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NOCTE OBDUCTA – Irrlicht „Es schlägt dem Mond ein kaltes Herz“ (2020)
(6.529) Patrick (9,5/10) Avantgarde Black Metal
Label: Supreme Chaos Records
VÖ: 23.10.2020
Stil: Avantgarde Black Metal
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Ohne Intro, ohne Schnickschnack und ohne atmosphärisches Geplänkel windet sich das auf den Namen „Irrlicht - Es schlägt dem Mond ein kaltes Herz“ getaufte neue Album von NOCTE OBDUCTA aus den Boxen. Eine Bassdrum, begleitet von simplen "eins, zwei, drei, vier" Rufen, geleitet uns relativ treibend und rockig in den ersten Song. Aber keine Angst, nach ein paar Sekunden kommt dann auch schon diese Bandtypische, warme, melancholische und immer melodisch wehmütige Grundstimmung hinzu und schon sind wir "Zurück im bizarren Theater". Welch ein lyrischer Brückenschlag zum Debütalbum aus dem Jahre 1998, auf dem wir uns zum ersten Male in besagtem Theater eingefunden haben. Es soll nicht der einzige Verweis auf alte Glanztaten bleiben...
Verehrtes Publikum….Willkommen in der "Gottverreckten Finsternis"!
Ich verneige mein Haupt tief vor dem musikalischen Schaffen dieser Truppe, ihrer wahnsinnigen Bandbreite und ihrer visionären Sichtweise, Musik zu kreieren und mit dementsprechend großem Respekt verfolge ich seit über 20 Jahren das ausladende Spektrum an erschaffener Musik dieser Ausnahmekünstler und somit auch jede Veröffentlichungen der Band. Stimmungstechnisch so richtig gefangen nehmen konnte mich zuletzt das absolute Überalbum „Nektar II“. Das ist nun mittlerweile auch schon wieder 15 Jahre her und umso gespannter fieberte ich dem neuen Werk entgegen, denn laut Aussage des Plattenlabels soll sich die Mucke wieder mehr an genau diesem Meisterwerk orientieren.
Und verdammt nochmal JA........wie recht sie doch haben! Was für ein wunderbares Album! Niemals mehr hätte ich mit so einer Rückbesinnung und dementsprechend mit einer so dermaßen intensiven Zeitreise gerechnet. Klar, so ungestüm, so rasend, so chaotisch wie in ihren Anfangstagen agiert die Gruppe freilich nicht mehr, aber der Intensivität der dargebotenen schwarzmetallischen Kunst tut das keinen Abbruch! Über die volle Albumdistanz regiert diese oben bereits erwähnte und völlig eigene, düstere Atmosphäre, diese grandiose und stets präsente Melancholie, eine tiefe Finsternis wie sie nur diese Band erschaffen kann. Wo andere Musiker in diesem Genre zumeist aufgesetzt Böse wirken und zuhauf klirrend kalt und mit „Rasierapparatähnlichen“ Gitarrensounds agieren, gehen NOCTE OBDUCTA schon seit jeher gänzlich andere Wege und vermögen ihren dargebotenen Hass zuweilen in einen, fast angenehmen und für Black Metal Verhältnisse ungewöhnlich warmen Sound zu kleiden. Kaum eine andere Kapelle ist imstande, mit zum Teil ja doch recht untypischen Stilmitteln, eine solch dermaßen intensive, schwarze und morbide Stimmung zu erzeugen. Da wären zum einen diese wirklich ständig vorherrschende Trübsal, welches die Leadgitarre permanent über dem Hörer ausschüttet und in einsamer Traurigkeit zurücklässt, diese unfassbar genialen Gesangslinien, sei es gekreischt, geknurrt, geflüstert oder mit viel Leid in der Stimme dargeboten, diese wenigen, fast PINK FLOYD artigen und verträumt, sphärischen Gitarren- und Keyboardklänge und dieses eigensinnige Gespür für Melodieführung. Dem gegenüber steht (zum Glück wieder vermehrt) ein nicht unerheblicher Anteil an garstigem Black Metal und somit ist den Herren mit diesem Album ein weiteres Highlight in ihrer ohnehin schon fantastischen Diskographie gelungen! Großartig.
Jeder der sieben Akte, dieses Meisterwerkes ist ein musikalisches Kleinod, aber besonders mit den beiden abschließenden Tracks, haben sich NOCTE OBDUCTA ein Denkmal gesetzt. Bedrohlich, emotional und flüsternd verkündet die Band von Zerstörung, von verderblicher Schönheit und leitet "Bei den Ruinen" stehend, so langsam das nahende Ende (der Platte) ein. Im getragenen Midtempo bewegend, steigert sich der Song zu einer wahrhaften Hymne, bevor die musikalische Genialität schließlich mit dem Schlußtrack abermals „Noch“ gesteigert werden kann! Was für ein Abgang, was für ein opulentes Finale.........diese Melodie, welche ab dem ersten Drittel, bis zum letzten Ton nach über zehn Minuten, die Führung des Songs übernimmt ist einfach nicht von dieser Welt! Hier gibt es wahrlich kein Entrinnen. Absolut niemand…wohl nicht einmal der Schnitter höchstselbst könnte sich dieser emotionsgeschwängerten Tonfolge entziehen! DAS ist vertontes Gefühl, Musik in Perfektion und der Song könnte für mich noch ewig so weitergehen.......so viel Wehmut, so viel Traurigkeit, so viel schwelgen in Erinnerungen (an Herbsttürme) und an alte Zeiten liegt in diesen Noten. Was für ein fulminantes Ende!
Dann ist es soweit......Die Lautstärke schwindet langsam und die letzten Töne verhallen leise im Raum. Der Vorhang fällt. In regungsloser Andacht bleibe ich zurück. Eine Träne rollt über die Wange. Schwarz. Stille im bizarren Theater!
Anspieltipps: „Noch“ und „Bei den Ruinen“
Bewertung: 9,5 von 10 Punkten
Tracklist:
01. Zurück im bizarren Theater
02. Vom Stürzen in Mondmeere
03. Rot und Grau
04. Der Greis und die Reiterin
05. Der alte Traum
06. Bei den Ruinen
07. Noch