RAVEN – Can`t Take Away The Fire (2025)
(9.384) Maik (8,7/10) Heavy Metal
Label: Independent
VÖ: 14.02.2025
Stil: Heavy Metal
Kommt man auf die Ursprünge des NWOBHM zu sprechen, fallen zumeist Namen wie JUDAS PRIEST, SAXON oder IRON MAIDEN. RAVEN waren dabei meist erst in der zweiten Reihe zu finden, obwohl die Band bereits seit 1974 unterwegs ist. Grund genug, das fünfzigste Bandjubiläum gebührend zu feiern. Die Legende aus Newcastle, die mittlerweile in New York beheimatet ist, hat sich zu diesem Anlass etwas Besonderes ausgedacht. Kein überkandideltes Hochglanzprodukt im metallverzierten Eichensarg oder mit vergoldeten Engeln verzierter Schnickschnack, sondern eine erdige EP, die sich ein RAVEN-Fan durchaus in die Sammlung stellen sollte. Denn das Teil ist auf 1000 Stück limitiert, von der Band handnummeriert und signiert – und obendrein gibt es noch einen Patch dazu. Des Sammlers Geiferdrüsen sollten also schon mal aktiviert sein.
Doch das Wichtigste ist natürlich die Musik, und da haben sich RAVEN noch nie lumpen lassen. So bekommt man hier kein Resteverwertungsgedöns aus der Album-Mottenkiste, sondern eine ordentliche Metal-Klatsche. Das beginnt schon mit dem Opener „Black And Blue“, mit dem der alte Rabe zeigt, dass er trotz seines Alters noch derbe mit dem Schnabel zupacken kann.
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Klassischer RAVEN-Sound ballert hier aus den Boxen: Screaming Guitars, treibender Rhythmus und die unverwechselbare Stimme von John Gallagher, die von gepresstem Knurren bis zu heftigen Screams changiert. Während die oben genannten NWOBHM-Kollegen schon recht bald eine eher geordnete, saubere Heavy-Metal-Schiene fuhren, haben sich RAVEN stets den Charme lärmigen Ungestüms bewahrt. So klingt auch das neue Material erfrischend jung, krachig und voll auf die Kanüle.
„Power Hungry“ haut noch mal eine Schippe Kohle extra in den Kessel der RAVEN-Lokomotive. Die fünfzig Jahre merkt man zu keiner Sekunde – hier brennt einfach die Luft. Wie drei Typen einen derartigen Alarm verzapfen können, begeistert mich immer wieder aufs Neue. Mit dem Titelsong scheint sich die Band zunächst in hardrockigere Gefilde zu begeben. Anfangs fühlt man sich an die Elektriker aus Känguruhmänien erinnert – aber nur marginal, denn RAVEN bringen die Chose in gewohnter Rotz-und-Dreck-Manier daher und zeigen nicht nur mit dem Songtitel, dass sie sich nicht die Leberwurst, besser gesagt, das Feuer vom Brot ziehen lassen.
Gewohnt mit dem Gaspedal komponiert präsentiert sich „Gimme A Lie“, ein typischer RAVEN-Song, der auf jede vorherige Platte passen würde wie Arsch auf Eimer. Doch dann gelingt es den Rabenbrüdern, mich zu überraschen. Denn „The Wreckage“ zeigt die Band in einem völlig neuen Licht. Ist das noch doomig oder schon eine Ballade? RAVEN und Balladen scheinen sich eigentlich gegenseitig auszuschließen, doch die drei bringen das Ding mit fettem, wuchtigem Riffing daher.
Um das Ganze abzurunden, gibt es als Dreingabe noch drei Livesongs, die man durchaus als kleine Zeitreise werten kann: Zunächst „The Power“, mitgeschnitten 2022 in Clifton, New Jersey. Anschließend der Titeltrack des „Architects Of Fear“-Albums, der vom 1991er-Auftritt der Band in Erlangen stammt. Und zum Schluss ein totaler Klassiker: „Don’t Need Your Money“, der Titeltrack der 1980er-Single gleichen Namens, live in Amsterdam 1984 aufgeführt.
„Can’t Take Away The Fire“ ist ein würdiges Jubiläumsständchen, das zeigt, dass RAVEN trotz ihres Alters noch lange nicht zum Altmetall der stromgitarrenbasierten Unterhaltungsmusik zählen. Die Band scheint noch genug Hunger und Power zu haben – was sie mit dieser EP eindrucksvoll beweist. RAVEN-Lunatics sollten sich ranhalten, eine der limitierten Scheibletten an Land zu ziehen.
Anspieltipps: „Black And Blue“ und „Power Hungry“
Bewertung: 8,7 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Black And Blue
02. Power Hungry
03. Can’t Take Away The Fire
04. Gimme A Lie
05. The Wreckage
06. The Power (live)
07. Architects Of Fear (live)
08. Don’t Need Your Money (live)