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WALDGEFLÜSTER – Dahoam (2021)
(7.342) Niclas (9,5/10) Atmospheric Black/Folk Metal
Label: Art of Propaganda
VÖ: 24.09.2021
Stil: Atmospheric Black/Folk Metal
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Pünktlich zum Start der kalten Jahreszeit liefern uns die bayrischen Black Metaller von WALDGEFLÜSTER ein Album über das, was sich wohl jeder an grauen Herbsttagen am sehnlichsten wünscht: Ein wohliges Zuhause. „Dahoam“ heißt die Scheibe, und hinter einem Titel, den man eher von einem Headliner im Musikantenstadl als von einer Black Metal-Band erwarten würde, verbirgt sich eines der wohl emotionalsten Alben des Jahres.
Das allein ist nichts Ungewöhnliches aus dem Hause WALDGEFLÜSTER. Frontmann und Bandkopf Winterherz trägt sein Herz quasi auf der Zunge wenn es um die Musik seiner Band geht. Schon vergangene Meisterwerke wie „Ruinen“ oder „Meine Fesseln“ (beide weit oben unter meinen All-Time-Favorites) trieften nur so vor Emotionen, vor allem der allgegenwärtigen Zerrissenheit zwischen Melancholie und Freude, Heimweh und Fernweh, Nostalgie und dem Drang, Neues zu entdecken. Kaum eine Band schafft es so gut die Seele ihrer Zuhörer zu berühren wie WALDGEFLÜSTER.
„Dahoam“ ist wahrscheinlich das kohärenteste Album der Band bis jetzt, denn hier wird von vorne bis hinten ein striktes Konzept durchgezogen. Wie der Titel bereits andeutet handelt es sich hier um ein Album über die bayrische Heimat der Band. Wer jetzt aber volkstümelnde Schunkelscheiße von CSU-Wählern in Lederhosen erwartet hat weit gefehlt. Winterherz' Gefühle zu seiner Heimat sind genauso zwiegespalten und komplex wie alles, was die Vorgängeralben erfüllt hat und kryptofaschistischen Volkstümeleien wird hier durchweg und klar eine Absage erteilt. Heimatliebe bedeutet nämlich nicht, sich von der Außenwelt abzuschotten und ewig in der Vergangenheit zu leben, sondern seine Heimat mit anderen zu teilen und Mitgefühl für die zu hegen, die ihre Heimat verloren haben.
Wie aber schlägt sich dieses Konzept in der Musik nieder? Zunächst einmal kann man sagen, dass WALDGEFLÜSTER sich nicht zu weit von vertrauten Gefilden wegbewegen. Der typische Stil der Band mit überlangen und komplexen Black Metal-Songs mit starkem Folk-Einschlag inklusive einer abwechslungsreichen Mischung aus genretypischem Gekeife und emotionsgeladenem Klargesang bleibt erhalten. Man merkt aber schon bei einem Blick auf die Trackliste, dass der Folkanteil auf „Dahoam“ nochmal ordentlich hochgedreht wurde.
Das Album ist um drei zentrale ausladende Black Metal-Epen von je über zehn Minuten herum arrangiert zwischen die sich kürzere, größtenteils akustische Stücke schieben die dem Zuhörer ein wenig mehr Raum zum Aufatmen bieten. Das Album wirkt dadurch wie aus einem Guss und lässt sich am besten im Ganzen anhören. Die Gesangsperformance ist wie immer grandios, wobei vor allem die harschen Vocals seit den letzten Alben noch einmal deutlich verbessert haben. Zusätzliche Unterstützung erhält die Band hier auch durch Gastauftritte von einiger Black Metal-Prominenz: JJ von KARG und HARAKIRI FOR THE SKY und Austin Lunn von PANOPTICON geben sich auf „Dahoam“ die Ehre.
Nur ein kleines Manko hat das Album dann aber doch und leider eines, das am Kern des ganzen Konzeptes liegt: Die Texte sind in bayrischer Mundart gehalten, was aus rein kreativer Sicht natürlich absolut Sinn macht und den Songs zusätzliche Authentizität verleiht, sie aber selbst für einen großen Teil des deutschen Publikums sehr viel unzugänglicher macht. Trotzdem schaffen WALDGEFLÜSTER es erneut zu begeistern und ein Album zu erschaffen, dass es mit Leichtigkeit unter die besten des Jahres schafft. Diesen Herbst ist „Dahoam“ auf jeden Fall ein Muss!
Bewertung: 9,5 von 10 Punkten
Tracklist:
01. A Taglachinger Morgen
02. Im Ebersberger Forst
03. Am Stoa
04. Am Tatzlwurm
05. In da Fuizn
06. Mim Blick aufn Kaiser
07. Am Wendelstoa