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Walpurgisnacht am 29. bis 30.04.2022 in Berlin @ Orwo Haus

Bratwurst, Bier und Black Metal - Unser Festivalbericht

Was lange währt wird endlich gut. So sagt man ja immer, und obwohl dieses Sprichwort sicher ziemlich klischeehaft wirkt, ist es auf die WALPURGISNACHT ohne Vorbehalt anwendbar. Das Team von DE MORTEM ET DIABOLUM musste eine Menge Geduld und Nerven aufbringen.

Ursprünglich als ein 1 –Tagesfestival geplant ging nun endlich mit zwei Jahren pandemiebedingter Wartezeit der neue Ableger an den Start und auf die Bretter des Orwohauses. Diese wurde auf ein komplettes Wochenende aufgestockt woran sich bei dem heftig genialen Lineup keiner gestört haben sollte.


Bei schönstem Wetter erreichte ich die Frank-Zappa-Str. 19 und freute mich auf die Location, die sich mehr und mehr als neue Anlaufstelle für gute Berliner Metalkonzerte entpuppt. Pünktlich um 15 Uhr stand die erste Band auf der Bühne und glücklicherweise hatten sich einige Festivalbesucher den Freitag entweder freigenommen oder früher Feierabend gemacht um zusammen mit NOSTURAACK die Walpurgisnacht einzuläuten. Die Schweriner*innen, die sich bereits 2007 gegründet hatten und seit 2015 in fester Besetzung auftreten hatten mächtig Bock und knallten uns feinsten Black Metal auf und um die Ohren. Starker Auftritt der Lust auf mehr machte. PRAISE THE PLAGUE aus Berlin nutzten die angeheizte Stimmung und machten ebenfalls keine Kompromisse. Brachiale Black Metal Klänge, kombiniert mit einer Prise Sludge und Post-Elementen ließen die ersten Haargummis der Besucher in die Hosentasche wandern. Das war zwar nicht mein erster Besuch von PRAISE THE PLAGUE, aber bis dato definitiv der geilste.

Das Festival startet bereits mit den beiden Bands NOSTURAACK und PRAISE THE PLAGUE enorm geil und setzt die Messlatte ziemlich hoch. Selten so gute Opener auf einem Festival gesehen! Tiefe Basslinien wühlen sich bei MORAST durch Mark und Bein. Bei den Jungs aus Nordrhein-Westfalen ist der Name Programm. Die Kombinationen aus Black,-Death- und Doom versumpfen quasi ineinander mit einer atmosphärischen Wand und dreckiger Attitüde. Der „neue“ Sänger, den MORAST im Jahre 2020 für sich gewinnen konnten sollte fast allen im Saal ein Begriff gewesen sein, hierbei handelt es sich um keinen geringeren als Zingultus (ENDSTILLE, GRAUPEL).

 

Bevor es weitergeht gibt es zum Start des Abends erstmal eine leckere Bratwurst. Shoutout an dieser Stelle an das Grillteam, das trotz eines augenscheinlich mageren Angebots von Stulle und Bratwurst so viel Herzblut in die Vorbereitung jeder Mahlzeit gesteckt hat, dass sie zu einem echten Festmahl wurde. Dann stehen HALLIG auf der Bühne und feuern epische Black Metal-Salven ins Publikum. Mir persönlich gefällt die Mucke der Westfalen live um einiges besser als auf Platte. Dort wirken viele der ausladenden Melodien mir etwas zu glattgebügelt, doch in den Katakomben des Orwohauses erhält das Ganze die nötige Menge an Dreck, um die zelebrierte Düsternis noch mehr hervorzuheben. Die Menge stimmt zu: Gleich ganz vorne steht ein schätzungsweise fünfjähriger Junge, der schonmal fleißig seine Abbath-Posen übt. Das nenne ich gut Erziehung!

