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FOLTERKAMMER – Weibermacht (2024)

(8.833) Maik (7,7/10) Black Opera Metal


Label: Century Media
VÖ: 19.04.2024
Stil: Black Opera Metal






Ja, es ist Frühling. Die Singvögel sind zurück und erfüllen den Tag mit ihrem Gezwitscher. Auch die Trällerelsen scheinen sich wieder eingefunden zu haben, und auch sie beglücken die Welt mit ihrem Liedgut. Nun gibt es bei beiden dieser Geschehnisse gewisse Missverständnisse. Viele meinen ja, die Vögel singen, um unsere Ohren zu erfreuen, dabei ist das nur das Piepmatz-Äquivalent zu: ‚Eh, Alder! Du falsche Schdrasse. Hausch du ab, oder gibd Schdress!‘

Die Trällerelsen nun wieder glauben, dass uns ihre Gesänge erfreuen, und bei manchen scheint das auch zu stimmen. Die meisten von uns denken allerdings: ‚Eh Alde! Du falsches Ohr. Hausch du ab oder gibd Hörschduzz!‘. Nun, ganz so schlimm wird es nicht, allerdings hat es sicher einen Grund, dass unser Obermotz Olaf die Scheibe von FOLTERKAMMER demjenigen in den Ordner geschoben hat, der am weitesten von ihm weg wohnt.

Nun ja. FOLTERKAMMER, wenngleich der deutsche Name etwas anderes vortäuscht, kommen aus den Vereinigten Zuständen von Amerika. Das Regiment und die Gesangsarbeit liegt in den Händen, oder eher dem Kehlchen (die Hände braucht sie für Peitschen, Nippelklemmen und Knebel), von einer gewissen Andromeda Anarchia. Die Dame stammt aus der Schweiz, was uns bei den Texten schon mal davor bewahrt, in sprachliche Fallen a la ‚laut und hart, stark und snell‘ zu rutschen.

Sieht man sich die Songtitel an, wird klar, dass die Thematik, welche die Band musikalisch umsetzt, im Bereich BDSM, genauer Femdom, angesiedelt ist. Songs wie „Leck Mich!“ und „Küss Mir Die Füsse!“ sind auch eindeutige Aufforderungen an die Jünger von Sacher-Masoch. Dergestalt präsentiert sich die Dame auch auf dem Bandfoto dominant, umgeben von Monty Pythons spanischer Inquisition. Aber genug gelästert. Kommen wir mal zur Musik.

Der Opener „Anno Domina“ beginnt wie ein typischer Rocker und lässt sich auch ganz gut an. Der Operngesang von Frau Andromeda sticht zwar bösartig in längst vergessene Schmerzzellen, aber zumindest hat die Dame die nötige Stimme, das adäquat hinzukriegen. Der eher moderate musikalische Einstieg wandelt sich dann in sinfonischen Black Metal, der ganz gut abgeht. Gerade der Endpart nach dem ersten Peitschenhieb kommt gut angeschwärzt rüber, wobei die Sängerin dann auch zeigt, dass schwarzmetallisches Gekeife auch zu ihrer Kernkompetenz gehört.

Black Metal gehört auch sonst zu den Hauptstraßen des FOLTERKAMMER- Verkehrsnetzes, teils sogar während der opernhaften Gesangsparts, was teilweise recht schräg klingt. Wenn Andromeda dann auf die fiese Black Metal- Voice umschwenkt, klingt die Mucke richtig fett böse. Gerade „Algolagnia“ brät eine ordentliche Schwarzwurst.

Der Song „Leck Mich!“ hatte ja im Vorfeld schon für Kontroversen gesorgt. Ob es nun der Operngesang war, kann ich nicht sagen. Sollte das Sadomaso-Thema der Grund sein, kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Schließlich gab es von Männern intonierte Songs wie „Pleasure Slave“ oder „Harder Faster“, da sollte den Damen doch dasselbe Recht zustehen.

Insgesamt muss ich sagen, dass die Mucke recht fett rüberkommt, die Riffs sägen sich fies durch das Gelände und die sinfonischen Parts fügen sich nicht allzu dominant (sic!) in die Mucke ein. Wenn der Gesang im fiesen Schwarzgeschrei agiert, kommt das ultragut. Nur eben der Operngesang ist doch für viele sicher etwas schwer verdaulich. Ich höre mir die Scheibe gerade zum vierten Mal an, und so langsam kriege ich Ohrensausen.

Das stellt mich jetzt vor eine schier unlösbare Aufgabe. Nämlich die einer objektiven Bewertung. Denn zum einen ist die Mucke nämlich richtig gut. Die Songs haben Drive, geben teilweise ordentlich Kniegas und gerade die reinen Black Metal- Parts sind richtig schweinegeil (sic!, die zweite). Der Operngesang ist meisterhaft ausgeführt und dass ich auf diese Art Gesang so stehe wie Christa Jenal auf CANNIBAL CORPSE, nun ja, dafür kann die singende Domina ja nichts.

Gut, teilweise haben die Songs etwas Länge. Wenn die Herrin drölfhundert mal fordert „Küss Mir Die Füsse“ hätte ihr Sklave genug Zeit, ihr die Haxen völlig abzuknabbern.

Ich hoffe, dass ich mir mit meiner teils lästerhaften Schreibweise nicht ein paar Peitschenhiebe von Andromeda Anarchia und ihrer Truppe Folterknechte eingehandelt habe, oder andere Bestrafungen, die sich die Dame ausdenken könnte. Zum Beispiel mir gaaaanz lange opernhaft ins Ohr zu singen. Wer auf Trällerelsenmetal (ja, ich weiß, ein böööses Wort. Ich war ein böööser Junge, Herrin.) steht und nicht davor zurückschreckt, dass es hier auch mal fett im Black Metal Bereich zündelt, kann hier definitiv nichts falsch machen. Der Operngesang ist zwar anstrengend, aber Frau Anarchia kann es wenigstens und piepst nicht käsig herum wie viele ihrer Kolleginnen. Damit meine ich Sängerinnen, Ihr Klopse, nicht die Dominas.

Okay, jetzt habe ich mich lange genug vor einer Entscheidung gedrückt. Fazit: Die Mucke ist cool, ohne Frage. Der Operngesang geht mir mit der Zeit ordentlich auf die Nüsse, was auch an mir liegen kann. Da ich etliche Leute kenne, die in derselben Ignoranten Liga spielen wie ich, muss ich dem natürlich Rechnung tragen. Hin und hergerissen greife ich in den unteren Teil des oberen Viertels. Darf ich jetzt wieder von dem Nagelbrett runter, Herrin?

Anspieltipp: „Das Peitschengedicht“ und „Algolagnia“


Bewertung 7,7 von 10 Punkten


TRACKLIST

01. Anno Domina
02. Leck Mich!
03. Die Unterwerfung
04. Küss Mir Die Füße!
05. Algolagnia
06. Herrin Der Schwerter
07. Das Peitschengedicht
08. Venus In Furs (VELVET UNDERGROUND- Cover)



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