Label: Metal Blade Records
VÖ: 27.07.2018
Stil: Progressive Power Metal
Eigenständigkeit, Identifikation, Einzigartigkeit und die Bewusstheit, ein Alleinstellungsmerkmal zu besitzen. Das dürften allesamt Attribute sein, die jeder Musiker gerne für sich in Anspruch nehmen würde. Vermutlich sind dies auch grundlegende Motive sich und seine Gefühle musikalisch auszudrücken. Das gelingt allerdings nicht jedem Musiker und vor allem nicht immer gleich, wobei die verschiedenen Geschmäcker des Hörers ebenfalls entscheidend für die Resonanz eines Albums sind. Das macht Musik in ihrer Ausdruckskraft dann allerdings zum Glück auch individuell. Bei REDEMPTION hingegen ist dies aus meiner Sicht mehr als nur gelungen und diese Band trifft auch mit „Night's Journey Into Day“ zumindest meinen Nerv wieder komplett.
Gute 2 ½ Jahre nach dem erfolgreichen Album „The Art Of Loss“ werfen REDEMPTION nun „Night's Journey Into Day“ in den Ring. Man hält stilistisch nicht ganz an altbewährtem fest und geht deutlich mehr in die Prog-Schiene über, allerdings sehr zum Vorteil. In manchen Sequenzen vielleicht etwas zu progressiv verspielter, sowie mehr Einsatz von Keyboards, alles in allem aber gereift und ernsthaft.
Der REDEMPTION US-Progpower Metal ist eben nichts für den schnellen Imbiss, man sollte an den Songs schon eine Weile verweilen, um den gesamten Hintergrund des Songwritings zu erfassen. So ist das Album mit reichlich komplexen Songstrukturen und 10 Tracks vollgepackt, die zum Zerlegen einladen. Bei der Analyse fällt vor allem aber eines auf, REDEMPTION haben sich nach „The Art Of Loss“ von Ray Alder getrennt und setzen heuer auf die gesanglichen Qualitäten von Tom Englund (Ex-EVERGREY). Dem Vernehmen nach war die Trennung von Ray Alder folgerichtig und im Guten vonstattengegangen, da Ray sich primär seinem Engagement bei FATES WARNING verpflichtet sieht. Aber, und das ist die gute Nachricht, Tom Englund setzt dort an, wo Ray aufgehört hat. Auch er besitzt jede Menge Gefühl und Tiefgang in seiner Stimme, seine Range gleicht zudem in verblüffender Weise der von Ray, ohne dabei Eigenständigkeit vermissen zu lassen.
Das Progressive hat deutlich mehr an Gewicht gewonnen. Bereits der Opener „Eyes You Dare Not Meet in Dreams“ glänzt mit flüssigem Songwriting. Da ist jede Menge Gefrickel an den Gitarren da, der Song treibt, die Melodien gehen schnell ins Ohr und der Einsatz des Keyboards reicht an Kompositionen von DREAM THEATER heran. Zudem sehr kurzweilig. „Someone Else's Problem“ knüpft da nahtlos an. Die ersten beiden Songs wissen also durchaus zu überzeugen.
Mit Druck und Rhythmus setzt „The Echo Chamber“ eine Duftmarke im Bereich des Progpower Metal. Die Herren geizen keineswegs mit dichtem Gitarrengewebe, das den Vocals jedoch nicht die Daseinsberechtigung entzieht. Gleiches gilt für „Impermanent“, diese Nummer ist gesanglich etwas aggressiver moduliert und ergänzt die Rhythmusfraktion folgerichtig. Auch der Refrain fügt sich harmonisch in die komplex-progressive Struktur ein. Hervorragende Solis machen diesen Song letztlich zu einer der stärkeren Nummern des Albums. Etwas ruhiger gehalten, dafür aber mit viel Ausdruckskraft gibt „Indulge in Color“ der Scheibe eine nicht minder gute Wendung. Dieser Track verleiht dem Album zu diesem Zeitpunkt Individualität und erzeugt Abwechslung. Die Keyboards tragen in meinen Augen sehr positiv zum gelungen Erscheinungsbild bei.
„Little Men“ folgt den etwas sanfteren Tönen wieder in treibender Manier. Der Wechsel zwischen treibenden Grooves und aus der Reihe laufendem Refrain machen diesen Song erst interessant. „And Yet“ könnte man in gewisser Weise als Prog-Ballade bezeichnen. Tiefgang, getragene Chords und eine traurige Note leiten aber auch hier in das typisch progressive und instrumentell betonte Element über. Starke Nummer.
Gespaltener Meinung bin da bei „The Last of Me“, hier fehlt mir irgendwie der rote Faden, wenngleich das gesamte Konstrukt in instrumenteller Hinsicht sehr ansprechend dargeboten ist. Ein weiteres Highlight stellt für mich „New Year’s Day“ dar, da dieses U2 Cover in dieser Art interpretiert sehr gelungen ist.
Der Titeltrack „Long Night's Journey Into Day“ bringt ein vielseitiges und ernstzunehmendes Album vielsagend zum Ende. Hier vereinen REDEMPTION in einzigartiger Weise viele verschiedene Stilelemente auf höchstem Niveau. Nicht immer ganz leicht anzuhören, durch das kontrastreiche Songwriting aber in jeder Sekunde ein Genuss.
Fazit: Auch mit neuem Sänger und einer deutlich progressiveren Ausrichtung kann REDEMPTION mit starker Brust und jeder Menge Selbstbewusstsein in die Zukunft blicken. Aus meiner Sicht alles richtiggemacht, Respekt!
Bewertung: 9,0 von 10 Punkten
Tracklist:
01. Eyes You Dare Not Meet in Dreams
02. Someone Else's Problem
03. The Echo Chamber
04. Impermanent
05. Indulge in Color
06. Little Men
07. And Yet
08. The Last of Me
09. New Year's Day
10. Long Night's Journey Into Day
Line-Up:
Tom Englund - Vocals
Nick van Dyk - Guitars, Keyboards
Sean Andrews - Bass
Chris Quirarte - Drums
Vikram Shankar - Keyboards