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Live on Stage Report: FULL REWIND 2024
02. - 04.08.2024 - Roitzschjora @ Flugplatz
TAG 1 – 02.08.2024
Verschissene Bummsmucke
Es gibt Festivals, mit denen verbindet man einfach mehr als nur schnödes Saufen, Mucke hören oder mehrere Tage im Schlamm zu hocken. Das With Full Force war schon immer für mich mehr ein Wohnzimmer, zu dem man gerne immer wieder zurückkehrt, um sich wohlzufühlen. Als vor ein paar Jahren der Tross ins Ferropolis umzog, hatte man vielleicht die schönste Location am Start, aber der Spirit ging verloren, das Gefühl, die Liebe und Leidenschaft und somit begrub ich meine Hoffnung, jemals wieder den heftigsten Acker der Welt mit meiner Anwesenheit beglücken zu können. Bis jetzt.
Als direkter Nachfolger stand nun also das Full Rewind auf dem Speiseplan und allein das Billing ließ mir weit im Vorfeld das Wasser im Mund zusammenlaufen. Endlich wieder diese einzigartige Mischung aus Punk, Hardcore und Metal, die in Deutschland seinesgleichen sucht. Und wenn man dann vom Veranstalter auch noch persönlich eingeladen wird, steigt die Vorfreude bereits Wochen vorher ins Unermessliche.
Das Auto packte sich quasi von selber, die Getränkebox quoll fast über, nur der Wettergott war uns noch nicht ganz wohlgesonnen, doch die Prognose sah gut aus und wenn Engel reisen...Ihr wisst. Knappe eineinhalb Stunden später sahen wir dann auch schon den ikonischen Hardbowl am Horizont auftauchen und auch die Sonne zeigte sich nun sporadisch, womit einer gepflegten Eskalation nichts mehr im Wege stand.
Selbst das neue, nach des Chronical Moshers Desaster gekaufte Zelt wurde schnell und ohne Flüche meinerseits aufgebaut und erwies sich als Palast der Extraklasse, in dem man die kommenden drei Tage gemütlich ausharren konnte. Was nur noch fehlte war der geeignete Zeltplatz, den aber Thäles Kumpel Martin perfekt fast vor der Hauptbühne reservierte und schick machte. Großartig!
Was ich allerdings gleich zu Beginn feststellte und auch im Nachgang bemängeln muss war die sanitäre Situation. Zu wenig Dixis und lediglich ein Duschcamp, welches auch noch völlig überteuert war. Nur gut, dass man direkt vor der Tür einen zum Baden geeigneten See sein Eigen nennen konnte. Doch dazu am zweiten Tag mehr.
Auch die Bändchenausgabe war ein wenig chaotisch und nur durch mein Outing als Journalist war es uns möglich, pünktlich zum Start in diese Neuauflage des ECHTEN Full Force vor der Bühne zu stehen und bei den Excrementory Grindfuckers dieses herausragende Wochenende einzuläuten. Und ehrlich, die Fuckers waren die beste Wahl, diesen Reigen zu eröffnen. Die Niedersachsen legten voll los, hatten einen bunten Straus an Melodien im Gepäck und rissen vom ersten Ton das feierwütige Publikum in ihren Bann. "Halb und Halb" wurde natürlich lauthals mitgesungen und die obligatorische Polonaise bei Fata Morgana! durfte natürlich auch nicht fehlen. Spaß pur und der Auslöser für die ersten Schweißflecken auf der Obertrikotage.
Auch die Punklegende aus dem Ruhrpott, die Ryker's ließen sich nicht lumpen und ballerten ordentlich los, was der Mob aus den gerade nach der ewig langen Ausgabe der Festival Bänder aufs Gelände geströmten Musikfans deutlich unter Beweis stellte. Großartiger Sound, wie bei allen Bands und eine unfassbare Energie aus übereinander fliegenden Körpern im Pit machten den Gig ebenfalls zu einem Gewinn des Wochenendes. Doch ich freute mich jetzt tierisch auf die Emil Bulls, bei denen ich aber auch live schon Licht und Schatten erlebte.
Heute gab es aber nur Licht, Hits und mit "Jaws of Oblivion" einen Song, den ich bis heute total liebe und dementsprechend abfeierte. Die Truppe war ständig in Bewegung und die Optik der komplett in schwarz gekleideten Bandmitglieder übertrug sich großartig auf das starke Gesamtbild, was die Bande hier zur Schau stellte. Auch das Publikum ging super mit, sang aus vollen Kehlen (wortwörtlich) und auch wenn man die Band nicht mag, musste man neidlos anerkennen, wie stark die Emil Bulls hier auftraten. So sprach jedenfalls ein ziemlich volles Individuum neben mir und wankte von dannen.
