THE HALO EFFECT – March of the Unheard (2025)
(9.283) Olaf (9,2/10) Melodic Death Metal
Label: Nuclear Blast
VÖ: 10.01.2025
Stil: Melodic Death Metal
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Erwartungen an eine Supergroup Supergroups sind eine Sache für sich. Oft wird viel versprochen, doch selten können die hochgesteckten Erwartungen wirklich erfüllt werden. Als ich vernahm, dass The Halo Effect mit ihrem zweiten Album „March of the Unheard“ an den Start gehen, war ich erneut ein wenig skeptisch. Mikael Stanne (Dark Tranquillity), Jesper Strömblad (ehemals In Flames), Niclas Engelin, Peter Iwers und Daniel Svensson – jeder dieser Namen steht für eine ära-prägende Karriere im Melodic Death Metal. Doch mit ihrer Debütscheibe „Days of the Lost“ hatten sie bereits bewiesen, dass sie mehr sind als nur die Summe ihrer Teile. Ich hatte das Vergnügen, sie live auf der 70,000 Tons of Metal zu erleben, und besonders Jesper Strömblad hinterließ einen bleibenden Eindruck – auf und abseits der Bühne.
Aber die Frage blieb: Können sie dieses Niveau halten, geschweige denn toppen? Vor allem, wenn ein Mikael Stanne scheinbar jede Woche ein neues Album herausbringt – Dark Tranquillity, CemeterySkyline und nun The Halo Effect, alles innerhalb von drei Monaten! Vielleicht treibt ihn nur die Aussicht auf die nächste Karibik-Kreuzfahrt an. Wie auch immer, die Messlatte lag verdammt hoch. Und dennoch – The Halo Effect springen darüber, fast ohne Anlauf.
Schon beim ersten Durchlauf wird klar: „March of the Unheard“ ist fett produziert und ballert aus allen Rohren. Die erste Single „Detonate“ allein rechtfertigt den Kauf des Albums – ein Melodic Death Brett, das zeigt, warum dieses Genre noch lange nicht tot ist. Die Band kombiniert das Beste aus den Ursprüngen ihrer Vorprojekte und verleiht dem Ganzen eine moderne Note. Wem In Flames mittlerweile zu verkopft sind, findet hier ein hochexplosives Gegengewicht.
Kompositorisch bietet das Album alles, was großartigen Melo Death ausmacht. Orchester und Celli – ja, ihr habt richtig gelesen – kommen eindrucksvoll bei einem Track wie „Between Directions“ zum Einsatz, der unbestritten der beste Song des Albums ist. Und dann ist da noch „Our Channel to the Darkness“ mit einem Theremin! Ein Instrument, das man eher mit Science-Fiction-Klassikern verbindet, wird hier gekonnt integriert. Dieser Mut zur Experimentierfreude zahlt sich aus.
„What We Become“ ist ein stampfendes Highlight, der die gesammelten und geklauten Biergläser in der Vitrine zum Schwingen bringt. Im Kontrast dazu zeigt „Cruel Perception“ mit seinen fast Halbballaden-Qualitäten, wie emotional Melodic Death Metal sein kann, ohne an Wucht zu verlieren. Selbst „This Curse of Silence“, das für meinen Geschmack als Interlude etwas zu lang gerät, trägt zur dichten Atmosphäre des Albums bei. Das ist dann auch einer der wenigen Kritikpunkte der Scheibe. Das Interlude zieht sich und hätte zugunsten eines weiteren vollwertigen Tracks Platz machen können. Auch „Coda“, die instrumentale Klangcollage am Ende, hätte ich lieber durch einen Song ersetzt gesehen – zumal die Deluxe Edition ohnehin drei Bonus-Tracks bietet. Aber das ist Jammern auf höchstem Niveau.
Mit „March of the Unheard“ liefern The Halo Effect ein Album ab, das nicht nur ihre Position als Speerspitze des modernen Melodic Death Metal festigt, sondern auch zeigt, dass Supergroups durchaus halten können, was sie versprechen. Für Fans der alten In Flames bis 2002, Dark Tranquillity und Co. ist dies ein absolutes Muss. Fett produziert, mutig in der Komposition und mit einer musikalischen Wucht, die ihresgleichen sucht. Bereits jetzt ein Anwärter auf die Top Ten des Jahres 2025 – und das Jahr hat gerade erst begonnen.
Und Mikael Stanne? Wenn er weiter so produktiv bleibt, singt er vielleicht wirklich mal den falschen Text in einer seiner aktiven Bands. Ich behaupte immer noch, dass er mit all seinen Platten nur darauf aus ist, jedes Jahr im Januar dem harten schwedischen Winter in Richtung Karibik und 70.000 Tons zu entfliehen. Aber wenn die Ergebnisse so klingen wie hier, sei ihm jede einzelne Kreuzfahrt mehr als gegönnt.
Bewertung: 9,2 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Conspire to Decieve
02. Detonate
03. Our Channel to the Darkness
04. Cruel Perception
05. What we become
06. This Curse of Silence
07. March of the Unheard
08. Forever astray
09. Between Directions
10. A Death that becomes us
11. The burning Point
12. Coda