Label: No Remorse Records
VÖ: 13.03.2020
Stil : Progressive Metal
Als ich gelesen habe: „Progressive Power Metal“ schwante mir erst einmal Böses, hatte ich doch gleich eine Mischung aus epischen Bombastgesängen mit extremem Frickelfaktor im Kopf. Glücklicherweise verflogen die ersten Ängste schon beim Lesen des Label-Namens, denn No Remorse Records hat mir in letzter Zeit doch schon die eine oder andere musikalische Perle ins Ohr geträufelt, und kaum einmal meinen Musikgeschmack komplett verfehlt. Also lassen wir uns mal überraschen.
Der erste Track ist eigentlich nur ein Instrumentalstück, und geht ein ganz klein wenig in die oben befürchtete Richtung. Bombastische Keyboardsounds und frickeliges Riffing hätten wir also schon mal auf der Haben-Seite. Nur mit dem Unterschied, daß der Kram hier geil klingt. Ich weiß nicht wie die das schaffen, von eingängig hymnisch auf proggyfroggy umzuschalten, oft innerhalb kürzester Zeit, und den Hörer damit nicht zu überfordern. Gut, dachte ich, nicht schlecht, aber schau‘n wer mal. Und schon legen die Schweden ein fast neuneinhalb Minuten langes Gerät namens „Ballad Of The Righteous“ auf, welches mich schier meiner Kinnlade verlustig gehen ließ. Es geht bombastisch los, und wenn man gerade denkt, das geht so weiter, wechseln LORD OF LIGHT mal eben auf einen Stil, den man sich so vorstellen muß, als wenn PINK FLOYD Metal spielen würden. Aber nicht für lange, dann wechselt schon wieder das Programm, dann wird es hymnisch und fast normal Power-Metal-mäßig. Das alles schon mal im ersten Viertel des Songs. Ich könnte jetzt eben weiter den Song beschreiben, aber dann müßte ich wohl für jeden einzelnen Track ein Review verfassen. Mit „History“ wird mehrstimmiger A Capella-Gesang geboten, der irgendwie etwas Mittelalterliches hat, von der Melodie und dem synkopierenden Gesang her auch etwas an JETHRO TULL erinnert, und ebenfalls ein grandioses Stück ist. Hat auf jeden Fall mehr Gänsehautpotential als alle Epic-Powermetaller zusammen. „Candlelight“ beginnt mit einem Prog-Riff, in den dann der Gesang einstimmt, und etwas hymnisches in die Mucke brät. Dann kommt wieder ein eingängiger Part. Und so weiter und so fort. Die Band ist auch ein Meister in der Sparte, Pausen einzubauen, bei denen man fälschlicherweise denkt, der Song ist zu Ende, manchmal bis zu drei mal in einem Stück. Zumindest in diesem hier. Zu seligen Radio-Aufnahme-Session-Zeiten mit dem Finger am Record-Knopf hätte ich die Band sicher hassen gelernt, hähä. Interessant, wenn nicht eben genial auch die Sache, nach allen möglichen verschiedenen Parts dann immer wieder auf das Anfangsriff zurückzukommen. Hat was Klassisches. „Mornigstar“, der Titeltrack dieses Albums ist der wohl sperrigste Song, der nichtsdestotrotz aber dennoch genial ist. „A Leaden Sky“ ist dann wieder ein Instrumentalstück, diesmal mit Synthesizern gespielt, und stellt die Ruhe vor dem Taifun dar. „Typhoon“ heisst dann auch der Finaltrack auf diesem unglaublich vielseitigen, vielschichtigen, vertrackten aber ungemein unterhaltsamen Album dar, welches sogar ich als Nicht-Proggie geil finde. Progressive Power Metal? Aber klar! Besser kann man die Mucke gar nicht beschreiben.
Wie schrieb ich eingangs? Ich wollte mich überraschen lassen? Na, das haben die Knaben von LORD OF LIGHT auf jeden Fall gut hinbekommen, und sich als brandheißer Kandidat für meinen Jahresabschlusspoll qualifiziert. Progressive Mucke mal so hinzukriegen, daß sie kurzweilig ist, und man jedesmal erstaunt aufschaut, dass das Ding doch schon wieder zu Ende ist, das, meine lieben Schwestern und Brüder in Metall, muss man erst einmal hinkriegen.
Anspieltipp: „Candlelight“ und „Ballad Of The Righteous“
Bewertung: 9,4 von 10 Punkten
Tracklist:
01. Presage
02. Ballad Of The Righteous
03. History
04. Candlelight
05. Morningstar
06. A Leaden Sky
07. Typhoon