Label: Seasons of Mist
VÖ: 26.05.2017
Stil: Post-Metal
Es gibt diese Bands, bei welchen man verzweifelt versucht sie musikalisch einzuordnen. So recht passen sie in kein bestimmtes Raster, verschiedene Stile werden miteinander kombiniert. Ein solches Phänomen sind auch die Jungs von Solstafir. Die Exoten aus Island erreichen Millionen Fans in der Metalwelt und scheren sich dabei nicht um genrespezifische Schubladen. Egal ob es sich dabei um ihre Musik, ihr Herkunftsland oder ihr Aussehen handelt, sie sind irgendwie anders und das macht sie für viele so interessant. Ihre melancholisch angehauchten Songs und etwas schräge Art (und damit meine ich alles wofür diese Band steht) scheinen bei vielen Menschen Anklang zu finden. So kann man sagen, dass sich Black Metal-, Death Metal- oder auch Pagan Metal Fans gleichermaßen nach einem neuen Album sehnen. Bereits ihr Vorgänger „Ótta“ wurde von vielen zitternd erwartet und „Berdreyminn“ (Vö: 26.05.2017) steht diesen Erwartungen in nichts nach.
Nach erstmaligen hören war eines schnell klar: Hier dürften sich teilweise die Geister scheiden. Viele werden Solstafir erst seit ihrem Song „Fjara“ kennen, welcher nicht nur musikalisch sondern auch wegen des eindrucksvollen Musikvideos im Gedächtnis blieb. Ihre Bandgeschichte reicht dabei jedoch bis in die 90er zurück. Und obgleich man sich für solch eine lange Zeit ruhig mal auf die Schulter klopfen darf, hat die Medaille leider auch eine andere Seite. Nicht selten wird analysiert, Alben verglichen, hat eine Weiterentwicklung stattgefunden?
Nicht zuletzt die Trennung von Schlagzeuger Guðmundur Óli Pálmason hat bei einigen Hörern die Frage aufkommen lassen, was wohl die Zukunft bringen wird? Als Gründungsmitglied war er nicht einfach nur Musiker, sondern auch ein Teil der Ideenschmiede von Solstafir.
„Silfur-Refur“, der erste Song auf dem Album steht ganz im Zeichen von Solstafir. Lehnen wir uns zurück und schließen die Augen. Ganz langsam und schleppend baut sich dieses Stück auf. Behält man dabei das Cover Artwork vor seinem geistigen Auge, so hat man doch das Gefühl eben an jenem See zu sitzen während der Nebel einen Stück für Stück verschlingt. Umgeben von dem Tremolo Sound der Gitarren sowie dem begleitenden Schlagzeug heißt man die Einsamkeit willkommen. Doch plötzlich steigern sich Tempo und Härte und Sänger Aðalbjörn Tryggvason betritt die Bühne. In alter Solstafir-Manier gesanglich immer etwas schräg und qualvoll.
Berauscht von diesem Einstieg ist der Übergang zu „Isafold“ schon etwas unerwartet. In die 70er zurückversetzt gibt der Klang der Gitarren einem das Gefühl gerade mitten in eine Jam-Session reingeplatzt zu sein. Umrahmt wird dieser Sound von einem eingängigen Bass- und Synthesizer Sound. Trotz des Disco Einschlages ist „Isafold“ eines der sanftesten Lieder auf dem Album.
Einen emotionalen Seelenstriptease legen die Jungs mit ihrem einfühlsamen Song „Hula“ hin. Der groovige Rhythmus, begleitet durch die Klänge des Klaviers, wiegen den Hörer sanft hin und her. Die orchestrale Untermalung sowie der Einsatz einer Frauenstimme harmonieren wunderbar mit dem ausbrechenden Gesang von Aðalbjörn. Der Spannungsbogen zum Ende des Liedes wurde musikalisch sehr gut umgesetzt.
„Nárós“ bietet einem erstmal die Möglichkeit sich mental wieder zu sammeln. Ungefähr 3 Minuten gibt sich die Band sehr minimalistisch. Gesang und Instrumente wirken dezimiert, um sich dann in ein wahres Gefühlschaos zu ergießen. Dieser Break ist einfach perfekt umgesetzt, das Lied gewinnt sofort an Geschwindigkeit und zaubert mir gesanglich immer wieder eine Gänsehaut (und das im positiven Sinne). Mit „Nárós“ bricht man zum ersten Mal aus diesem Fluss von Melancholie aus und stimmt einen etwas härteren Ton an. Das Spiel von Trauer und Wut erinnert an den Song „Lágnætti“. Von dieser Art hätte ich gerne mehr auf dem Album gehabt.
„Berdreyminn“ gibt sich in sich geschlossen ruhiger und abgeklärter als seine Vorgänger. Viele Klangbeispiele aus Natur und der spirituellen Schiene kommen zum Einsatz. Leider wirkt die Scheibe aber auch teilweise so, als würde sie nur so vor sich hinfließen. “Ich hoffe, dass die einzelnen Teile, die wir bislang präsentiert hatten, nun das große Puzzle ergänzen werden, welches dieses Album darstellt.“ so äußerte sich Aðalbjörn zum neusten Werk. Allerdings bekommt man stückweit das Gefühl, als bestünde dieses Puzzel nur aus wenigen Teilen. Natürlich sollte eine CD immer rund klingen aber gewisse Ecken und Kanten sind dennoch erwünscht, um die Freude an gehörtem auch am Leben zu erhalten. Ich unterstelle der Band kein Kalkül um eine größere Fangemeinde anzusprechen, dennoch erhoffe ich mir für die Zukunft wieder mehr Shoegaze und Freude am experimentieren.
Bewertung: 7,8 von 10 Punkten
Tracklist:
01. Silfur-Refur
02. Isafold
03. Hula
04. Nárós
05. Hvít Sæng
06. Dyrafjördur
07. Ambátt
08. Bláfjall