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SILENT WINTER - Utopia (2024)
(9.248) Olaf (5,5/10) Heavy Metal
Label: No Remorse Records
VÖ: 22.11.2024
Stil: Heavy Metal
Griechenland ist nicht nur das Land der Sonne, sondern auch die Heimat vieler talentierter Metal-Bands. Eine dieser Gruppen ist Silent Winter, die mit ihrem neuen Album Utopia die Szene aufmischen wollen. Die Band, gegründet in den 90ern, hat sich dem melodischen Power Metal verschrieben und startete nach einer längeren Pause 2018 so richtig durch. Ihre bisherigen Veröffentlichungen, darunter The Circles of Hell (2019) und Empire of Sins (2021), zeichnen sich durch schnellen, melodischen Sound aus, der stark von Bands wie Helloween und Stratovarius beeinflusst ist. Doch wie schlägt sich Utopia im Vergleich zu ihren früheren Werken?
Das Album eröffnet mit dem rasanten We Burn the Future, das mit Speed-Metal-Vibes à la Heavens Gate begeistert. Man fühlt sich sofort in die 90er zurückversetzt, als schrille Vocals und flotte Riffs das Maß aller Dinge waren. Frontmann Mike Livas beeindruckt mit einer Stimme, die an eine jüngere Version von Ralph Scheepers erinnert. Aber dann kommen die Drums ins Spiel – und oh je! Die Becken klingen derart blechern, dass man fast vermutet, Angelo Sasso, der alte Haudegen, hätte hier seine Finger (oder eher: Schaltkreise) im Spiel. Lasst ihn doch in Frieden ruhen, den armen Kerl.
Mit Manifest of God gibt es tatsächlich ein kleines Highlight, das sich mutig vor Primal Fear verneigt. Der Song geht gut ins Ohr und bleibt dort auch hängen – ein Hit, wenn man über die mangelnde Originalität hinwegsieht. Aber genau hier beginnt das Dilemma des Albums. Stücke wie Hands Held High wirken überinszeniert, und die pathetischen Manowar-Anleihen erwecken eher Fremdscham als Euphorie. Das gelegentliche Bombast-Overkill mag für Fans von Freedom Call noch erträglich sein, doch irgendwann muss man die Zuckerglasur beiseitestellen und mit Insulin dagegenhalten.
Was Utopia fehlt, ist eine eigene Handschrift. Die Songs fühlen sich wie ein Best-of an – nur leider nicht der Band selbst, sondern ihrer Einflüsse. Es ist, als ob Silent Winter einen Katalog der großen Power-Metal-Bands durchstöbert hätten, um die besten Elemente zu recyceln. Das Ergebnis: ein konstruiertes Album, dem es an Seele fehlt. Während die erste Hälfte mit solidem Speed und melodischen Hooks punktet, wird das Album mit der Zeit repetitiv und verliert an Schwung. Man hat das Gefühl, ein aufgewärmtes Essen aus der Mikrowelle zu serviert zu bekommen, das längst seinen Geschmack eingebüßt hat.
Utopia startet stark, verliert jedoch schnell an Reiz. Für Fans von melodischem Power Metal, die sich nicht an offensichtlichen Zitaten und einer leicht blechernen Produktion stören, könnte es dennoch ein kurzweiliges Vergnügen sein. Für alle anderen bleibt der Eindruck, dass Silent Winter mit diesem Album mehr auf Nummer sicher gehen wollten, als wirklich kreative Akzente zu setzen.
Am Ende bleibt ein Album, das sich zwar gut anhört, aber nicht lange im Gedächtnis bleibt. Vielleicht sollte die Band beim nächsten Mal lieber frische Zutaten verwenden, statt sich auf altbekannte Rezepte zu verlassen. Immerhin: Wenn man mal wieder in Nostalgie schwelgen möchte, bietet Utopia genug Material, um sich an die glorreichen Tage des Power Metal zu erinnern – inklusive aller Klischees und Macken.