GRAVE DIGGER – Bone Collector (2025)
(9.302) Jörn (8,5/10) Heavy Metal
Label: ROAR
VÖ: 17.01.2025
Stil: Heavy Metal
Irgendwie ist Januar auch immer GRAVE DIGGER Zeit. Und so lässt sich das Gladbecker Metal-Urgestein gleich zu Jahresbeginn wieder auf den hiesigen Bühnen bestaunen und feiert gleichzeitig seinen 45. Geburtstag. Als Geschenk für sich und die eigenen Fans haut man außerdem noch eine nagelneue Platte auf den Markt. Die hört auf den Namen „Bone Collector“ und macht einiges anders als zuletzt. Und dabei, so viel sei vorweggesagt, sehr viel richtig.
Ob man das auch für das Cover so behaupten kann, muss jeder für sich selbst entscheiden, wurde es doch unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz kreiert. Dafür gab es erwartungsgemäß einiges an Unmutsbekundungen. Und ob man das nun gutheißt oder nicht, immerhin war Ober-Reaper Chris Boltendahl so ehrlich und hat was das angeht von vornherein mit offenen Karten gespielt. Wer weiß, wie viele es bereits ähnlich handhaben wie er, es aber lieber verschweigen? Mir selbst gefällt das Artwork der neuen Platte jetzt auch nicht unbedingt so dolle, aber wichtiger ist ja eh, wie man so schön sagt, auf’m Platz. Oder in diesem Fall die Musik. Und die kann sich, wie bereits erwähnt, wirklich sehen beziehungsweise hören lassen.
Den Anfang macht der Titeltrack. Und der geht gleich in bester GRAVE-DIGGER-Manier gut nach vorne. Eine für die Band typische, aber gelungene und kraftvolle Nummer.
Das erste Mal richtig aufhorchen ließ mich dann aber direkt der nächste Song, der auf den Namen „The Rich The Poor The Dying“ hört. Hossa, was ein geiles Gitarrenriff! So pfeilschnell, dass es schon fast in Richtung Thrash geht, auch wenn spätestens mit Ertönen von Herrn Boltendahls markanter Stimme gleich wieder alles eingefangen wird. Trotzdem eine extrem erstaunliche, sehr gut funktionierende Nummer. Die vor allem eins zeigt: GRAVE DIGGER öffnen den Bandsound auf ihrer neuen Platte ein wenig und sorgen so für eine angenehme Frische.
Gut möglich, dass der neue Saitenhexer Tobias Kersting (ex-ORDEN OGAN) daran eine gewisse „Mitschuld“ trägt. Denn gerade die Gitarrenarbeit verhilft „Bone Collector“ insgesamt zu einer ganzen Menge Schwung, ohne dass man hier je wirklich daran zweifeln könnte, dass es sich um irgendwen anderes als GRAVE DIGGER handeln würde. Da dieses Mal außerdem komplett auf Keyboards verzichtet wurde, wirken die neuen Songs noch einmal direkter, rauer und bodenständiger und besitzen einfach mehr Punch.
Weiter im Text. Auch Song Nummer drei, „Kingdom Of Skulls“, macht ziemlich Bock und hat einen schön oldschooligen Touch, ohne altbacken zu klingen, während es danach in „The Devils Serenade“ACCEPT-mäßig aus den Speakern stampft. Das nennt man mal einen Auftakt nach Maß, Herr Boltendahl!
Und auch im weiteren Verlauf gibt es mehr auf der Habenseite als Grund zu Meckern. „Killing Is My Pleasure“ hat eine schicke Hookline und darf live gerne mit auf die Setlist gepackt werden. „Mirror Of Hate“ lässt den guten Chris gerade in den Strophen seine tiefe und kratzige Stimme zeigen und hat einen Refrain, der auch von den Nachbarn von RAGE hätte stammen können.
„Riders Of Doom“ nimmt dann nochmal etwas vom Tempo runter, bevor es in „Made Of Madness“ wieder flotter zugeht. Fehlen noch „Graveyard Kings“ und „Forever Evil & Buried Alive“, von denen mir letzterer aufgrund seines ordentlich auf die Zwölf hauenden Refrains etwas besser gefällt. Den Sack zu macht dann „Whispers Of The Damned“, der als einziger Song die 6-Minuten-Marke überschreitet, mit cleanen Gitarren beginnt und die komplexere Seite der Gladbecker Geburtstagskinder zeigt, die sich ebenfalls sehr sehen lassen kann.
Insgesamt kann man GRAVE DIGGER nicht nur zum 45. Jubiläum gratulieren, sondern auch zu einem wirklich starken Album, das aufgrund der komplett dem Rotstift zum Opfer gefallenen Keyboardparts der Vergangenheit und vor allem durch das einerseits auffällig erfrischende, aber sich andererseits enorm gut in den Bandsound einfügende Spiel des neuen Gitarristen Tobias Kersting enorm energiereich gibt. Fast wirkt es, als hätten sich GRAVE DIGGER pünktlich zum Geburtstag einer ordentlichen Frischzellenkur unterzogen, wodurch mir das neue Album insgesamt deutlich besser gefällt als die letzten Outputs des Reapers.
Wer also die Band über die Jahre etwas aus den Augen verloren hat, sollte es durchaus mal wieder mit Chris und seiner Mannschaft versuchen. „Bone Collector“ liefert genügend Anreize dazu. KI-Cover hin oder her.
Anspieltipps: „The Rich The Poor The Dying” und “Whispers Of The Damned”.
Bewertung: 8,5 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Bone Collector
02. The Rich The Poor The Dying
03. Kingdom Of Skulls
04. The Devils Serenade
05. Killing Is My Pleasure
06. Mirror Of Hate
07. Riders Of Doom
08. Made Of Madness
09. Graveyard Kings
10. Forever Evil & Buried Alive
11. Whispers Of The Damned