Als nächstes stehen GRIFT auf dem Programm und in den Saal kehr etwas Ruhe ein. Ich werde etwas stutzig, als Bandkopf Erik Gärdefors alleine mit einer Akustikgitarre auf die Bühne marschiert. Zwar ist er das einzige offizielle Mitglied, doch hätte ich für einen Live-Auftritt auch ein Live-Lineup erwartet. Aus dem Publikum spöttelt es zuweilen schon: „Ist der Rest der Band etwa beim Zoll stecken geblieben?“ Doch sobald Gärdefors anfängt, seine kraftvolle Stimme über die sanften Gitarrenklänge zu legen, schweigen selbst die größten Zweifler. Es kommt schon fast Lagerfeuerstimmung auf in der WALPURGISNACHT.

Nachdem man seine Nackenmuskeln nun endlich wieder entspannen kann, geht es weiter mit dem ersten Headliner. IMPERIUM DEKADENZ ziehen das Publikum mit Bangern wie „Aue der Nostalgie“ und „Pure Nocturnal Rome“ ziemlich schnell auf ihre Seite und greifen mit „Schwarze Wälder“ sogar richtig weit bis auf ihr Debüt zurück. Die Stimmung ist am überkochen. Und doch kann ich den Auftritt nicht 100% genießen. Die Band aus dem Schwarzwald scheint heute nicht in Höchstform und einige holprige Passagen schleichen sich in ihr Set ein. Dies ist allerdings wirklich Meckern auf hohem Niveau. Jeder hat schließlich mal einen schlechten Tag und der Stimmung tut dies sicher keinen Abbruch.

Anschließend steht eine noch recht junge Band auf dem Programm: YOTH IRIA haben noch nicht einmal zwei Jahre Bandgeschichte auf dem Buckel. Das man es hier mit abgebrühten Profis zu tun hat, merkt man an ihrem Auftritt sofort. Die Griechen legen am Freitagabend das Orwohaus in Schutt und Asche und rechtfertigen damit trotz ihres Newcomer-Status eindeutig die Headliner-Position! So viel geballte Energie auf der Bühne bekommt man nur selten zu sehen. Ist das überhaupt noch zu toppen? Schwierig, aber die Atmo-Black Metaller von WANDAR lassen sich auch nicht aus der Ruhe bringen und liefern trotz später Stunde souverän einen gelungenen Abschluss des ersten Festivaltags (und schaffen es in letzter Sekunde doch noch, mich zum T-Shirtkauf zu überreden).

Der Samstag startet für mich erstmal hektisch. Fast verpasse ich meinen Zug, weil ich die Uhr nicht wirklich im Blick habe. Vielleicht habe ich am Vorabend auch etwas zu tief ins Glas geschaut... Gerade noch rechtzeitig schaffe ich es trotzdem noch zur ersten Band. Gefühlt sind heute Nachmittag schon genauso viele Leute da wie am Ende des gestrigen Abends. Das mag vielleicht daran liegen, dass am Samstag einfach mehr Leute Zeit für Konzerte haben, vielleicht aber auch am Auftritt der Lokalhelden von STIRIAH, die das Programm schon ziemlich brachial einleiten. Danach folgt eine der größten Überraschungen des Festivals für mich. A SECRET REVEALED, die ich im Voraus schon für ihre vermeintlichen Metalcore-Einflüsse verurteilen wollte, stellen sich als sehr solide Post-Black Metal-Band heraus. Mehr CULT OF LUNA, weniger BULLET FOR MY VALENTINE. Durchaus einen zweiten Hörgang wert und ein deutliches Zeichen, dass man nicht zu vorschnell über Bands urteilen sollte, die man kaum kennt. Schande über mein Haupt! Kaum sind die Würzburger von der Bühne verschwunden, füllt sich diese zunehmend mit gelbem Qualm und VELNIAS beginnen ihr Set. Die Souveränität mit der die Black-Doomster ihre Sache durchziehen ist echt bemerkenswert! Die Songs gehen so nahtlos ineinander über, dass man fast denken könnte, es sei nur ein sehr langer. Jeder Ton sitzt und das Publikum lässt sich gerne von der Epik des Ganzen mitreißen.

