Ich erinnere mich äußerst ungern an den Winter 2000 zurück, als ich von meiner Firma für 3 Monate dazu verdonnert wurde, in Finnland, genauer gesagt in Jyväskylä, meine Arbeit zu verrichten. Nicht nur, dass es schweinekalt war (durchgehend fast Minus 20 Grad), das Bier war teuer, das Essen ebenso und ich machte drei Kreuze, als ich im März endlich wieder heimischen Boden betrat und für den Genuss eines Gerstentees keinen Kredit mehr aufnehmen musste. Wen interessiert’s? Wahrscheinlich Niemanden und irgendwie hat es auch nur am Rande mit dem ersten Album der Jungspunde von Lost society zu tun, die eben aus jener Stadt stammen, in der ich mich gefühlt hatte, wie Napoleon im Exil…obwohl er es auf Elba ja schön warm hatte.
So, da starren mich also vier Jungs an, die einer groben Schätzung nach zu urteilen noch nicht mal in den USA ein Bier kaufen dürfen, machen aber Mucke, bei der die Bengels während der Blütezeit des hier gezockten Thrash Metals noch als Rückennerv-Reizung bei Papa ihr Dasein gefristet haben dürften. Jawoll, hier gibt es ordentlich was auf die Glocke, denn das hervorragend von Amorphis Hausproduzent Nino Laurenne eingeschweißte Debüt „Fast, loud, death“ ist Thrash Metal pur, ohne Kompromisse. Somit passt der Albumtitel ganz gut, wobei ich das „Death“ noch nicht so ganz definieren kann. Egal…auf jeden Fall kommt alleine schon das Cover vom legendären Ed Repka richtig genial und zeigt von vornherein an, was einen hier zu erwarten hat. Der Opener „N.W.I.“ allerdings kann mich noch nicht ganz hinter dem Ofen hervorlocken, wobei die Stimme von Samy ein klein wenig nach dem jungen Cronos klingt, was der Mucke einen ziemlich geilen räudigen Touch verleiht. Das folgende oldschoolige „Trash all over you“ (fehlt da etwa ein „h“?) ist dann schon ein ganz anderes Kaliber und zeigt deutlich, dass die Finnen durchaus schon einmal was von der Bay Area gehört haben. Diesen Weg beschreiten sie nun fortan, zählen bei „E.A.G.“ sogar in Deutsch an (was zu ergründen gilt, wieso?) und rasen ungebremst durch wüste Knüppelorgien („KILL“, „Fatal anoxia“).Eine höhere Bewertung kann allerdings noch nicht erfolgen, da ich doch ein klein wenig herummäkeln muss. Zum einen frickeln die Jungs an manchen Stellen etwas zu viel (Titeltrack) und lassen ein klein wenig den Widererkennungswert vermissen („This is me“, „Braindead metalhead“). Klar haben die Jungs eine ganze Menge auf dem Kasten, was alleine schon die knapp einminütige Abrissbirne „Toxic avenger“ (hat durchaus Kultpotential) oder das D.R.I. lastige „Piss out my ass“ beweist, doch an manchen Stellen rauschte der Hochgeschwindigkeitszug einfach an mir vorbei.
Egal, Nuclear Blast haben erneut ihr gute Händchen für den hoffnungsvollen Nachwuchs bewiesen und Lost society dadurch eine riesige Chance ermöglicht, die sie mit „Fast loud death“ durchaus an manchen Stellen zu nutzen wussten. Ein starker Thrasher mit einigen Ausrutschern und zuweilen etwas Monotonie, aber dennoch durchaus dazu prädestiniert, zu mindestens mal näher angetestet zu werden. Doch allein das Cover sollte für uns ollen Oldschooler Anreiz genug sein, sich dieses interessante Debüt ins Regal zu stellen. Ausbaufähig!
Bewertung: für den Anfang gute, aber noch weiter ausbaufähige 7,4 von 10 Punkten
Tracklist:
01. N.W.I.
02. Trash all over you
03. E.A.G.
04. KILL (Those who oppose me)
05. Bitch, out‘ my way
06. Fast, loud, death
07. Lead through the head
08. Diary of a thrashman
09. Toxic avenger
10. This is me
11. Braindead metalhead
12. Piss out my ass
13. Fatal anoxia