HERBST IN DER SCHWÄBISCHEN ALB
Da sich das Konzept der dreitägigen Veranstaltung bei der Jubiläums-Show im letzten Jahr offenbar bewährt hat, ist Veranstalter Horst Franz dabei geblieben. Den Fans scheint es auf jeden Fall erneut getaugt haben, weshalb man auch in nächster Zukunft dabei bleiben wird. Durchaus auch zur Freude des regionalen Fremdenverkehrs und wohl auch die Infrastruktur der Region dürfte in diesem Jahr davon profitiert haben. Kurzum, der zusätzliche Tag entpuppt sich definitiv als Gewinn für alle Beteiligten!
Trotz dreier Festival-Tage wird jedoch auf die schon seit Jahren zu einem Fixpunkt im Programm zählende „Warm-Up-Show“ nicht verzichtet, weshalb sich bereits am Mittwochabend zahlreiche Musik-Liebhaber in der Messehalle einfinden um die Nackenmuskulatur entsprechend in Form zu bringen.
Loslegen dürfen in diesem Jahr die Nitrogods, deren Drummer Klaus Sperling im Vorjahr kurz vor dem Festival mit Verdacht auf Herzinfarkt ins Krankenhaus eingeliefert werden musste, weshalb der Auftritt logischerweise gecancelt wurde. Durch meine etwas verlängerte Anreise (ich bedanke mich nachträglich ganz herzlich bei den Grenzwachebeamten für eine der verlorensten Dreiviertel-Stunden meines Lebens!) kann ich diesen aber leider ebenso wenig mitverfolgen, wie mir auch der danach folgende, offenbar auf „Old School“ getrimmte Auftritt von Pro-Pain entgeht. Gary Meskil und Co. stapfen bei meinem Eintreffen in die bereits ganz gut gefüllte „Messehalle“ nämlich gerade von den Brettern und geben die Bühne frei für die nächsten Acts.
Nach einer verhältnismäßig kurzen Umbaupause legen die seit geraumer Zeit, genauer gesagt seit der Veröffentlichung ihres aktuellen Drehers „The Devil Strikes Again“ wieder in Topform agierenden Rage mit dessen Titelsong los. Der Sound klingt durchaus passabel, die Stimmung in der Hütte ist bestens und die Spielfreude der drei Herren wohl nur sehr schwer zu übertreffen. Kurzum, es sollte ein voller Erfolg für alle Beteiligten sein, Peavy und seine neuen Mitstreiter zu verpflichten. Und es stimmt tatsächlich alles! Begonnen bei der überaus ausgewogenen Setlist, in der sich neben brandneuen Songs wie „My Way“ und „Spirits Of The Night“ Klassiker nahezu aller Epochen - unter anderem gibt es „Days Of December“, „End Of All Days“ und „Don't Fear The Winter“ zu hören - finden lassen, über die im Verlauf der Spielzeit stetig ansteigende Stimmung die in lautsarken „Rage“-Sprechchören kulminiert, die bis weit hinaus zu hören sind, bis hin zu einer mehr als nur imposanten kurzen Improvisationseinlage des Trios im gefeierten, hingebungsvoll mitgesungenen Finale „Higher Than The Sky“, in dem zunächst Peavy „Sweet Home Alabama“ integriert, ehe sich Gitarrist Marcos auch als überaus kompetenter Sänger entpuppt und mit seiner Version von „Holy Diver“ mehr als nur Sympathiepunkte einheimst, Rage können in allen Belangen überzeugen und werden noch einige Zeit nach dem Ende der Show begeistert gefeiert. Thumbs Up!
Die Stimmung in der Halle sollte auch weiterhin verdammt gut sein, denn selbst wenn während und nach der Show von Overkill so mancher Zuseher die Meinung vertritt, man hätte die Band auch schon mal in besserer Form erlebt, sind solche Aussagen allenfalls in die Kategorie „Jammern auf höchstem Niveau“ einzuordnen. Schließlich legt das Quintett einmal mehr ein gewaltige Spielfreude an den Tag und weiß mit neuem Stoff wie dem fulminanten Opener „Amorist“ ebenso zu überzeugen wie mit Klassischem Liedgut a la „Rotten To The Core“, „Feel The Fire“ oder „Hello From The Gutter“. Die Gitarristen Dave Linsk und Derek Tailer haben in den letzten Jahren enorm an Selbstvertrauen zugelegt und jenes Verständnis füreinander entwickelt, das es benötig, um sich die Riffs gegenseitig zuzuspielen zu können, wie das ansonsten nur von den ganz großen Namen der Szene bekannt ist. Mit „Elimination“ und dem obligatorischen „Fuck You“ beenden die US-Amerikaner einen umjubelten Auftritt, der auch die Temperatur in der Halle gewaltig ansteigen lässt. Gut so, denn im Freien herrschen nach einer guten Woche Schlechtwetter fast schon herbstliche Verhältnisse, die auch die ersten beiden Festival-Tage prägen sollten.
Dazu mehr später, denn zuvor steht noch der Schlusspunkt der „Warm Up-Show“ auf dem Programm. Den setzen Sodom, deren Crew jedoch leider nicht ganz bei der Sache zu sein scheint. Das hat eine knapp 40-minütige Umbaupause zur Folge und zudem ist es ab dem Einstieg „In War And Pieces“ sowie dem danach runtergeholzten „Sodomy And Lust“ schlichtweg viel zu laut in der Messehalle. Schade, denn vor allem die zuletzt sehr akzentuiert eingesetzten Drum-Fills von Markus Freiwald gegen so in einem sehr Bass-lastigen Soundbrei verloren. Doch noch nicht einmal das ändert etwas an der Tatsache, dass Angelripper und seine Mitstreiter nach allen Regeln der Kunst abgefeiert werden. Tom hat mit seinen teils spaßigen, mitunter aber auch etwas sarkastischen Ansagen die Meute fest im Griff und nicht zuletzt deshalb erweisen sich Sodom auch als idealer Abschluss einer Show, die ihrem Namen vollends gerecht wird. Das „Bang Your Head!!!“-Festival 2016 wurde also einmal gebührend eröffnet und nach einer kurzen Nachtruhe sollte es wenige Stunden später auch auf der großen Bühne endlich zur Sache gehen.