MINDREAPER – Withering Shine (…Into Oblivion) (2024)
(9.264) Maik (7,9/10) Melodic Death Metal
Label: Death Age Records
VÖ: 02.12.2024
Stil: Melodic Death Metal
Ich weiß nicht mehr, ob ich es irgendwo gelesen habe oder ob es mir erzählt wurde, aber irgendwo hieß es, MINDREAPER wären das nächste große Ding im Bereich Melodic Death Metal. Und so war mein Interesse geweckt, obschon ich ja nun nicht gerade der glühendste Melodeathnerd bin. Also wuchtete ich mir die mittlerweile dritte Scheibe der Hessen auf die Reviewagenda.
Das Album folgt dem bandinternen Schema mit dem Titel inklusive Klammerbemerkung und nennt sich „Withering Shine (…Into Oblivion)“. Hoffen wir, dass der Glanz nicht allzu sehr verwelken mag und die Band auch nicht in die Vergessenheit rutscht.
Das Album beginnt zunächst mit akustischem Lagerfeuerpart, bevor dann die Soundwand einsetzt und in den Opener und gleichzeitig Titeltrack mündet. Sogleich findet man sich im Melodic Death Metal wieder, gepaart mit etwas Bombast in Form sythesizerischem Klangteppich. Das daraufhin einsetzende Riffing und der bellende Gesang hat partiell Einflüsse aus dem Thrash, folgt aber doch der melodischen Todesmetallschiene. Klargesänge gibt es keine, dafür offenbart die Band ein gewisses Faible für progressive Einflüsse, welches sich besonders in der Gitarrenarbeit, explizit bei den Soli, zeigt.
Bei diesem Song kommen mir als Vergleich allerdings weniger die angesagten Melodeath-Bankhalter in den Sinn, sondern tatsächlich ein wenig EDGE OF SANITY, und im Solobereich sogar Power oder Symphonic Metal. Die Keyboarduntermalung verstärkt diesen Charakter noch.
Etwas mehr moderne Einflüsse kommen im Folgenden „Liberty’s Face“ zum Tragen. Auch ein wenig Industrial schimmert durch und gerade die Melodien erinnerten mich dann ein wenig an Peter Tägtgrens PAIN. Die facettenreiche Vielseitigkeit des Openers kommt hier allerdings eher wenig zum Vorschein.
„Nocturnal Animals“ wildert dann stark im sinfonischen Heavy und teils Pagan Metal, wirkt sozusagen eher episch und hymnisch, was auch wieder durch die Synthelemente verstärkt wird.
Was im Laufe des Albums auch ersichtlich wird, ist die doch etwas wenig abwechslungsreiche Gestaltung der Gesangslinien. Da bieten sich kaum Wiedererkennungsmerkmale an. Und wenngleich man mit synkopierenden Riffs, ausgeklügelten Soli und verschiedensten Elementen Aufmerksamkeit erheischt, wird das doch auf Dauer etwas nivelliert. Löblich gestalten sich dahingehend aber das Pagan-mäßige „Vengeance dawn“ oder die Singleauskopplung „The God I Am“.
Genauer gesagt, die Songs für sich gesehen sind irgendwie alle top, wenngleich sich MINDREAPER auch an schon mehrfach verwendeten Versatzstücken bedienen, was heutzutage wohl auch kaum noch möglich ist, zu umgehen. Doch als Album am Stück will sich „Withering Shine (…Into Oblivion)“ nicht so richtig festsetzen. Die Tracks verteilt in Playlisten (oder selbstgebrannten Samplern, für die Oldschooler) kommen bestimmt immer gut. Scheinbar orientieren sich die Hessen doch eher an der Generation Spotify.
Über dreiundfünfzig Minuten Spielzeit geben zwar ordentlich value for money her, sorgen allerdings auch für einen gewissen Kaugummi-Effekt. Gerade der über die gesamte Spielzeit sehr gleichgeschaltete Gesang trägt zu einem gewissen Plätschereffekt bei. Das kann auch die gewagte Kombination aus Melodeath, Thrash, Pagan, Power und Prog nicht wirklich ausgleichen.
Das Album ist keineswegs schlecht, das will ich damit überhaupt nicht andeuten. Die Songs für sich genommen sind alle großartig und dank Andy Classens extremst wuchtiger Produktionsarbeit kommt die Mucke auch ultrafett aus den Boxen. „Withering Shine (…Into Oblivion)“ wird also eher in den oberen Regionen polarisieren, so zwischen den Stufen ‚ziemlich geil‘ und ‚Meckern auf hohem Niveau‘. Die Band hat mit diesem Album ihre Position im deutschen Melodeath gefestigt, nun gilt es, diese auszubauen und ein wenig mehr auf Eigenständigkeit zu setzen.
Anspieltipp: „The God I Am“ und „Vengeance Dawn“