KNORKATOR UND FREUNDINNEN
25.08.2012 - Berlin @ Zitadelle Spandau
Eines bereits jetzt schon vorweg: Es war ein Abend, den ich so schnell nicht vergessen werde!
Als bereits recht früh in diesem Jahr die meiste Band der Welt, die BoybandKnorkator ankündigte, die altehrwürdige Zitadelle in ihren Grundfesten zu erschüttern, war sofort klar, dass mein Open Air Abschluss 2012 in Berlin Spandau stattfinden sollte. Allerdings war ich etwas über die Info irritiert, die von „Knorkator und Freundinnen“ sprach. Ok, Black thunder Gitarristin Jen Majura gehörte ja schon beim Rock Harz zum Inventar, doch was sollte da noch auf uns zukommen? Die Antwort darauf bekam ich bereits am letzten Donnerstag, als sich Stumpen, Alf Ator und Buzz Dee bei der Geburtstagsfeier eines lokalen Berliner Radiosenders nicht lumpen ließen und mit einem Bläserensemble und einer fantastischen Sängerin Neuinterpretationen einiger Klassiker der Knorkes zum Besten gaben und dabei mehr als einmal musikalisch überraschten, doch dazu später mehr.
Schon auf dem Weg zum 1559 erbauten Festungsbauwerk war klar, das heute Abend keins der 9500 avisierten Tickets liegen bleiben würde, denn bereits 10 Minuten vor dem regulären Einlass um 17 Uhr bildete sich eine unfassbare Menschenschlange und ich war besorgt, dass wir es überhaupt pünktlich zum Konzertbeginn um 18 Uhr schaffen würden, den Platz zu entern, doch diese Sorge erwies sich als unbegründet, denn das Einlasskonzept war eines der besten, welches ich je gesehen habe und schwuppdiwupp waren wir im Innenhof dieses beeindruckenden Schauplatzes, kippten die ersten Bierchen und plünderten den Merchstand. 18 für ein reguläres, 10 für ein Shirt der letzten Tour und nen Pulli, der eigentlich 40€ gekostet hätte für nen schlappen Zehner, da eine kleine Naht aufgetrennt war, die ich (jawoll ICH) mit 5 Nadelstichen nähen werde. Das hatte sich echt gelohnt.
Um 18:20 kamen dann die Hauptprotagonisten Buzz Dee, Stumpen und Alf Ator erstmalig auf die Bühne und erklärten das Konzept des Abends, dass jeder der drei Musiker einen Wunsch frei gehabt hätte, um diese musikalische Rundreise entsprechend zu gestalten und wenn alle schön brav seien, gäbe es im Anschluss noch ein reguläres Konzert. Dann erklärte Stumpen: „So…es ist Punkt 18:00 Uhr, Startschuss zur ersten Runde.“, die Buzz Dee einläutete und mit seiner Rockformation, die passenderweise Buzz Dees heißen, die erste heiße Sohle auf das Parkett zu zimmern. Der Rock’n’Roll des ansonsten auf der Bühne recht extrovertierten Sechssaiters ging gut ins Bein und für die Ostalgiker im Publikum wurde jeder Song mit einem passenden Schnipsel aus der Ära des Arbeiter und Bauerstaates eingeleitet. Muss ich persönlich nicht unbedingt haben, passte aber recht gut. Wie äußerte sich Buzz zu seinem Auftritt: „Es ist schon etwas merkwürdig, sich selbst zu supporten…“ Macht rein jar nüscht, lieber Buzz, das war nen prima Auftakt.
Im Anschluss daran lieferten sich Stumpen und Alf erneut einen recht witzigen Schlagabtausch, während unterdessen auf der Bühne die Umbauarbeiten für Stumpens Wunsch liefen, der sich die Neuinterpretation alterKnorkator Klassiker wünschte und diese auch mit Unterstützung der Damenkapelle und einer hinreißenden Sängerin bekam. Der hyperaktive Glatzkopf jedenfalls saß grinsend auf einem Stuhl auf der Bühne und lauschte der Salsa Version von „Ich hasse Musik“ (überragend!), tanzte einen Tango zu „Der ultimative Mann“, bei dem er sich allerdings mit ein paar Lücken im Text zeigte und dafür den eigentlich Buzz Dee zugedachten Titel der „Fehlerfotze“ erntete. „Geld“ wurde brillant als laszive Nummer dargeboten und das „Liebeslied“ war dann die Krönung des Ganzen. Trompeten, Saxophon, Klavier…unfassbar genial dargeboten. Leider verzichtete man auf die Acapella Version von „Meine Fans“, die mich im Gleisdreieck Park 2 Tage vorher völlig umhaute, doch das war Jammern auf allerhöchstem Niveau. Das meine Damen und Herren war, um es mit Stumpens Worten zu sagen „Ganz großes Eisstockschießen“…
Nun kam in der Umbaupause der große Auftritt von Agnetha Ivers, der Tochter desKnorkator Frontmanns, die ihrem Papa zum Geburtstag am Vortag Adeles Superhit „Rolling in the deep“ darbot und ihn damit zu Tränen rührte. Unfassbar süß und vor allem eine wahnsinnig tolle Stimme…bahnt sich da der nächste Star an?
