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Ja, ich mag Necrotted, auch wenn einige todesbleiernde Puristen (und Puristinnen, ich schau mal keinen schief an, Ines) mit dem Slam durchsetzten Todesstahl des Fünfers aus Abtsgmünd zuweilen wenig anfangen können. Doch man sollte so fair sein, nach dem Hören des neuen und vierten Albums „Operation: Mental castration“ den Jungs zu attestieren, dass sie einfach großartige Musik machen. Dazu gesellen sich tiefgründige Texte und eine Frische, die man bei manchen Bands, die bereits 13 Jahre auf dem Buckel haben, manchmal schmerzlich vermisst.

Als mich Labelchef Flori Milz bat, mit den Jungs ein Gespräch zur neuen Scheibe zu führen, musste ich nicht lange nachdenken und freute mich, Phillip (Gitarre) und Fabian Fink (Vocals) einmal mehr zu einer netten Gesprächsrunde begrüßen zu dürfen.

Philipp, Fabian, ihr beiden Finken. Wie geht’s, wie steht’s? Eigentlich eine dumme Frage, nachdem heute Nacht einmal mehr der Lockdown verlängert wurde, doch abseits davon müsstet ihr doch aufgrund eures bärenstarken neuen Albums im Quadrat hüpfen, oder?

Fabian: Hey, uns geht es wirklich bestens. Wir sind wahnsinnig happy, dass nach rund zwölf Monaten intensiver Arbeit am 19. März 2021 nun endlich unser neues Album „Operation: Mental Castration“ veröffentlicht wurde. Da kann selbst die Verlängerung des Lockdowns unsere Stimmung nicht trüben. Auch wenn es natürlich unglaublich schmerzt, dass immer noch keine Chance auf Live-Konzerte in Sicht ist.

Wie seid ihr denn durch die bisherige Pandemie gekommen? Privat wie auch musikalisch. Wie viel Corona-Frust kann man auf eurem Album heraushören?

Philipp: Privat sind wir bisher von der Pandemie zum Glück weitestgehend verschont geblieben. Es gab keine Corona-Infektionen, schweren Verläufe oder gar Todesfälle innerhalb der Band, der Crew und unserer Familien. Musikalisch hat uns die Absage des Festivalsommers 2020 natürlich hart getroffen, da waren wir für so manche Show bestätigt.

Aber Jammern hilft nichts, wenn wir an der Situation eh nichts ändern können. Wir haben uns dafür beim Songwriting ordentlich ins Zeug gelegt und konnten so schon bereits im Mai letzten Jahres ins Studio, um unser neues Album aufzunehmen. Ursprünglich wäre die Albumproduktion nämlich erst für November 2020 geplant gewesen. Man kann also sagen: ohne Corona, hätten wir nicht bereits jetzt im März 2021 unsere neue Platte auf dem Markt. Ein Corona-Frust ist daher aus dem Album nicht wirklich herauszuhören.


Natürlich müssen wir auf den aktuellen Titel Eures Albums zu sprechen kommen und da ich weiß, wie politisch engagiert ihr seid, erübrigt sich eigentlich die Frage nach dem Namen „Operation: Mental Castration“. Und dennoch… erklärt mir und unseren Lesern doch bitte mal, wie ihr auf diesen mehr als aktuellen Titel gekommen seid.

Fabian: Es handelt sich bei „Operation: Mental Castration“ um ein gut durchdachtes Konzeptalbum, welches chronologisch die Geschichte eines Protagonisten erzählt, der die Normen und Gepflogenheiten in unserer Welt kritisch hinterfragt. Allgemein kann man sagen, das Album dreht sich um die ökonomischen und sozialen Zwänge, die auf den einzelnen Menschen in unserem Wirtschafts- und Gesellschaftssystem einwirken. Wenn dann jemand wie unser Ich-Erzähler als aktiver, mündiger Bürger mit gewissen Zuständen hart ins Gericht geht und diese ändern möchte, wird er unterschwellig durch die sozialen Normen wieder auf Spur gebracht. Diesen Vorgang haben wir metaphorisch als mentale Kastration bezeichnet. Wir dachten, das wäre – insbesondere in unserem Musikgenre – eine passende und provokative Bezeichnung.

Die Reviews zum neuen Album waren ja zum Teil überschwänglich. Besteht da nicht die Gefahr, sich in nächster Zeit auf seinen Lorbeeren auszuruhen?

Fabian: Ja, die Reaktionen auf „Operation. Mental Castration“ sind wirklich klasse. Das haben so gar nicht erwartet und sind teils selbst überrascht. Sowohl von der Fachpresse als auch von den Fans wird das Album überschwänglich gefeiert und wir erhalten fast durchgehend positive Rückmeldungen.

