THE BAY STRIKES BACK
Testament | Exodus | Death Angel
18.02.2020 – Berlin @ Huxley’s
Seit Bekanntgabe dieser unfassbaren Tour scharrten vor allem die Altvorderen mit den Hightops beschuhten Hufen, denn wann hatte man in der Vergangenheit jemals die Gelegenheit, drei der besten Bay Area Thrash Bands in einem Paket live zu erleben? Eben drum. Dennoch war das Huxley’s an diesem Abend unverständlicherweise nicht ausverkauft, was auch vielleicht an den ziemlich hohen Ticketpreisen gelegen haben könnte. Sei’s drum, die Hütte war gut gefüllt, die Stimmung bereits im Vorfeld brillant, lediglich die permanenten „Slaayeeer“ Rufe einiger Verdrehter nervten nach dem siebenundfünfzigsten Mal ein wenig.
Der erste kleine Schock dann am Merch. Für drucktechnisch elendig aussehende Patches ein Zehner und Shirts für 30 Öcken waren schon eine ordentliche Hausnummer. Dazu ein Exodus Zipper für 70 Schleifen und das am Konzertabend getragene Shirt von Gary Holt schlanke 80 Kronen waren für manch kauflustigen Banger dann doch ein wenig too much, da die Halle an der Hasenheide mit 4,50€ für ein lausiges Berliner Pilsener ebenfalls einige Löcher in die mitgebrachte Geldbörse riss.
Pünktlich um 19:00 Uhr erlosch dann das Oberlicht und mit Death Angel erschien die „jüngste“ Band des Bay Area Paketes. Der Sound war von Beginn an saufett und die Band (wie immer) in absoluter Hochform. Mark Osegueda war gesanglich obergeil und die Soli von Rob Cavestany gingen durchs Ohr, wie ein heißes Messer durch Butter. Überhaupt war da mehr Action drin, als bei so manchem Headliner und wie oft ich den Fünfer bereits live gesehen habe, Death Angel reißen immer und überall ab und die Massen mit, die nach anfänglicher Distanz dann doch auf Tuchfühlung gingen und die Todesengel gnadenlos abfeierten. Mit „Seemingly endless time“ gab es sogar meinen absoluten Favoriten vom legendären „Act III“ Album und auch die Fans des nicht minder populären Debüts kamen voll auf ihre Kosten. Gerade die erste Reihe erwies sich als absolut textsicher, was vor allem von Ted Aguilar an der zweiten Klampfe mit wohlwollendem Kopfnicken mehrfach honoriert wurde. Leider war diese Messe in Sachen Thrash Metal viel zu schnell vorbei und wieder einmal schließe ich mit der Hoffnung, dass die Truppe mal wieder als Headliner durch unsere Hallen wehen. Granatenstark, Hoschi!
Humanicide
Voracious souls
Claws in so deep
Aggressor
The dream calls for blood
The moth
Seemingly endless time
The ultra-violence / Thrown to the wolves
Für viele Anwesenden kam nun der eigentliche Headliner auf die Bühne und wurde gleich frenetisch gefeiert, nachdem man das unsägliche Jägermeister-Lied einer Düsseldorfer Fun Punk Kapelle über sich ergehen lassen musste. Es ist ja schön, wenn man als Intro lokale Musik einfließen lässt, aber in der Stadt der Ärzte die Toten Hosen zu spielen, ist schon ein wahres Sakrileg. Regal, denn gleich mit „Body harvest“ war dieser Fauxpas passe, die Haare am Fliegen und der Pit begann sich im Takt zu bewegen. Blickfang an diesem Abend war ohne jeden Zweifel der zurückgekehrte Sohn Gary Holt, der während des gesamten Gigs eine Spielfreude versprühte, wie ich sie selten erleben durfte. Man merkte von Beginn an, dass er nach seinem Engagement bei Slayer endlich wieder er selbst sein konnte und dementsprechend trat er auf. Grinsend, wie ein Derwisch spielend und immer als Mitglied einer BAND und nicht als Alleinunterhalter. Zetro war ebenfalls brillant bei Stimme und heizte den Pit immer weiter an, der nun vollends in Raserei verfallen war.
Ich habe Exodus schon sehr oft in meinem Leben gesehen, auch während der unsäglichen Rob Dukes Phase, doch niemals waren die Mitbegründer des Thrash Metals so derbe stark, wie an diesem Abend. Der Schweiß spritzte von allen Seiten, die knappe Setlist war optimal abgestimmt, der Sound brutal auf 11 gedreht und die Band zog alle Register und war sich seinem Stellenwert mehr als bewusst. Allen in der Halle war nun klar, dass sich der Headliner nach diesem furiosen Gemetzel mächtig strecken musste. Das war vorbildlich!
Body harvest
Blood in, blood out
Deliver us to evil
Fabulous disaster
Deathamphetamine
Blacklist
Bonded by blood
The toxic waltz
Strike of the beast
Die Bühne war nun bereitet und bei mir machte sich schon ein gewisses Kribbeln breit, denn beim letztjährigen Party San hatten Testament allen Unkenrufen zum trotz eine Mördershow mit einer überragenden Setlist abgeliefert. Nunja…ganz so war es heute nicht und obwohl die Band ebenfalls technisch komplett auf der Höhe war, fehlte mir ein wenig die Locker- und Frischheit, die beide vorherigen Bands an den Tag gelegt hatten. Chuck Billy wirkte ein wenig hüftsteif, war aber am Mikro stark wie eh und je. Alex Skolnick profilierte sich ein wenig zu oft mit seinen Fidelkünsten, was das fette Riffing von Eric Peterson ein wenig in den Hintergrund drückte. Das Steve DiGiorgio an seinem fretless Bass ebenso ein Blickfang war wie das Trommelmonster Gene Hoglan, bedarf glaube ich keiner weiteren Erwähnung.
Nach einem starken Beginn mit den beiden Openern des 88er Überfliegers „The new order“ hatte sich das Publikum eingegroovt und feierte Testament ebenfalls ab, allerdings nicht ganz so frenetisch wie vorher Exodus. Das lag vielleicht auch an der Setlist, die in meinen Augen nicht ganz so viele Kracher beinhaltete, wie bei den Bands vorher. Klar, „The haunting“ vom Über-Debüt „The legacy“ war schon eine Überraschung, ebenso wie „Greenhouse effect“ oder „Fall of sipledome“ vom von vielen Fans geliebten „The gathering“ Album und die Live Premiere des neuen "Night of the witch" ging ebenfalls gut in die Gehwarzen. Dafür krachte es dann im Zugabenteil umso doller, holte man doch mit „Over the wall“ und vor allem „Disciples of the watch“ noch mal alles aus sich und dem Publikum heraus.
Starker Auftritt, doch in der Rangliste der drei Bands belegten sie trotzdem, wenn auch knapp, den letzten Platz. Doch da waren alle dicht beieinander und der Großteil der Fans verließ die Halle mit der flehentlichen Bitte, solch eine Tour doch bald erneut vom Stapel zu lassen. Ein mehr als gelungener Abend!
Eerie inhabitants
The new order
The persecuted won’t forget
The haunting
Greenhouse effect
Dark roots of earth
Last stand for independence
Throne of thorns
Brotherhood of the snake
The pale king
Fall of sipledome
Night of the witch
Into the pit
Practice what you preach
Over the wall
Disciples of the watch