Nun war Herr Ator mit seinem Wunsch an der Reihe und der war richtig gut, denn nach einem halben Jahr Partituren schreiben hatte sich der musikalische Chef ein Streicher Ensemble engagiert, die passenderweise als „Sieben auf einen Streich“ vorgestellt wurden und Songs nun klassisch und ohne jeglichen Gesang darboten. Unfassbar, vor allem die Version von „Weg nach unten“…episch, Gänsehautmomente und ein über das ganze Gesicht strahlende Alf Ator, der teilweise träumend am Bühnenrand lag und den zauberhaften Klängen lauscht. Dann ein nicht näher definierbare Stück, bei dem auch eine Sopranistin zum Einsatz kam und sich währenddessen Rajko und Nick auf die Bühne schlichen, Positionen einnahmen und nahtlos in den regulären Gig der meisten Band der Welt einstiegen. Was für eine fulminante Überleitung!
Jetzt war knappe 2 Stunden kollektives Ausrasten angesagt, denn der Sound war saufett, die Band in absoluter Spiellaune und Stumpen, ganz in einem blauen Lackanzug aus dem Hause des Schneiders von Schwulen Ikone Peter Plate gehüllt, agierte wie immer…doch scheinbar ein klein wenig mit angezogener Handbremse aufgrund der Anwesenheit seiner Tochter und Frau Mama. Dementsprechend fielen einige der obligatorischen Verbalattacken aus, was der Show und Stimmung aber keinerlei Schaden zufügte. Was natürlich ein absolutes Plus gegenüber der vielen Festivalauftritte der letzten Zeit ist, dass man Songs spielen konnte, die sonst dem engen Zeitplan zum Opfer fielen. „Extrawurst“, „Eigentum“, bei dem die liebreizende Gitarristin Jen Majura erneut an der Kette auf der Bühne herumgeführt wurde, oder das von Alf Ators Sohn Tim Tom dargebotene „Arschgesicht“…grandios! Selbstverständlich kamen auch die anderen Protagonisten dieses Abends noch mal in irgendeiner gearteten Form auf die Bühne und unterstützen den Fünfer fulminant. Sehr schön war ebenfalls die Gesangsleistung von Tiger Lilly Marleen, die mit ihrer grandiosen Stimme beispielsweise „Es kotzt mich an“ veredelte. Allerdings lies sich Stumpen während dieser selbst verordneten Zwangspausen nicht nehmen und reaktivierte die so lange von mir vermisste Flugverköstigung und bombardierte die ersten Reihen mit geschreddertem Gemüse. Ich jedenfalls fand noch 2 Stunden später ein Scheibchen Gurke an meinem Körper. Im Duett mit Stumpen gab’s dann noch das „Liebeslied“ und „Ultimativer Mann, die ebenfalls durch Lillys famose Stimme einen ganz neuen Drive bekamen.
Aber auch Lilly musste einiges über sich ergehen lassen und bot sich bei „Ich will nur ficken“ ein Wettrennen in einem aufblasbaren Gummiball über die Köpfe der Zuschauer hinweg zum Mischerturm und wieder zurück. Zu dieser bereits jetzt schon großartigen Setlist gesellten sich noch Granaten wie „Ich lass mich klonen“, „Refräng“, „Buchstabe“, „Du bist schuld“, „Du nicht“…es war ein akustischer Ohrenschmaus, der vom „Kinderlied“, welches von Agnetha und TimTom dargeboten wurde allerdings noch getopt wurde. Großartig, vor allem TimTom, der wie ein Derrwisch über die Bühne fegte. Natürlich gab es auch Tanzbares in Form von „Ma baker“ und „All that she wants“, welche die Massen in Bewegung versetzten. Im Zugabenteil gab’s dann „Alter Mann“, das absolut geniale „Kurz und klein“, bei dem 3 alte Orgeln und alles zerhackt wurde, was den Musikern in die Hände kam und die Auswahl, ob man nun noch „Tot“ oder „Fans“ spielen sollte, wobei die Wahl des Publikums auf „Wir werden alle sterben“ fiel. Den Höhepunkt gab es dann allerdings ganz zum Schluss, als alle Teilnehmer an diesem komplett genialen Abend auf die Bühne kamen und Stumpen bei „Warum“ unterstützen. Ein Wahnsinnssong, eine Gänsehaut erregende Atmosphäre, eine Feuerspuckerin und die Unterstützung der Geigen und Blechbläser machten diesen Song tatsächlich zur Krönung des gesamten, fast vierstündigen Spektakels bei dem sich auf dem Nachhauseweg alle einig waren: Das war legendär und sollte bis an alle Ewigkeit einzigartig bleiben.
Ein großer Dank an alle Beteiligten für einen sensationellen und unvergesslichen Abend, von dem wir noch lange schwärmen werden.