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Wer unser Magazin aufmerksam verfolgt wird sicherlich in den letzten Jahren eine gewisse Affinität zu Décembre Noir entdeckt haben. Das liegt vor allem an der unumstößlichen Tatsache, dass die fünf Thüringer seit ihre ersten Album „A discouraged believer“ eine stete Weiterentwicklung hingelegt haben, die nunmehr in dem herausragenden Album „A renaissance of hope“ ihren Höhepunkt findet. Daran verknüpft ist der Umstand, dass die Jungs gerade live es schaffen, ihre herausragenden Kompositionen ebenso perfekt umzusetzen. Außerdem ist es immer wieder ein Vergnügen, mit egal welchem Bandmitglied ein kleines Pläuschen zu halten, da man von vornherein weiß, dass sich diese Gespräche meist zu einem regen Gedankenaustausch entwickeln, der heuer erstmals in Form eines Interviews auch niedergeschrieben wird. Diesmal „erwischte“ es Gitarrist Sebastian Görlach, der sich mit mir zusammen dem neuen Album annahm und zu Beginn ein wenig in Gedanken schwelgte.

Am 14.10.2017, also fast exakt vor drei Jahren, verstarb am Abend Eures Konzertes in Eisenhüttenstadt einer Eurer größten Fans, Don Ron, der Bruder unseres Redakteurs EmZett, was nicht nur für mich, sondern vor allem für seine Familie und seine unzähligen Freunde ein furchtbarer Schlag war. Welche Erinnerungen hast Du an ihn?

Es hat uns sehr viel verbunden, nicht nur mit ihm als Person, sondern auch das ganze Umfeld, vor allem mit seinem Bruder Marko, die seit fast der ersten Minute von Décembre Noir an unserer Seite standen und uns als Band das erste Mal das Gefühl gaben, Fans zu haben. Sowas wird es nie wieder geben, diesen ersten Moment erlebt man nur einmal in seinem Leben. Du bringst dein erstes Album raus und triffst auf Leute, die das auch noch gut finden. Wir hatten danach auch noch viele schöne Momente miteinander. Als er beispielsweise von Marko zu seinem 50. Geburtstag den Flug nach Riga zu unserem Konzert geschenkt bekommen hat. Wie wir uns da am Flughafen trafen und völlig perplex waren, was die Beiden hier machen würden (lacht). Das sind unvergessliche Highlights, tolle Überraschungen, schöne Momente, ob man nun abends bei einem Bier zusammengesessen hat oder wir auf der Bühne standen und wussten, dass er uns von unten aus zusieht. Er war und wird immer präsent für uns bleiben, denn das hat uns miteinander verbunden. Wir hatten ein sehr enges Verhältnis.

Ich muss ehrlich gestehen, dass ich mit “Autumn kings” anfangs ziemlich gefremdelt habe und es eine ganze Zeit benötigte, bis ich so richtig Zugang zu Eurem dritten Album bekommen habe. Mit ”Renaissance of hope” hingegen verhält es sich komplett anders. Das Album ist, meines Erachtens nach, die Quintessenz Eures bisherigen Schaffens. Es beinhaltet alles, was Euch als Band ausmacht, ist gradliniger und vor allem eingängiger.

Danke, danke, allerdings war es nicht unsere Absicht, uns so komplett von der ”Autumn Kings” zu unterscheiden, also in eine andere Richtung zu komponieren, weil sie vielleicht gefloppt ist oder so. Wir hatten bislang auch gar nicht abschätzen können, wie die neue Platte ankommen würde. Ich will damit sagen, dass wir nicht bewusst andere Texte oder eine andere Herangehensweise beim Komponieren eingeschlagen haben, um einen Gegenpol zur ”Autumn” zu erzeugen, sondern es hat sich einfach ergeben. Bei uns ist es immer so, dass wir mit einem Projekt abschließen, bevor wir uns einem neuen widmen und da entstehen automatisch neue Ideen, neue Melodien in unseren Köpfen, die wir dann umsetzen möchten.

Wo siehst Du denn selber die gravierendsten Unterschiede zwischen diesen beiden Alben?

Das ist definitiv die bereits von Dir angesprochene Gradlinigkeit, denn ”Autumn” ist ein ziemlich sperriger Brocken, den man vielleicht so gar nicht an einem Stück hört und auch durch seine Länge recht schwierig, anstrengend und fordernd wirkt.

