ANDROMEDA | DAMNATION ANGELS | UNTIL RAIN
29.11.2013 - Wien @ Replugged
Wie mittlerweile in Wien üblich, ist es einmal mehr den Herren von Conxious zu verdanken, dass der Prog-Gemeinde ein Leckerbissen der besonderen Art aufgetischt wird. Doch im Gegensatz zu diversesten anderen „Feinschmecker-Abenden“ können die Herrschaften heute nicht zur Tat schreiten, da ihr Sänger Michael Reiter krankheitsbedingt nicht dazu im Stande ist.
Daher von mir nachträglich gute Besserung an den Kollegen und selbstverständlich einmal mehr auch besonderer Dank an diese Band, die es nicht scheut auch kleinere Brocken aus dem Prog-Universum nach Wien zu lotsen, selbst wenn man sich als Veranstalter damit begnügen muss ab und an auch mal eher mäßig gefüllte Clubs verbuchen zu können, wie in diesem Fall.
Doch die spärliche Kulisse an diesem Abend tut weder der Stimmung bei den Anwesenden einen Abbruch, noch ist es den Bands selbst anzumerken, dass doch nur eher bescheidener Publikumszustrom zu verzeichnen ist. Im Gegenteil, wie schon die als Opener fungierenden und zum Zeitpunkt meines Eintreffens im „Replugged“ bereits fast schon am Ende ihres Auftritts angelangten Griechen Until Rain beweisen. Die Burschen sind nämlich mit Feuereifer bei der Sache und wissen die Zuseher mit ihren zugleich kraftvollen wie melodiösen Kompositionen zu erfreuen. Die Truppe aus Thessaloniki agiert zudem überaus motiviert und gibt Gas, als ob ihnen mehrere tausend Fans zujubeln würden. Angeführt vom blendend aufgelegten und offenbar in bester Verfassung befindlichen Yannis Papadopoulos (der übrigens auch bei Wardrum mit von der Part(y)ie ist, die in diesen Tagen ihr brandneues Gerät “Messenger“ auflegen) - am Mikro - der sich ganz offenkundig an Russell Allen orientiert, wie man bei dieser Band generell eine stilistische Nähe zu den älteren Symphony X vernehmen kann - legen sich die Hellenen bis zum Finale, in dem man das Prog-Bömbchen “My Own Blood" serviert, ordentlich in Zeug und können sich in Wien jede Menge neuer Fans erspielen. Kein Wunder also, dass trotz des nur geringen Zuseherzuspruchs das aktuelle Album “Anthem To Creation“ beim Merch-Stand kurz danach ausverkauft ist und interessierten Zeitgenossen nur noch auf Bestellung zugeschickt werden kann.
Mit deutlich symphonischeren Klängen wird der Abend dann fortgesetzt, wobei es zunächst ein etwas eigenartiges Bild macht, dass die aus dem UK stammenden Burschen von Damnation Angels lediglich in Quartett-Stärke auftreten und trotz der Absenz eines Keyboarders jede Menge Sounds (und zwar weit mehr als bloße „Hintergrunduntermalung“, wie man es von einem programmierten Keyboard in der vom Publikum aus gesehenen linken Bühnennecke eventuell annehmen könnte) zu bieten haben, die sie für ihr Gesamtklangbild benötigen. Des Rätsels Lösung ist jedoch simpel wie logisch: Die vom norwegischen Charismatiker „Pellek“ (dessen Solo-Scheibletten ebenso feil geboten werden, wie selbstredend auch das aktuelle Album der Band) angeführte Formation hat momentan keinen Tastendrücker im Line-Up und auch keinen ausreichend kompetenten Musiker für diese Tournee finden können, weshalb man sich dieses technischen „Kunstgriffes“ bedienen muss.