Atmosphärisch geht es auch weiter mit MOSAIC, die sich gleich zu den Bands einreihen, die mir live konstant besser gefallen als auf Platte. Ohne Lo-Fi-Produktion wirkt ihr folkiger Black Metal einfach um einiges knalliger und gepaart mit der spürbaren Energie die Frontmann Martin van Valkenstijn in die Musik steckt, werden weite Teile des Publikums nun zum ausgelassenen Kopfschütteln animiert. Danach geht es in brutale Gefilde: KRATER betreten die Bühne und feuern ein Highspeed-Blast-Feuerwerk ab, das selbst unter dem illustren Lineup der WALPURGISNACHT seinesgleichen sucht! Dem Publikum wird kaum eine Atempause gegönnt, doch das ist auch nicht nötig. Man merkt förmlich, wie sich die Menge immer mehr in Ekstase versetzt. Und dabei ist der Abend noch nicht einmal auf seinem Höhepunkt angelangt! Als nächstes machen es sich HORN zum Auftrag, die gute Stimmung noch weiter anzuheizen. Die Show die sie dafür auf die Bühne bringen, lässt sich nur mit einem Wort beschreiben: elektrisierend. Die Spielfreude der Truppe um Bandkopf Nerrath ist nicht nur mit jeder Note deutlich spürbar, sie animiert auch selbst die faulsten Zuschauer zumindest streckenweise zum Mitmachen. Rein musikalisch kann ich mit dem Pagan-Gestampfe der Band nur wenig anfangen, doch auch ich erwische mich zuweilen beim Mitgröhlen.

Die Stimmung ist nach diesen Auftritten bereits am Siedepunkt, doch das eigentliche Highlight folgt erst jetzt. Den ganzen Tag über konnte der aufmerksame Festivalbesucher bereits die Mitglieder der kanadischen Black Metal-Sensation PANZERFAUST (deren letztes Album es mit Leichtigkeit an die Spitze meiner Bestenliste für 2020 geschafft hat) durch die Menge huschen sehen. Und wer sich mit ihnen unterhalten hat, der wird festgestellt haben, dass die berühmte kanadische Freundlichkeit doch nicht nur ein Klischee ist. Auf der Bühne wirken sie wie verwandelt. Bedrohlich steht der gewaltige Sänger Goliath in schwarzer Kapuze vorne an einer Kanzel und lässt seinen schallenden Urschrei durch die Halle ertönen, während seine schlammbedeckten Bandkollegen um ihn herum tiefschwarze Salven feinsten Schwermetalls in die Menge abfeuern. Selten habe ich jemals einen so kraftvollen Auftritt miterlebt! Da bleibt kein Auge trocken und angesichts der allgemeinen Begeisterung können sich PANZERFAUST am Ende des Abends sicher einiger neuer Fans gewiss sein. Den krönenden Abschluss bilden dann die Black Metal-Veteranen von KAMPFAR mit der merklichen Routine einer alteingesessenen Hausmarke. Dass die Norweger von der alten Schule sind und lieber auf Publikumsengagement setzen als auf aufwändige Bühnenshows oder überbordende Atmosphärik wird schnell deutlich.  Frontmann Dolk schafft es von Beginn an mühelos, die Menge zum Mitmachen anzuregen und strahlt eine Bühnenpräsenz aus, die wahrlich ihresgleichen sucht.

So geht ein gelungenes Festival zu den Klängen alter Klassiker wie „Troll, død og trolldom“ und neuen Bangern wie „Tornekratt“ nun langsam zu Ende. Mir hat es definitiv Spaß gemacht und ich freue mich bereits auf die nächste WALPURGISNACHT, für die mit MORK, MISÞYRMINGÄERA und LICHTBLICK bereits die ersten Bands bestätigt sind. Vielleicht, lieber Leser, sieht man sich ja dann dort!




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