Das war auf jeden Fall so gewollt und musste genauso nach der ”Forsaken Earth” Scheibe für uns folgen. Diese Geschichte war nun erzählt und somit konnten wir uns der ”Renaissance” in vollem Umfang widmen.

Diese Eingängigkeit ist nun wieder mehr vorhanden wie vorher und auch unsere alten musikalischen Einflüsse vor Decembre Noir fanden mehr Berücksichtigung, wo wir alle aus Black oder Death Metal Bands gekommen sind, bevor wir uns unserer aktuellen Musik verschrieben haben. Das haben wir nun wieder etwas mehr aufblitzen lassen, ein wenig mehr Death und Thrash reingepackt und somit unsere Ansätze in die Tat umgesetzt.


Die Tracklist ist einmal mehr ”Klasse statt Masse”. Sechs Songs, alle etwas länger geraten, die aber keinesfalls ausufernd klingen, sondern wohl durchdacht und nicht erzwungen. Waren lediglich diese sechs geplant oder hattet Ihr noch mehr im Köcher?

Es waren tatsächlich von Anfang an diese sechs Songs, die wir uns auch als Deadline gesetzt haben. Das merkten wir vor allem, als wir mit dem letzten Song und den „Behind the scenes“ durch waren und alle Stücke in exakt der Reihenfolge ihres Entstehens auf Schallplatte gelandet sind. Auf der CD gab es tatsächlich eine Änderung. Aber wir merkten da schon ziemlich schnell, dass wir den entstandenen Flow auch exakt so veröffentlicht haben, oder besser gesagt werden. Das gesamte Album ist wie aus einem Guss, da gibt es keinerlei Lücken und die Länge war ebenfalls nicht beabsichtigt. Wir haben einfach drauflos komponiert und gespielt und hatten uns über irgendwelche Titellängen niemals Gedanken gemacht. Allerdings müssen wir beim bald erscheinenden neuen Video ein wenig abspecken, sonst wird es zu lang.

Finde ich schade, denn wenn man solche Songs schon kreiert, sollten diese auch in vollem Umfang visuell umgesetzt werden. Das schaffe andere Bands doch auch, warum nicht Ihr?

Das ist normalerweise auch unser Ansinnen, doch um ein sechs- oder siebenminütiges Video mit Leben und Inhalt zu befüllen, braucht es schon 2-3 Drehtage und irgendwann steigert sich das ins uferlose, hahaha. Dann lieber einen knackigen und bedeutsamen Kurzfilm, ohne Slowmo Dronen- oder epischen Standbildern (lacht).

Ich liebe fotografierte Albumcover und bin von Eurem Bild hellauf begeistert. Allerdings erschließt sich mir nicht der Zusammenhang zum Albumtitel.

Es ist auch auf dem ersten Blick nicht unbedingt ersichtlich und kann schon viele Fragen aufwerfen. „Renaissance of hope“ war anfangs ein Arbeitstitel, allerdings zu einem Zeitpunkt, wo die Songs schon ziemlich weit gediegen waren. Lars wollte dann textlich etwas mehr positive Aspekte seines aktuellen Lebens einbringen und somit hoffnungsvollere Texte verfassen, was im weiteren Verlauf dieses Prozesses dann aber doch wieder ein wenig mehr in die dunklere Richtung ging. Allerdings haben wir das Thema „Hoffnung“ etwas stärker beleuchtet und haben darin einfach noch eine ganze Menge mehr Facetten gesehen, wie beispielsweise Hoffnung in Bezug auf aktive Sterbehilfe, auf die ein Einzelner hofft, um seinem Leiden ein Ende zu setzen.

Diese Person ist aber mit seiner Hoffnung meist alleine gelassen, da dass soziale Umfeld, die Familie, die engsten Freunde dieses grausame Schicksal alles andere als hoffnungsvoll ansehen. Das haben wir versucht, auf dem Cover darzustellen. Die aktive Sterbehilfe, die ja einmal mehr in diesem Jahr auch stark diskutiert wurde, sollte in dieses Bild einfließen, sollte unser Ansinnen verdeutlichen. Das war eine Idee, mein Ansatz zu diesem Cover und habe vor meinem inneren Auge auch schon die Protagonisten gesehen, sie angesprochen, ob sie das machen wollen und sie wollten.