Philipp: Viele bezeichnen unser neuestes Werk auch als das beste und ausgereifteste, das wir jemals veröffentlicht haben. Das freut uns natürlich, denn das sehen wir auch so. Ausruhen werden wir uns auf diesen Lorbeeren aber mit Sicherheit nicht. Wir sind uns selbst die größten Kritiker, wollen uns stetig verbessern und weiterentwickeln und so gibt es auch für zukünftige Projekte nur eine Richtung: vorwärts!


Für mein Empfinden habt ihr musikalisch ein wenig an den Stellschrauben gedreht und zuweilen auf Hochgeschwindigkeitsgebolze zugunsten exorbitanter Härte verzichtet. Klingt für mich mehr als gut und vor allem ein wenig differenzierter als früher, was sich in meiner bereits 2019 angekündigten Bewertung niedergeschlagen hat. Steckte da etwas Absicht hinter?

Philipp: Grundsätzlich bleiben wir unserer Linie selbstverständlich treu. Wir machen einfach die Musik, auf die wir selbst Bock haben und das ist schlicht und einfach moderner Death Metal ohne Scheuklappen. Wir gehen da ganz offen ran beim Songwriting und so haben wir eben Einflüsse aus dem Slam- und Core-Bereich, aber auch aus dem Black Metal in die zehn neuen Songs gegossen. Es zählt, was uns gefällt. Und wenn es dann noch die Fans begeistert, umso besser.

Ich bin komplett begeistert von Songs wie „Compulsory Consumption“ und „Drained“. Welches sind eure Lieblingssongs auf dem Album und vor allem warum? Ich könnte mir gut vorstellen, das gerade Erstgenannter mächtig zum Zocken fetzt, da er mit einem simplen Gitarrenriff auskommt, um das sich dann alle anderen Instrumente gruppieren. Großartiges Teil…

Philipp: „Compulsory Consumption“ ist auch einer meiner Lieblingstracks auf dem Album, mein klarer Favorit ist aber „Asocial Media Whore“. Weil er direkt mit einem knüppeldicken Slam-Part anfängt, sich als Song aber besonders zur Mitte hin entwickelt und auch ein Gitarrensolo von Johannes beherbergt, was so eher untypisch für das Genre ist. Und zu guter Letzt ist der Gastauftritt von Julien von Benighted ein Grund dafür, warum mir das Lied auf dem Album besonders gefällt. Seine Vocals werten den Song echt noch mal auf.

Fabian: Mein Lieblingssong auf dem Album ist der Titeltrack „My Mental Castration“. Er gibt einfach gleich zu Beginn den Duktus des Albums vor. Im musikalischen Sinne wie auch in Bezug auf die Lyrics. Zudem hat mich der Dreh zum Musikvideo des Songs persönlich extrem gefordert, weshalb sich wohl unter anderem meine enge Verbundenheit zu „My Mental Castration“ erklären lässt.

Aber da du in deiner Frage „Drained“ erwähnt hast: Wusstest du, dass Philipp mich in dem Song an einer Stelle an den Vocals unterstützt? Für den mehrspurigen Gesangspart am Ende des Songs hat er nämlich auch ein paar Mal ins Mikro gegrölt (lacht).


Ebenfalls finde ich, dass ihr produktionstechnisch eine ganze Schippe draufgelegt habt, denn trotz zeitweiliger rasender Rüpeleien, sind eure neuen Songs zu jedem Zeitpunkt nachvollziehbar und laufen niemals Gefahr, auszuarten und chaotisch zu klingen. Wie seid ihr hier rangegangen?

Philipp: Was die Produktion und Soundqualität des Albums angeht: Da hat Aaron Rusch, mit dem wir „Operation: Mental Castration“ in den The Engine Studios in München aufgenommen haben, und der das Album abgemischt und gemastert hat, wirklich ganze Arbeit geleistet. Es handelt sich hierbei wirklich um unsere bis dato stärkste Produktion.

Um die Songs eingängiger und in sich stimmig zu gestalten, hatten wir kein besonderes Rezept. Mittlerweile ist es vermutlich einfach die Erfahrung, die das jahrelange Songwriting mit sich bringt. Irgendwie weißt du einfach, wann das einzelne Musikstück an sich passt und fertig ist.

Ihr hattet ja auch zwei illustre Gäste zum Tee geladen: Julien Truchan von Benighted und Grimo von Cytotoxin. Mit Letztgenannten wart ihr ja 2019 auf Tour, von daher erübrigt sich die Frage (fast), warum ausgerechnet er. Aber wie kam die Zusammenarbeit mit Julien zustande?

