LOST SOCIETY – If The Sky Came Down (2022)
(8.029) Maik (5,5/10) Metalcore
Label: Nuclear Blast
VÖ: 07.10.2022
Stil: Metalcore
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Die Finnen von LOST SOCIETY waren mal eine der Hoffnungen auf Bands, die die Fackel des Old School Thrash‘s hätten weitertragen können. Und mit den beiden ersten Alben sah das auch ganz gut aus. Schöne Thrash-Riffattacken mit Gang-shout‘s, die man ohne Weiteres auch in den Mittachtzigern in den Großraum New York/New Jersey hätte verorten können.
Mittlerweile hat sich die Band allerdings eines anderen besonnen. Old School Thrash war ihnen wohl zu ausgelutscht, und so haben sie mit dem Vorgängeralbum zu „If The Sky Came Down“ schon die Stiefel des Metalcore übergestreift. Wahrscheinlich hat ihnen niemand gesagt, dass diese Gehhülsen mittlerweile auch schon gut ausgelatscht sind.
Mit dem obig erwähnten neuen Album verbarrikadieren sie sich endgültig im Modern Metal und zelebrieren ein Gebräu aus Metal Core, NU-Metal und ähnlichen modernen Mutanten der Stromgitarrenmusik. Nun muss dies natürlich nicht schlecht sein, nur weil einem die Mucke nicht zusagt. Selbst meinereiner hat in dieser Sparte schon annehmbare Schmuckstücke aus dem Morast geklaubt. Und direkt schlecht ist „If The Sky Came Down“ auch nicht. Allerdings auch nicht wirklich gut.
Denn LOST SOCIETY bedienen sich nicht nur aus den vorgelebten Genremerkmalen, wie dem Wechsel aus Aggrogebrüll und melodischem Klargesang oder groovigen Mithüpfriffs, sondern packen noch eine ordentliche Ladung poptaugliche Sounds mit hinein. Außerdem ist das, was die Band wohl als innovativ oder modern ansieht, auch schon zigmal gemacht worden, und in etwa so neu wie eine Maß Bier auf dem Oktoberfest.
Die elektronischen Spielereien wären auch nicht nötig, wenn der Rest der Musik nicht so austauschbar und – ja, fast belanglos wäre. Die zum Herumspringen animierenden Parts wirken ausgelutscht und konstruiert und es haftet ihnen der Ruch der Effekthascherei an.
Die Anbiederung an angesagte Bands wie LINKIN PARK oder SLIPKNOT und vielleicht noch METALLICA zu ihren übelsten Zeiten sind zu offensichtlich. Die Thrash- Ursprünge sind so gut wie völlig verschwunden, zumindest sind sie mir bei meinen drei Hördurchgängen kaum aufgefallen. Dazu kommt noch eine kalte und emotionslose Produktion, die den Gesamteindruck eines Reißbrett-Konstruktes noch verstärkt. Wenn mal einer eine KI entwickeln sollte, die kybernetisch Metalcore-Songs entwirft, sollten sich LOST SOCIETY so ein Gerät zulegen. Aber schauen wir mal, welcher Zug in zehn Jahren angesagt ist, auf den die Finnen aufspringen können.
Egal, die Metalcore/NU-Metalgemeinde wird den Kram lieben, und die etablierte Metal-Journaille wird sich in Lobeshymnen ergehen. Doch dem kann ich mich mit bestem Willen nicht anschließen. Auf mich wirkt die Scheibe einfallslos, mainstreamorientiert und einfach ärgerlich. Kein Metal, sondern Plastik. Mit viel Weichmachern. Old School Thrash Fans: Finger weg! Holt Euch lieber die ersten beiden Scheiben, und vielleicht noch „Braindead“.
Eigentlich müsste ich mir jetzt die Scheibe noch einmal anhören, um zu sehen, ob sich noch was an meiner Sichtweise ändert. Aber nee…ich geh jetzt lieber Parkett schleifen.
Anspieltipp: „112“ und „(We Are The) Braindead“
Bewertung: 5,5 von 10 Punkten
Tracklist:
01. 112
02. What Have I Done
03. (We Are The) Braindead
04. Stitches
05. Awake
06. Underneath
07. Creature
08. Hurt Me
09. If The Sky Came Down
10. Suffocating