KARG – Resignation (2022)
(8,091) Niclas (10/10) Post Black Metal
Label: AOP Records
VÖ: 25.11.2022
Stil: Post Black Metal
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„Innovativ“ ist einer dieser Begriffe, die im Gespräch über Musik oft sehr inflationär gebraucht wird und dabei komplett inhaltsleer bleibt. So gerne man es auch für seine Lieblingsband verwenden möchte, so selten ist es doch wirklich zutreffend. Kaum eine Band erfindet das Rad jemals neu und noch weniger können ihre Originalität zur Grundlage eines ganzen Musikstils machen. Es ist halt alles schonmal irgendwann da gewesen.
KARG ist eine Band, für die man dieses Label aber getrost verwenden kann. Zusammen mit anderen Bands aus dem AOP-Dunstkreis wie ELLENDE und HARAKIRI FOR THE SKY haben sich die Wiener eine ganz eigene komfortable Nische des Black Metal geschaffen. Und auf ihrer neuen Scheibe „Resignation“ beweisen sie einmal mehr, dass sie den Finger fest am Puls der Zeit haben.
Ohne allzu viele Worte zu verlieren, „Resignation“ ist das beste KARG-Album bis jetzt. Dabei liegt die Betonung ganz klar auf „Album“, denn obwohl einige der Vorgänger mit eingängigeren Songs aufwarten konnten, fühlt sich „Resignation“ mehr denn je wie ein Gesamtkunstwerk an als nur wie eine Sammlung von Songs. Das Songwriting ist durchweg von gleichbleibend hoher Qualität, die Produktion ist glasklar, aber nicht steril und gleich nach dem ersten Durchlauf brennen sich einige Passagen ganz tief ins Gedächtnis.
Gerade einmal vier überlange Titel zählt das Album, von denen jeder seinen ganz eigenen Charakter hat und dabei doch ganz klar in die bewährte KARG-Formel passt: Treibender Midtempo-Black Metal mit vielschichtig ineinander verwobenen Gitarrenmelodien, ein paar Samples und natürlich Mastermind JJ, der sich über dem allen die Seele auf Mundart aus dem Leib brüllt. Auch wenn man die Texte nicht immer zu 100% verstehen kann, die Emotion dahinter ist immer spürbar. Dass hier viel persönlicher Kummer verarbeitet wurde liegt auf der Hand.
Doch neben Altbewährtem findet sich auf „Resignation“ auch viel Neues. Passagen wie das fast schon folkige Ende vom Opener „Was Bleibt“ wirken zunächst ungewohnt, sind aber eine willkommene Addition zum gewohnten KARG-Sound. Natürlich hat man sich auch diesmal wieder viel Unterstützung von allerlei illustren Gästen geholt. Die Schweizer Doomster von E-L-D sind auf „EBBE//FLUT“ zu hören, „Grab Der Wellen“ ziert ein Gastauftritt von P.G. von GROZA und „Generation Ohne Abschied“ schießt mit einem Guest Verse von Emo-Rapper PRIVATE PAUL wohl den Vogel ab. KARG sind somit wahrscheinlich die erste Black Metal-Band der Geschichte mit Gast-Rapper, aber so merkwürdig das auch klingen mag, so gut fügt es sich in das Gesamtkonzept des Songs ein.
Wem kann man „Resignation“ also empfehlen? Nun, an sich kann wahrscheinlich jeder hier zumindest etwas finden, der gerne noch nach dem Hören Ohrwürmer zurückbehält. Besonders ans Herz gelegt sei dieses Album aber auf jeden Fall allen, die vor Stress und Verzweiflung nicht mehr können und vor Trauer und Frustration am liebsten schreien würden. Mir hat es auf jeden Fall geholfen.