Philipp: Genau, mit Cytotoxin waren wir im Herbst 2019 auf Europa-Tour und haben uns mit den Jungs einen Tour-Bus geteilt. Von daher war die Idee naheliegend, ihren Frontmann Grimo für ein Feature auf unserem neuen Album dazu zu holen, der sofort begeistert dabei war.

Mit Benighted haben wir 2012 zum ersten Mal eine Bühne geteilt und seither verbindet uns eine Art Bandfreundschaft, die über Jahre gereift ist. Bei den Konzerten und Festivals, auf denen man sich wieder getroffen hat, hat man natürlich auch schon das eine oder andere Bier zusammen getrunken (grinst). Wir sind außerdem alle Fans der Band und ihrer Musik und halten insbesondere Julien für einen der besten Sänger des Death Metal-Genres. So kam auch hier die Idee, ihn für einen Gastauftritt auf dem Album anzufragen. Er war ebenfalls von dem Gedanken hellauf begeistert und hat direkt zugesagt.


Überhaupt muss ich fragen: Wer ist für euch alles eine „Social Media Whore“ und vor allem warum? Zeit, ein bisschen zu dissen. Feuer frei!

Fabian: Eine „Social Media Whore“ ist per Definition eine Person, die ein psychologisches Bedürfnis hat, Likes, Kommentare usw. auf diversen Social Media-Plattformen zu bekommen und dafür letztendlich alles tut. Eine Person, bei der sich also eine tatsächliche Abhängigkeit bzw. Sucht von sozialen Medien eingestellt hat. Unser Song „Asocial Media Whore“ wandelt den Begriff geringfügig ab und konnotiert ihn bewusst noch negativer als er eh schon ist. Wir wollen damit darauf hinweisen und davor warnen, dass in der digitalen Welt viel mehr Schein als Sein ist, soziale Medien Neid und Missgunst, aber auch Minderwertigkeitskomplexe fördern. Persönlich angreifen wollen wir damit konkret niemanden, der Song soll aber durchaus unter anderem das Influencer-Marketing kritisieren.

Mit dem neuen Album seid ihr zu Flori Milz und Reaper Entertainment Europe gewechselt. Ich kann mir mehr als gut vorstellen, dass sich dieser Wechsel für euch ausgezahlt hat, denn selten habe ich einen Labelchef erlebt, der sich so vehement für eine seiner Bands einsetzt. Wie kam die Zusammenarbeit zustande?

Philipp: Zum einen ist Reaper Entertainment Europe ein aufstrebendes, junges Label mit einem weitläufigen Netzwerk und erfahrenen Leuten dahinter, die ihr Business verstehen und mit einer hohen Professionalität arbeiten. Zum anderen kennen wir Flori Milz schon seit Jahren, da er wie wir auch ursprünglich der Metalszene auf der Ostalb entstammt. Da war die persönliche Vertrauensbasis natürlich ebenfalls direkt gegeben. Die Zusammenarbeit läuft bisher wirklich super und wir könnten mit unserem neuen Partner nicht zufriedener sein.

Ich fragte euch bei unserem letzten Gespräch nach dem weiblichen Zuspruch, vor allem bei dir, Fabian, der sich trotz seines Sängerpostens darüber beschwerte, dass bei der von euch gespielten Musikrichtung seitens des anderen Geschlechts kaum Spürbares zustande kommt. Hat sich das mittlerweile verändert oder wird es Zeit für eine Annonce bei Metalflirt.de?

Fabian: Haha ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich mich darüber tatsächlich „beschwert“ hätte, aber es stimmt natürlich, dass die Metalszene – insbesondere im Bereich Death Metal – sehr männerlastig ist (grinst). Aber wir machen ja auch nicht Musik, um beim weiblichen Geschlecht Eindruck zu schinden, sondern weil wir die Musik lieben, die wir machen, mit Herzblut dabei sind und über die Lyrics und unsere Live-Auftritte stets auch eine gewisse Message transportieren wollen. Andernfalls wäre uns mit Pop-Punk vermutlich besser beholfen, hahaha.

Zu guter Letzt folgt wie immer meine Aufforderung an euch, alles, was euch noch so auf der Seele schlummert, hier abzulassen. Habt Ihr noch was zu ergänzen? Wollt Ihr Euch auskotzen? Dann… drei… zwei… eins… START!

Fabian: Auskotzen wollen wir uns nicht, das haben wir beim Musikvideodreh zu „Compulsory Consumption“ schon genug getan. Stattdessen wollen wir dir erst mal Danke sagen für das Interview. Wir hoffen, dass unser neues Album „Operation: Mental Castration“ gefällt und wir alsbald viele unserer Fans wieder auf Live-Shows sehen können.


OLAF

Gesprächspartner: Phillip (Gitarre) und Fabian Fink (Vocals)


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