DIE ÄRZTE | THE STRANGLERS
17.08.2012 - Berlin @ Waldbühne
Meine Fresse…24 Jahre ist es her (in Worten: Vierundzwanzig!!!), dass ich Die Ärzte letztmalig live zu Gesicht bekam. Im Tempodrom war das damals, welches im Gegensatz zu diesem hässlichen Betonklotz von heute nur ein schnödes Zirkuszelt am Anhalter Bahnhof war, umringt von der Mauer und grimmig dreinblickenden DDR Grenzern. Wie sich die Zeiten geändert haben…es war also mal wieder dringend an der Zeit, den Herren Doktoren meine Aufwartung zu machen, was allerdings angesichts des neuen und wirklich mehr als durchwachsenden Albums eine etwas heikle Angelegenheit zu werden schien. Doch ich hegte die Hoffnung, dass zumindest einige Klassiker den Weg in die Setlist gefunden haben. Tja…eines vorab: Meine Hoffnungen wurden nur teilweise erfüllt.
Auf dem Weg zur altehrwürdigen Berliner Waldbühne, die für mich immer noch zu einer der schönsten Location weltweit gehört, kam ich mir allerdings jetzt schon vor, wie auf einem Kindergeburtstag mit Mami und Papi und vor allem nicht als Ärzte Shirts weit und breit. Is ja durchaus legitim, doch ich wurde mit meinem Vomitory Leibchen doch manchmal von der Seite angeschaut, als ob ich die schwarze Blatter habe. Zeugte nicht gerade von Unvoreingenommenheit, aber wurscht. Ein paar Biere später war mir das so ziemlich Brille und ich wühlte mich durch die Massen, fand ein lauschiges Plätzchen ziemlich nah am Geschehen mit netten Leuten um mich herum und wartete auf meine Freundin, die allerdings mangels Kommunikation (absolut Null Handynetz) ziemlich orientierungslos durch das riesige Areal irrte, doch irgendwann fanden wir dann doch zueinander und das Konzert konnte losgehen.
Als Vorband hatten sich die Berliner Punks explizit für die Wave/Punk Legende The stranglersentscheiden, welches sich als absolut vortreffliche Wahl erwies, denn die seit fast 40 Jahren aktiven Briten wurden nicht nur persönlich von den drei Hauptprotagonisten angekündigt, sondern verfügten auch über einen wahnsinnig guten Sound, der die Hitauswahl des Vierers perfekt unterstrich. Klar, wer Übersongs wie „Golden brown“, „Big in america“ oder „Always the sun“ im Rucksack hat, braucht sich vor solch einer Masse an Leuten nicht zu verstecken, doch leider merkte man hier erneut die Engstirnigkeit der Anwesenden, die den mehr als guten und sympathischen Auftritt noch nicht einmal mit dem sonst üblichen Höflichkeitsapplaus quittierten. In meinen Augen eine Schande, denn The stranglers waren ein fantastischer und würdiger Opener, von dem ich auch noch gut eine Stunde mehr was hätte hören wollen. Das war wirklich fett und amtlich.
Nun begann der Umbau und das Volk begann, unruhig zu werden. Da wurde dann schon mal in Ermangelung vernünftigerer Beschäftigungen der rote Vorhang vor der Bühne und die Bühnenarbeiter bejubelt, die in waghalserischer Manier an den Trassen hochkletterten, um gleich darauf die „beste Band der Welt“ perfekt auszuleuchten. Als dann der Vorhang viel und Bela, Farin und Rob mit „Ist das noch Punkrock“ einstiegen, war die Stimmung am kochen. Der Sound war gut, die Stimmung auch und selbst das exorbitant teure Bier fing langsam an zu schmecken. Allerdings war es irgendwie ermüdend, danach noch mit „Bettmagnet“ und „Tamagotchi“ zwei weitere neue Songs zu hören, bevor man endlich mit „Hurra“ mal nen Gassenhauer auspackte. Der sollte aber dann auch für lange Zeit der Einzige bleiben, doch Rod sei Dank (welch niveauvolles Wortspiel, gelle?) gab der Basser urplötzlich sein viersaitiges Arbeitsgerät aus der Hand und verzauberte schon fast in Joe Satriani Manier die Massen und Musiksachverständigen mit seinem wirklich virtuosen Gitarrenspiel. Ganz klar, Senor Gonzales ist der mit Abstand beste Musiker des Trios und überbrückte somit meine langsam einsetzende Langeweile, bis dann endlich mit „Langweilig“ und dem „Schunder Song“ endlich wieder etwas für mich gespielt wurde. Gut, betrachtet mich als Ewig Gestrigen, doch wenn ich eine Band mit solch einem famosen Backkatalog live sehe, erwarte ich auch eine Best of Show sondergleichen und nicht ein gelangweilt heruntergerotztes „Schrei nach Liebe“, welches bei mir das Gefühl aufkommen lies, Die Ärzte fühlten sich lediglich dazu verpflichtet, dieses Stück zu performen. Echt furchtbar wie leider auch die Interaktion untereinander. Waren früher die Kommentare und Diskussionen der Musiker untereinander für viele Lacher gut, so langweilte ich mich bei drögen Propaganda Blabla gegen Putin, für Pussy riot, gegen Pro Deutschland und so weiter. Was man allerdings positiv zugute halten muss war die extrem lange Spielzeit, die mit 4 Zugabeblöcken mehr als sensationell ausfiel und bei dem man dann endlich mit „Unrockbar“, „Junge“ oder „Zu spät“ mächtige Buletten im Brötchen hatte. Dennoch bleib irgendwie ein fader Beigeschmack.
Nichts gegen Laola Wellen oder stampfende Publikumsmeuten, doch wenn ich Mitmachspielchen will, fahre ich in den Urlaub in den Robinson Club. Vielmehr hätte ich von einer solchen Megaband erwartet, dass statt 8 Songs vom mittelprächtigen neuen Album mehr alte Granaten abgefeuert werden würden. So blieb an diesem tollen, lauschig warmen und ansonsten recht gelungenen Abend doch die Erkenntnis: Ist das Alles?
P.S. Die Wirtin unserer Stammkneipe „Ponyhof“ war danach so freundlich und hat uns mit den Toten Hosen die Ohren wieder freigeblasen. Danke nochmals dafür…und für 4 Halbe.
- Ist das noch Punkrock?
- Bettmagnet
- Tamagotchi
- Hurra
- Perfekt
- Heulerei
- Wir sind die Besten
- Angeber
- Deine Schuld
- Mondo bondage
- Sohn der Leere
- ½ Lovesong
- Lied vom scheitern
- Langweilig
- Schunder Song
- M&F
- Wie am ersten Tag
- Lasse redn
- Freundschaft ist Kunst
- 2000 Mädchen
- Rettet die Wale
- Ignorama
- TCR
- Schrei nach Liebe
- Ist das alles?
- Revolution 94 / Kopfüber in die Hölle
- Der Optimist
- Wie es geht
- Unrockbar
- Himmelblau
- ZeiDverschwÄndung
- Junge
- Golden brown
- Dinge von denen
- Zu spät
- Dauerwelle vs.Minipli
- Gute Nacht