Bereits vor dem Gig von Lionheart, die anstelle von Sick of it all auf das Billing gerückt waren (Genesungswünsche gehen raus an Lou Koller. Krebs ist ein Arschloch) konnte man eine gewisse Anspannung feststellen und es lag Aggression in der Luft. Verständlich sind die Hardcoreler aus Los Angeles nicht unbedingt für ihre Balladen bekannt. Doch irgendwas stimmte nicht, denn der Auftritt zog sich immer weiter nach hinten, was zur Folge hatte, dass der Gig extrem gekürzt werden musste. Das war dem Mob aber egal, denn sofort beim ersten Ton rasteten alle komplett aus.
An sich vollkommen in Ordnung, aber nicht, wenn einige Vollidioten Verletzungen anderer billigend in Kauf nehmen. Als mir das zu viel wurde, bat ich die Ordner im Fotograben darum, mich doch aus dem Pulk herauszuholen. Als dieses dann in den Tat umgesetzt wurde, hielt mich ein Idiot am Bein fest, so dass ich auf den Wellenbrecher krachte. Meine Reaktion auf diese Geschichte erzähle ich Euch gerne mal persönlich bei einem Bier. Die Band konnte dafür natürlich nichts und somit muss man auch hier von einem mehr als gelungenen Auftritt sprechen.
Wie ich das nun Folgende beschreiben soll, weiß ich in dem Moment, wo ich diese Zeilen schreibe, gar nicht so genau, denn was Testament hier und heute ablieferten, war nicht von dieser Welt. Der Beginn mit "Eerie Inhabitants" war ja schon göttlich und bewies, dass die Bay Area Legende durchaus in der Lage ist, mal einen fähigen Soundmann mit auf ein Konzert zu nehmen. Doch das nur am Rande, denn das nun folgende Gewitter ist kaum zu beschreiben. "The new Order" oder "Trial by fire" deuteten es schon an und Chuck Billy bestätigte dies dann kurz danach: Heute gab es nur Songs der ersten beiden Alben. Kinners, wie geil ist das denn?
Ich war wieder 16, denn "The Legacy" und „The new Order" sind fest in meiner Thrash DNA verankert und diese nicht alternden Schinken endlich mal wieder live zu hören, war einfach ein unglaubliches Erlebnis. "First strike is deadly", "A day of reckoning" oder "Do or die" habe ich letztmals 1988 in der Essener Grugahalle hören und sehen dürfen und hier auf dem heiligen Acker. Die Band war perfekt eingespielt, hatten sichtlich Bock und lieferten ein Konzerterlebnis, welches seinesgleichen sucht. Das abschließende "Into the Pit" war dann nur noch das Sahnehäubchen auf einen Gig, der zum Besten gehört, was ich in meinem Leben je gesehen habe. Konnten das die nun folgenden Amon Amarth noch toppen?
Die Antwort ist nein, obwohl Johann Hegg und seine Schergen ebenfalls verdammt gut im Futter standen und mit Songs aus insgesamt 10 Alben einen mehr als repräsentativen Querschnitt aus ihrer bisherigen Schaffensphase auf die Bühne brachten. Ich bin aber ein Fan der älteren Sachen und wurde mit "The Persuit of Vinkings", "Guardians of Asgard", "Death in Fire" oder "Under the northern Star" wirklich gut bedient. Das Publikum war ebenfalls sehr angetan und spendeten den Schweden nach jedem Song frenetisch Applaus. Ich habe die Band schon ungezählte Male gesehen und vielleicht ist dies auch der Grund, weshalb bei mir der Funke einfach nicht überspringen wollte. Dementsprechend froh war ich dann, als mit "Twilight of the thunder Gods" ein würdiger Rausschmeißer intoniert wurde und ich somit danach meinen geschundenen Leib in die Horizontale bewegen konnte.
Ein verdammt starker erster Tag und ein toller Einstieg in die Wiedergeburt des wahren Force. Wir waren mehr als zufrieden, wurden musikalisch bestens bedient und die Cocktails links neben der Hauptbühne verfehlten auch nicht ihre Wirkung. Allerdings war die verschissene Bumsmucke vom Getränkestand an unserem Zeltlager nicht zu ertragen und kurzfristig sah man schon meine Frau sich bewaffnen. Ich konnte sie gerade noch davon abbringen.