Das Bild ist dann aber auch nur so herausragend geworden, da Marco Großmann, der sonst unter anderem für das GEO Magazin Wale fotografiert, sich mit Wasser unglaublich gut auskennt und somit unsere Vorstellungen exakt einfangen konnte. Wir waren schon drauf und dran, das komplette Bild irgendwie zu veröffentlichen, haben auch nur ein klein wenig draufgelegt, um eine Stimmung zu gestalten. Das war so gut fotografiert, annähernd perfekt. Er hat alles eingefangen, die Schauspieler sensationell getroffen und wir waren bereits in der Entstehungsphase, also wie er fotografiert hat, vollkommen begeistert und wussten, da kann nur was Umwerfendes bei rauskommen. Dieses Bild, diese Thematik, diese Tragik, das alles in einem Bild, das macht uns, das macht Décembre Noir aus.

Ob man Euch live sieht, auf Platte hört oder jetzt dieses Albumcover. Ihr entfacht immer und zu jeder Zeit ein großes Maß an Emotionalität. Ist es das, was Décembre Noir ausmacht?

Es spiegelt zumindest all das wider, was wir tun und in unsere Musik einfließen lassen, wie wir komponieren. Der Song muss immer berühren und wenn wir diesen erstmals im Proberaum spielen und dabei Gänsehaut am ganzen Körper haben, ist es exakt DER Song, der ins Repertoire kommt. Er muss uns, neudeutsch gesagt, abholen und wenn dem so ist, dann ist es auch richtig.

Dieses Gefühl wollen wir dann natürlich auch auf die Bühne transportieren, die Leute an unseren Emotionen teilhaben lassen und ich glaube das ist es, was uns von vielen anderen Bands in diesem Genre unterscheidet. Wir sind keine Partyband und die Songs verlangen es, dass man sich ihrer ernst annimmt und bei der Performance nicht über die Stränge schlägt.


Einmal mehr habt Ihr im Chemical burn Studio zusammen mit Ali von Heaven Shall burn aufgenommen…

Ohja, die vierte Scheibe in Folge zusammen mit Alex Dietz, ohne allerdings diesmal nach Hamburg zum Eike Freese zu fahren. Wir haben diesmal absolut alles, auch das Schlagzeug bei Ali aufgenommen.

Vielleicht liegt es ja daran das ich finde, dass Euer Sound diesmal ein wenig anders ist. Erdiger, gradliniger, härter...

Wenn man sich mal ein wenig quer durch unsere Alben hört wird man feststellen, dass jede Scheibe irgendwo einen etwas anderen Sound hat. Bei ”Renaissance” haben wir allerdings nichts Neues ausprobiert, sondern sind tatsächlich eher ein, zwei Schritte zurückgegangen. Wir haben viel analog aufgenommen, haben aber natürlich dennoch die uns heutzutage zur Verfügung stehende digitale Technik zusätzlich genutzt, neben alten Kompressoren und Equalizer. Dadurch haben wir eine ganz andere Wärme in den Signalen erreicht und letztendlich auch in den Songs, die wir anders so nicht hätten transportieren können. Das ist dann für uns ein etwas ansprechenderer Sound, wenn man mit einer Röhre arbeitet und nicht versucht, dass digital auf Teufel komm raus nachzuarbeiten.

Im Vorfeld zum neuen Album gab es ja auch einen Line Up Wechsel. Maik ist nicht mehr am Start und stattdessen greift nun Stefan in den Viersaiter, den wir als Basser von Gruppe Planet kennen. Was ist da passiert?

Irgendwie ist es schwer im Nachhinein zu beschreiben, was tatsächlich der ausschlaggebende Grund für seinen Ausstieg war, ob er nun uns verlassen hat oder verlassen worden ist. Im Prinzip war das zum Schluss eine stillschweigende Übereinkunft, dass er geht und danach haben wir fast ein Jahr nicht darüber gesprochen. Wir haben uns irgendwann dann zusammengesetzt, die Karten auf den Tisch gelegt und darüber gesprochen, woran es lag.

Maik hatte damals eine schwere Krankheit, die ihn zum Nachdenken gebracht hat, wie es in Zukunft mit ihm weitergeht, wieviel Zeit er mit seiner Familie verbringen möchte und dementsprechend kam vieles auf den Prüfstand und wurde demzufolge infrage gestellt. Eine Band wie in unserer Größenordnung benötigt halt eine Unmenge an Zeit, Disziplin und da ist es manchmal schwierig, diese Zeit mit einem zusätzlichen Beruf und Familie in Einklang zu bringen.

Alex hat dann temporär den Bass übernommen, um die anstehenden Shows absolvieren zu können, bis dann Stefan zu uns stieß. Wir sind in einem sehr stabilen Line Up unterwegs und hoffe, dass wir noch einige schöne Jahre miteinander verbringen werden.


