legende wie Janis verglichen zu werden, auch wenn sie eigentlich noch mehr von Soul-Ladys wie Etta James, Aretha Franklin oder Big Mama Thornton beeinflusst wurde.

Alles nachvollziehbar, aber dennoch nur dann möglich, wenn die Plattensammlungen in denen ihr in eurer Kindheit gewühlt habt, auch dementsprechendes Material hergaben. Schieß‘ mal los, was sich so in den Archiven eurer Eltern verborgen hatte:

Da gab es wirklich viel zu entdecken! Ich erinnere mich noch sehr genau daran, dass sich mein Dad immer wieder The Doors, Pink Floyd oder Jethro Tull angehört hat und ich somit indirekt schon sehr früh mit Werken wie „L.A. Woman“ oder „Aqualung“ in Berührung gekommen bin. Damals war ich zwar noch mehr an Sport interessiert als an Musik, doch einiges ist unbemerkt hängenbleiben und wurde mir erst so richtig bewusst, als sich so mit ungefähr 17 plötzlich wahnsinniges Interesse an jenen Klängen in mir zu regen begann. Vor allem der Umstand, wie locker man seinerzeit mit stilistischen Elementen umgehen konnte und durfte, beeindruckte mich schwer. Blues wurde mit Rock, Psychedelic und Soul locker und frei von der Leber zusammengemischt, ohne dass sich irgendjemand darüber echauffiert hätte. Im Gegenteil, es gab sogar sehr viele Künstler die eine ähnliche Herangehensweise hatten, es aber dennoch schafften völlig eigenständig zu klingen.

Auch was den Sound an sich betrifft, bin ich der Meinung, dass die vergleichsweise fast primitive Aufnahmetechnik von damals die Musik wesentlich gehaltvoller klingt lässt als alles, was man heutzutage unter einer Top-Produktion versteht. Die Essenz der Musik und auch die Seele einer Band konnten dadurch deutlich besser ans Tageslicht gefördert werden. Darum geht es uns auch bei Blues Pills - Musik muss Seele haben! Dennoch klingen wir keineswegs deshalb so, weil es momentan viele andere Bands auch tun, nur um mit dem Etikett „Vintage“ ausgestattet zu werden und ebenso wenig zählen wir zu jener Spezies, die sich liebend gerne mit einer Zeitmaschine in die 60er zurückversetzen lassen möchte. Wir sind glücklich in unserer Situation und lassen uns von nichts und niemandem etwas dreinreden.

Viel zu eurer aktuell mehr als nur zufriedenstellenden Situation dürften auch die zahlreichen Live-Shows beigetragen haben, mit denen ihr bisher auch - völlig unabhängig von der Größenordnung – immerzu überzeugen konntet. Welche Shows bevorzugt ihr selbst? Ganz große Festivals, oder doch eher die intimen Clubs?

Beide haben ihren ganz speziellen Reiz und es wäre gelogen, wenn ich behaupten würde, dass es mich nicht anturnt vor tausenden von Fans über eine Bühne von Ausmaßen eines Kleingartens zu toben. Konzerte in einem überschaubaren Rahmen haben allerdings ein heimeligeres Flair und lassen den direkten Kontakt mit Fans zu, was für ein Band von unserem Status natürlich verdammt wichtig ist. Von daher macht es einfach mehr Sinn für uns immer wieder in kleinen Locations zu spielen. Auch wenn das Tourleben an sich nicht immer ein Honigschlecken ist, lohnt sich eine solche Unternehmung jedes Mal und deshalb werden wir auch in Zukunft nahezu permanent auf Achse sein. Was uns wirklich entgegenkommt, ist, dass wir alle vier schon über einige Erfahrung auf diesem Gebiet verfügen und trotz der Tatsache, dass wir eigentlich noch verhältnismäßig jung sind, schon seit mehreren Jahren in regelmäßigen Abständen Bühnenluft schnuppern durften. Zudem tut es immer wieder gut mit inspirierenden Bands wie zum Beispiel mit Kadavar, die wir sehr schätzen, zu spielen, denn auch dabei kann man immer etwas dazulernen.

Das ihr schon in ganz frühen Jahren musiziert habt, hatte ich nicht anders erwartet, denn von irgendwo muss eure Bühne-Routine ja kommen. Sehr gespannt bin ich aber, wie ihr euer Zeitmanagement zukünftig organisieren werdet, schließlich hat eine junge Band nahezu alle Zeit dieser Welt für ihr Debüt, steht allerdings beim Zweitling meistens unter Stress.

Da habe ich ehrlich gesagt keinerlei Bedenken, denn wir sind nahezu ständig am Schreiben von neuem Material und haben deshalb auch schon einiges für unser nächstes Studioalbum fertig. Zum anderen bin ich der Meinung, dass es in den meisten Fällen nicht das Komponieren selbst ist, das zu Zeitverzögerungen führt. Als viel problematischer entpuppt sich doch zumeist die Studio-Situation.

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