DÖDSRIT – NOCTURNAL WILL (2024)
(8.824) Niclas (10/10) Black Metal
Label: Wolves of Hades
VÖ: 22.03.2024
Stil: Black Metal
Wie jedes Jahr um diese Zeit neigt sich meine musikalische Winterdepression langsam dem Ende zu. All die finstere Mucke, die über die letzten Monate meine Playlist bestimmt hat, weicht langsam wieder fröhlich-sommerlichen Klängen – naja, zumindest so weit, wie man bei meinem Musikgeschmack von fröhlich-sommerlichen Klängen sprechen kann. Zumindest merke ich selbst immer wieder, dass ich während der wärmeren Jahreszeiten deutlich weniger inkliniert bin, mich mit Black Metal zuzudröhnen. Und trotzdem, eine Black Metal-Scheibe versetzt mich seit Wochen dauerhaft in gute Laune. Das mag vielleicht komisch klingen - was man auch über Black Metal sagen möchte, positive Vibes sind generell eher kein Feature des Genres – aber DÖDSRIT sind eben auch keine typische Black Metal-Band. Mit ihrem vierten Album „Nocturnal Will“ liefern die Schweden wie immer eine Scheibe allerhöchster Qualität ab.
Jeder Zuhörer, der mit der DÖDSRIT-Diskografie nicht vertraut ist, wird beim ersten Anhören sofort schon mit eher untypischen Klängen konfrontiert. Der Opener „Irjala“ startet mit episch-melodischen Gitarrenharmonien, deren technische Ausarbeitung jede IRON MAIDEN-Tribute Band vor Neid erblassen lassen würde. Und sind das etwa Dur-Akkorde, die ich da höre? Gleich danach bewegt man sich mit schnellen Blastbeat-Passagen und kreischenden Vocals von Frontmann Christoffer aber deutlich in schwarzmetallische Gefilde. Durch die Bank weg strotzt DÖDSRITs Musik nur so vor Energie, die viele ihrer Genrekollegen nur bedingt aktivieren können. Der Crust-Einschlag ist unverkennbar. Tatsächlich klingen DÖDSRIT auf „Nocturnal Will“ nicht selten wie eine extremere Version ihrer Landsleute von AGRIMONIA.
Songschreiberisch ist auf „Nocturnal Will“ eine deutliche Verbesserung zu den Vorgängeralben zu erkennen. Während es DÖDSRIT immer geschafft haben Killer-Riffs zu schreiben, die dem Hörer auch noch Tage nach dem Anhören im Kopf herumgeistern, waren die Songstrukturen auf früheren Platten doch etwas einseitig und einige Songs deutlich zu lang. Man folgte einer Formel, die man erst jetzt wirklich perfektioniert hat, so scheint es.
Die ausladenden Titel auf „Nocturnal Will“ derweil sind deutlich abwechslungsreicher gestaltet und oszillieren mühelos zwischen energiegeladenen Blast- und D-Beat-Passagen und ruhigeren, eher introspektiven Parts, ohne dabei jemals langweilig zu werden. Dabei sind die Gitarren aber stets die Stars der Show. Ein großartiges Riff jagt das nächste und setzt sich tief im Unterbewusstsein fest. Dies führt dazu, dass „Nocturnal Will“ trotz der stattlichen Songlängen wohl eines der kurzweiligsten und eingängigsten Alben des Jahres ist. Definitiv sehr zu empfehlen, nicht nur für Black Metal-Fans. Zumindest das Reinhören in diese Scheibe schuldet sich jeder einmal.