Es gib zig andere Bands, die mit dem vierten Album bereits 20 Musiker verschlissen haben. Insofern hält es sich bei Euch doch in Grenzen...

(lacht) Da gebe ich Dir allerdings recht.

Im Vorfeld zum Release des neuen Albums habt Ihr nach einer außergewöhnlichen Location für Euren Release Gig gesucht. Dann kam COVID-19 und alles wurde auf den Kopf gestellt. Dennoch werdet Ihr zwei Gigs absolvieren, über die Du mir sicherlich bereitwillig Auskunft geben wirst...

Wir haben diesmal was Anderes machen wollen und keine der üblichen Locations nutzen, in der an jedem Wochenende eh eine Metal Veranstaltung stattfindet. Wir suchten nach einem alten Kino, einem alten Theater, vielleicht einer Kirche, wo wir hätten spielen können, einfach um auch durch das andere Ambiente eine andere Stimmung aufzubauen. Wir hatten das Gefühl, die neue Platte live einfach beim ersten Mal anders umzusetzen und haben angefangen, zu suchen.

Wir hatten schon einige Objekte ausgespäht, doch dann hat uns COVID-19 umgegrätscht und auch die Gesundheitskonzepte hauten dann nicht mehr hin, worauf einige Betreiber einen Rückzieher machten. Leider blieb uns dann leider nur unsere Heimatstadt Erfurt...


Warum ”leider”?

Naja, wir hatten schon noch mit ein paar anderen Städten geliebäugelt und wollten ein paar mehr Shows spielen, aus dem nun leider nichts geworden ist. Wir mussten also unsere Ansprüche ziemlich herunterschrauben und uns auf ein paar wenige Konzerte fokussieren. Nun sind es insgesamt drei Konzerte, zwei in Erfurt und eins in München, im Backstage, wo wir noch ein Abstandskonzert machen können. Aber als Releaseshow ist leider nur noch das Schauspielhaus in Erfurt übriggeblieben, was uns allerdings sehr freut, da es ein wunderschönes, altes Theater ist, welches dem neuen Opernhaus weichen musste. Ein wahnsinnig schönes Ambiente, in dem wir das Gesundheitskonzept gewährleisten konnten, da es sich um festknotetet Sitze handelt, bei denen der Abstand gewährleistet ist. Wir hoffen auf zwei schöne Abende, denn aufgrund der begrenzten Plätze war das eine Konzert schnell ausverkauft und das andere dient auch dazu, die Kosten zu decken, die mit einem Konzert nicht hätten aufgefangen werden können.


Anm.v.Verfasser: Aufgrund der nunmehr beschlossenen Maßnahmen der Bundesregierung und der Länderchefs zur Eindämmung der Infektionen mit COVID-19 und dem damit einhergehenden Teil-Lockdown in Deutschland, stehen die Erfurt Konzerte laut Sebastian (Stand 29.10.2020) auf der Kippe. München wurde bereits gecancelt. Man wartet nun auf weiterführende Informationen, ob die Release Shows stattfinden können, oder in den März 2021 verschoben werden müssen.


Seit Eurem ersten Album habt Ihr in schöner Regelmäßigkeit alle zwei Jahre eine Scheibe veröffentlicht, die nie qualitativ infrage zu stellen war, was bei der hohen Wertigkeit Eurer Musik nicht selbstverständlich ist. Woher nehmt Ihr all die Inspiration, um in solch kurzen Abständen so großartige Musik zu veröffentlichen?

Wir haben genügend Inspirationen und einen bestimmten Flow und somit kann ich zugeben, dass wir die meisten Songs des neuen Albums als Gerüst bereits fertig hatten, bevor die „Autumn kings“ überhaupt auf den Markt kam. Man hat halt immer eine bestimmte Wartezeit nach den Aufnahmen, nach der Produktion, bis dann das finale Produkt veröffentlicht wird und die füllen wir halt mit dem Komponieren neuer Songs. Klar kommt dann der ganze Promozug ins Rollen, man hat genügend zu tun und dennoch finden wir immer Zeit, uns mit neuen Ideen zu beschäftigen, an neuen Songs zu arbeiten. Von daher planen wir immer relativ früh mit einer neuen Scheibe. Diesmal glaube ich aber, dass wir uns zum nächsten Album etwas mehr Zeit lassen werden (lacht).



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