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SATANIC WITCH – 4:44 (2023)
(8.668) Maik (7,9/10) Avantgarde Black Metal
Label: Ván Records
VÖ: 05.12.2023
Stil: Avantgarde Black Metal
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Das schweizerisch/belgische Konglomerat SATANIC WITCH hat es scheinbar darauf angelegt, maximale Verwirrung und falsche Schlussfolgerungen in mir zu wecken. Das geht schonmal mit dem Namen los, der irgendwie auf Black Metal zu verweisen scheint. Das Bandlogo wiederum atmet ziemliche Thrash- Vibes, während das Coverartwork eine obskure okkult- Rockband aus den späten Siebzigern vermuten lässt.
Die Platte heißt „4:44“, aber keine Angst, sie ist deutlich länger. Genaugenommen mehr als zehnmal so lang. Der erste Song, ich nenne ihn mal Intro, ist auch gleichzeitig der Titletrack. Aber auch der ist keine „4:44“ lang, sondern 2:26, also gerade mal etwas über die Hälfte davon. Ist da eine Botschaft versteckt? Etwa wie ‚wir sind nur zu zwei Dritteln böse‘? Das letzte Drittel ist der Song, mit vier Bonussekunden?
Jedenfalls scheint dieses einleitende Musikstück eher in die Richtung Ambient zu gehen, und auch hier haben SATANIC WITCH eine falsche Fährte gelegt. Fast. Denn schon der nächste Song weist eindeutig in Richtung Schwarzmetall. Und da fällt mir schon der nächste Irrweg auf, den mir die Satanischen Hexen wiesen, denn auf dem Bandfoto sehe ich sechs Leute, zwei Damen und vier Bärte, die Besetzungsliste offenbart mir aber nur fünf.
Der Gesang auf „4:44“ stammt von den beiden Damen I.R. und S.M. die nebenher noch bei der Band E.L.R. Bass, Vocals und Gitarre bedienen. Die Ladies schienen auf Abkürzungen abzufahren. Abgefahren ist auf jeden Fall die Mucke, die auf dem Album zu hören ist. Ab und an scheine ich zwar auch männliche Vocals zu vernehmen, aber das wird mir jetzt alles etwas zu verwirrend.
Verwirrend ist auch die Musik, denn der Black Metal stellt nur eine Facette dar. Dark Wave der Marke SISTERS OF MERCY kann man ebenso heraushören wie Doom, Industrial und sogar EBM. Dabei wäre von der Schwarzmetallseite MORTUARY DRAPE zu nennen, von den anderen Musikstilen habe ich keine Ahnung. Ebenso kommen mir frühe KATATONIA und OPHTHALAMIA in den Sinn, von der Ambientschiene vielleicht noch AGHAST oder ALLERSEELEN.
Auf jeden Fall ist das Album äußerst düster, geradezu erschreckend desolat, andererseits wieder voller gebremster Energie. Und aus musikalischer Sicht genauso vielschichtig und verwirrend wie die ganzen Aspekte, die ich einleitend schon beleuchtet habe. Dabei gelingt es SATANIC WITCH, die Düsternis der Songs nicht erdrückend oder depressiv wirken zu lassen, sondern erschaffen Klangwelten, die trotz der innewohnenden Finsterns Kraft und Entschlossenheit ausstrahlen, wie das hymnisch /hypnotische „For None“.
Lassen wir uns zu einem Fazit kommen. Normalerweise ist solche Mucke gar nicht auf meinem musikalischen Acker anzutreffen, aber irgendetwas fasziniert mich an „4:44“. Wahrscheinlich ist das die düstere schwarze Stimmung, die an Okkult/Horrorfilme der Italiener, zum Beispiel Dario Argento erinnert. Es geht also eher um Atmosphäre als um Gebrate, obwohl die Band da auch keine Grenzen zieht.
Das fast dreizehnminütige „Mirage/Die Hexen“ beginnt nämlich als ziemlich düster waberndes Ambientstück, wechselt dann aber in etwa der Mitte abrupt in bratzigen Black Metal zwischen MORTUARY DRAPE und NECROMANTIA. Ein ähnliches Akrobatenstück vollbringen sie mit dem abschließenden „So Below“, der größtenteils in einer mesmerisierenden Sphäre schwebt, gegen Ende aber noch mach mal den Schwarzmetallhammer auspackt.
Wie war das noch mit den falschen Fährten und der Verwirrung? Egal. „4:44“ ist sicher nicht jedermanns Gusto, aber ich finde das Album interessant. Natürlich kann ich mir sowas nicht immer, und schon gar nicht ständig anhören, aber wenn man atmosphärische Musik der düster besinnlichen Art mag, die auch mal die eisernen Schuhe anzieht, und einen Soundtrack sucht, zu dem man sich im Dämmerlicht und mit einem schweren Rotwein philosophischen Betrachtungen hingeben kann, der ist bei SATANIC WITCH richtig.
Anspieltipp: „Mirror Hour“ und „Kult“
Bewertung: 7,9 von 10 Punkten
TRACKLIST
01. 4:44
02. Mirror Hour
03. Kult
04. For None
05. Mirage/Die Hexen
06. So Below