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Live on Stage Report: CANNIBAL CORPSE | MUNICIPAL WASTE | IMMOLATION | SCHIZOPHRENIA
08.10.2024 – Berlin @ Astra Kulturhaus
Ich habe bestimmt absolut nichts gegen Radfahrer, da ich selber einer bin und eigentlich bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf den Drahtesel zurückgreife. Und ja, ich bin durchaus auch ein Fan dieser mittlerweile in Berlin zum Straßenbild gehörenden Pop-Up Radwegen, einfach weil so das Strampeln um ein Vielfaches sicherer geworden ist. Nun kommt aber mein Einwand: Es gibt immer noch Menschen, die auf einen motorisierten, fahrbaren Untersatz angewiesen sind, doch wo sollen die Kruzifix nochmal in Berlin nunmehr parken?
Ok, bei mir war es heute die Arbeit und der daraus resultierende Zeitmangel und somit musste ich heute mal mit dem Auto fahren, doch rund um das RAW-Gelände gibt es keinerlei Parkmöglichkeiten mehr. Dementsprechend kam ich natürlich viel zu spät durch den Einlass und konnte somit nur noch „Structure of Death“ von meinen Belgischen Compadres Schizophrenia hören, die aber laut Augen- und Ohrenzeugen gut abgeliefert haben sollen. Mich hätte schon interessiert, welche Coverversion es heute auf die Ohren gab, denn diese wechselt bei jedem Konzert mal zwischen „Maze of Torment“, „Necrophiliac“ und „Black Magic“, bei dem Rob Barrett von Corpse oft als gern gesehener Gast mit zur Band stößt. Naja, die Truppe i9s noch jung und wird mit Sicherheit noch ein paar Mal in meinen Breitengraden auftauchen.
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie oft ich schon Immolation live gesehen habe und ich weiß auch nicht, wie oft ich meist nach 3-4 Songs in Schlenderlaune verfiel, da mich das Dargebotene nicht abholte. Heute hielt ich länger durch, denn die todesbleirnde Legende aus New York hatte eine wahrlich starke Setlist am Start, die sich durch einen großen Teil des 11 Alben umfassenden Backkatalogs des Quartetts fräste.
9 Songs aus 6 Alben, wobei natürlich das 22er Werk „Act of God“ mit 3 Walzen die größte Aufmerksamkeit bekam und mit einem fetten Sound im Rücken in das proppevolle Astra gepumpt wurden. Natürlich poste Bandgründer und Nick-Grima-lookalike (ein guter Freund von uns aus Malta) Robert Vigna quasi um sein Leben, wobei ich mich bei dem permanenten Hochreißen seiner Klampfe schon fragte, wie lange die Axt das durchhalten würde. Sie hielt und auch sein Mitbegründer Ross Dolan war in bärenstarker Verfassung, brüllte alles zusammen, was sichtlich glücklich über das ausrastende Volk und trieb somit seine Band zu musikalischen Höchstleistungen an.
Ok, nach knapp 6 Songs machte ich mich diesmal auf die Socken, um beim Merch ein wenig Geld loszuwerden, was allerdings aufgrund der Massen an Leuten ein recht schwieriges Unterfangen wurde. Dass das Astra ausverkauft war, wusste man ja, aber ich hatte schon Sorge, wie die sich draußen befindlichen Fans noch in die Halle passen sollten. Für mein Empfinden war es einfach ZU voll.
Das merkte man dann auch schnell, als die Virgina-Monster von Municipal Waste zum Marsch bliesen und sich scheinbar vornahmen, das Astra dem Boden gleichzumachen. Demzufolge wurde der Aufforderung nach Circle-und Moshpits ebenso Folge geleistet, wie auch dem exzessiven Crowdsrufing selbst während der Songpausen, was Extraschichten für die örtliche Security bedeutete. War aber ein geiles Bild, wie die Leute durchs Astra flogen. So angestachelt ballerte Tony Foresta seine zur Leier getragene Lyrik ins völlig überfüllte Rund und der anfänglich etwas zu leise Gesamtsound wurde dann dem Tumult entsprechend angepasst.
Riffs über Riffs wurden verballert und Songs wie „You’re cut off“, „Unleash the Bastards“ oder „The Art of Partying“ verfehlten nicht ihre Wirkung. Ich war ja anfänglich etwas skeptisch, ob solch eine zugegebenermaßen starke Thrash Band in dieses Todesblei-lastige Billing passen würde, doch die Reaktionen der Anwesenden belehrte mich eines Besseren. Die Stimmung uferte aus, die Band war bärenstark, hatte Bock und den Leuten gefiel es. Auch Kollege Kühn neben mir wippte ausgelassen im Takt mit und somit hatten sich Municipal Waste mit dieser Performance für weitere Gigs mehr als nur empfohlen.
Cannibal Corpse können nicht schlecht, niemals! Ich weiß nicht, wie oft ich diese Götterband schon live erleben durfte und jedes Mal rissen der Corpsegrinder mit seinen Vasallen sämtliche Locations ein. Heute allerdings hatte ich ein etwas mulmiges Gefühl, denn Corpse mit lediglich einer Gitarre…konnte das gutgehen? Erik Rutan musste nämlich gleich zu Beginn der Tour den Tross verlassen, um sich in Florida um sein vom Hurricane Helene gebeutelten Zuhause und Studio kümmern zu können und ich wünsche dem sympathischen Sechssaiter alles erdenklich Gute, dass die verursachten Schäden schnell reguliert werden.
Somit stand also lediglich Rob Barrett neben Bass-Monster Alex Webster und dem Corpsegrinder auf der Bühne, hinter denen Drummer Paul unnachahmlich den Takt vorgab. Und ja, Corpse mit einer Gitarre funktioniert auch, denn die Dichte und rohe Gewalt der Songs geht auch ohne Unterstützung eines zweiten Gitarristen. Klar wäre der Sound dadurch vielleicht fetter gewesen und man wäre noch in den Genuss von 3-4 Soli mehr gekommen, doch mir persönlich reichte das auf der Bühne Dargebotene vollkommen aus, um herrlich beschwingt mit dem Kopf im Takt mitzunicken.
Eine starke Setlist, eine perfekt aufeinander eingespielte Band und ein nunmehr vollkommen in Rage befindliches Publikum machte diesen Gig einmal mehr zu einem Triumphzug, bei dem lediglich ein Wehrmutstropfen zu beklagen war. Wo man in Skandinavien beispielsweise den Mega-Hit „Hammer smashed Face“ zum besten gab, so musste man aufgrund der bekannten Zensurregelungen auf diesen Brecher verzichten. Unfassbar, dass die Restriktionen einer Christa Jenal bis heute solche Kreise ziehen und eine Band damit in der Ausübung ihrer Arbeit massive eingeschränkt wird.
Somit gab es als Rausschmeißer das ebenfalls überragende „Stripped, raped and strangled“ und die erneute Gewissheit, dass Cannibal Corpse einfach zur Essenz des amerikanischen Todesbleis gehören und auch nach 36 Jahren nichts, aber auch gar nichts an ihrer Durchschlagskraft verloren haben. Ein extrem starker Abend, wie zu erwarten war, lediglich mit der Einschränkung, dass es viel zu voll war und ich meine Stange Wasser erst später an einem nahegelegenen Baum in die Ecke stellen konnte. Von der Erstversorgung gerstenhaltiger Kaltgetränke ganz zu schweigen.