THY CATAFALQUE – XII: A Gyönyörű Álmok Ezután Jönnek (2024)
(9.265) Maik (9,0/10) Avantgarde Metal
Label: Season Of Mist
VÖ: 15.11.2024
Stil: Avantgarde Metal
Eigentlich wollte ich den Kelch, dieses Album zu rezensieren, stillschweigend an mir vorüberziehen lassen. Aber unser Sultan Olaf meinte, mir das Teil dennoch in den Nikolausstiefel stecken zu müssen. Allerdings hatte meine Weigerung weniger mit der Musik von THY CATAFALQUE zu tun, sondern mit meiner Faulheit, die ungarischen Songtitel mühselig Buchstabe für Buchstabe abzutippen.
THY CATAFALQUE ist das Soloprojekt eines Mannes namens Támas Kátai, der selbiges im Jahre 1998 ins Leben gerufen, und seitdem auch kontinuierlich und fleißig Platten veröffentlicht hat, Vorliegendes „XII: A Gyönyörű Álmok Ezután Jönnek“ hat er auch netterweise nummeriert, um mir wenigstens das Zählen zu vereinfachen.
Nun, was Season Of Mist auf das schmale Brett gebracht hat, die Musik des Ungarn als Black Metal einzustufen, bleibt mir ein hehres Rätsel, denn was THY CATAFALQUE hauptsächlich darstellt, ist eine Mischung aus progressivem, avantgardistischem Rock mit vielen Folk- Einflüssen.
Gut, beim Song „Mindenevő“ wird nach anfänglich orientalisch anmutenden Klängen schon mal die Axt ausgepackt und man übt sich tatsächlich in schwarzmetallischem Gekreisch, doch diese Momente finden sich nur sporadisch auf diesem Werk. Auch „Vasgyár“ hat eine ziemliche Black/Pagan Schlagseite. Diese Songs erinnern mich auch ein klein wenig an TENGGER CAVALRY.
Die Mischung macht’s, und Mastermind Kátai hat sich auch nicht allein ins Studio eingeschlossen, um das Ding einzutüten. Über fünfundzwanzig Gastmusiker finden sich hier zusammen, zumeist Sänger, aber auch Helferlein mit z.B. Flügelhorn, Cello, Kontrabass, Klarinette, Saxophon oder Bouzouki kommen zum Einsatz.
Angesichts dieser noch bei weitem unvollständiger Instrumentenaufzählung und den Worten ‚avantgardistisch‘ und ‚progressiv‘ dürfte klar sein, dass es sich bei „XII: A Gyönyörű Álmok Ezután Jönnek“ nicht um ein easy listening- Produkt handelt, sondern einlädt, sich entspannt den sich eröffnenden Klangstrukturen hinzugeben.
Ich habe den Fehler gemacht, das Werk zum ersten Mal als Begleitmusik zum Staubwischen zu hören, was reichlich oft zum Ergebnis hatte, dass ich mich, mit dem Staublappen in der Hand, auf die nächstbeste Sitzgelegenheit fallen ließ und mit einer Mischung aus Erstaunen und Faszination den Klängen lauschte. Das hatte zur Folge, dass die Putzerei fast ne Stunde länger dauerte als sonst. Danke, Támas!
THY CATAFALQUE setzen sich keine musikalischen Grenzen, springen über Genrebeschränkungen leichtfüßig hinweg und verschmelzen die verschiedensten Einflüsse, ohne überladen oder zu verkopft zu wirken. Und das ist ziemlich erstaunlich. Trotz überraschender Übergänge, die teilweise sehr scharf konzipiert sind, wirkt das Album dennoch wie aus einem Guss.
Ob dies noch unter dem Oberbegriff Metal abzuhandeln, ist nicht zu jedem Zeitpunkt klar. Einige Songs verdienen sich schon diesen Aspekt, doch zumeist wandelt der Meister und seine legionenhafte Gefolgschaft auf sehr avantgardistischen Pfaden, die an die Frühwerke von Bands wie CURVED AIR oder Werke ihrer ungarischen Landsmänner OMEGA oder KARTHAGO erinnern, diese Einflüsse aber nur sporadisch aufnehmen. Als wollte die Band diese meine letzte Äußerung verifizieren, gibt es als Bonustrack noch das OMEGA-Cover „Babylon“.
„XII: A Gyönyörű Álmok Ezután Jönnek“ ist ein sehr vielseitiges, alle Grenzen sprengendes Album, welches trotz der immensen Stilvielfalt Wert auf Nachvollziehbarkeit legt. Kein Song klingt wie der andere, jeder stellt für sich gestellt eine Überraschung dar, dennoch wirkt die Scheibe kompakt und unterhaltsam. Man muss sich darauf einlassen können, und wer musikalisch nach vielen Richtungen offen ist, wird mit THY CATAFALQUE eine gute Zeit erleben. Schöne Träume kommen als nächstes. So zumindest lässt sich der Albumtitel grob übersetzen.
Anspieltipp: „Mindenevő“ und „Nyárfa, Nyírfa“
Bewertung: 9,0 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. Piros Kocsi, Fekete Éj
02. Mindenevő
03. Vasgyár
04. Világnak Világa
05. Nyárfa, Nyírfa
06. Lydiához (SEBO FERENC Cover)
07. Vakond
08. Ködiraly
09. Aláhullás
10. A Gyönyörű Álmok Ezután Jönnek
11. Babylon (OMEGA-Cover)