Der Spielfreude tut dies allerdings keinen Abbruch, denn allen voran der bärtige Bassist Stephen Averill und sein Kollege Will Graney an der Sechssaitigen posen wie die Weltmeister und wissen den Songs, die allesamt vom erwähnten, im letzten Jahr aufgelegten Dreher “Bringer Of Light“ stammen, Leben einzuhauchen. Da ein Teil der symphonischen Orchestrierungen aus der „Dose“ einen Hauch orientalische Melodik versprühen, ist die Frage eines der Anwesenden, der mit dieser Band noch nicht vertraut ist, ob die Burschen denn etwa aus dem Südosten Europas stammen würden, durchaus berechtigt, zumal auch „Pellek“ mitunter elegante Bewegungen an den Tag legt die auch einer Bauchtänzerin gerecht werden. Abgesehen von technisch notwendigen „Begleitumständen“ kann man also durchaus von einem gelungenen Auftritt sprechen, wobei sich auch diese Jungs als überaus sympathische Zeitgenossen erweisen und sich sofort nach dem Ende ihres Sets in die Menge schmeißen um für diverseste Anliegen bereitzustehen.
Nicht zuletzt dadurch lässt sich nebenbei feststellen, dass auf Grund der multi-nationalen Zusammenstellung dieses Tour-Packages ein interessantes Sprachgewirr zu vernehmen ist, das mitunter für verwirrte Gesichter bei Befragten, aber auch für Schmunzeln beim Zuhören sorgt. Doch trotz dieses vermeintlichen „Handicaps“ ist die anwesende Gemeinde vereint und zwar auf Grund der dargebotenen Musik, die sich einmal mehr als „über allen Dingen“ stehend entpuppt und dafür sorgt, das in weiterer Folge Griechen, Briten (inklusive deren norwegischem „Legionär“) und Österreicher dem Auftritt der Schweden Andromeda entgegenfiebern. Ihrem Namen von Anfang gewissermaßen schuldend, verzaubern die Herren rund um den Saiten-Virtuosen Johan Reinholdz binnen weniger Minuten die Zuseher und man hat tatsächlich den Eindruck im fernen „Andromeda-Nebel“ oder ähnlichen Sphären zu schweben. Aber nicht nur der Saitendehner erweist sich als Filigrantechniker vor dem Herrn, auch sein Sidekick Linus Abrahamson am Bass steht ihm nicht viel nach und gibt allein durch sein achtsaitiges Instrument optisch einiges her. Noch essentieller allerdings ist sein Spiel, wobei die Grooves von elegant bis mächtig reichen und diese wie auch das Geflecht an Rhythmusteppichen, das er zusammen mit seinem Kollegen hinter dem Drumkit ausrollt, viel zur Wirkung der Kompositionen beitragen. Wer mit dem Material der Band vertraut ist, weiß ohnehin, dass man von zurückhaltend über verspielt bis hin zu heftig eine stattliche Bandbreite an Klängen geboten bekommt, da die Schweden jedoch live durchwegs amtlich zur Sache geht, wirkt die Chose in Summe auf der Bühne trotz zahlreicher filigraner Einsprengsel sogar noch ein wenig kompakter.
Doch nicht nur als Musiker, auch bei der Auswahl der Songs präsentiert sich die Band als erfahren und weiß wie man sich Freunde macht. So erhalten selbst bis dato „unbescholtene“ Zeitgenossen einen guten Überblick über das Schaffen, präsentiert die Formation doch Tracks von sämtlichen Alben. Als besonderes Leckerli erweist sich meiner Meinung nach das vom 2001er Debüt “Extensions Of The Wish“ stammende “In The Deepest of Waters“, dessen üppiger Instrumentalteil reichlich Platz für Improvisationen zulässt, der von den Musiker auch genutzt wird und man sich als Zuhörer mitunter in fast schon jazzigen Sphären wähnt. Im Verlauf derer scheint wohl nicht nur mir auf Grund der mitzuverfolgenden Feinmotorik und Spieltechnik die Kinnlade gen Grundwasser klappen, den man hört aus dem Auditorium keinen Mucks, sondern spendet erst danach einhellig kräftig Applaus um erneut auf „Rock-Modus“ umzuschalten. Ideal, denn auch Andromeda verstehen es geschickt immer wieder den Weg zurück zu finden und verstricken sich niemals zu sehr in filigranen Technik-Darbietungen, sondern kredenzen stattdessen sowohl für durchaus kraftvolle Prog Power-Granaten wie auch für akuten „Bang-Alarm“. Aber auch für pure Gänsehaut und Melancholie wist gesorgt, wie beispielsweise mit “Survival of the Richest“, einem der präsentierten Auszüge des immer noch aktuellen Drehers “Manifest Tyranny“.
Den Einsatz der Band - die in Frontmann David Fremberg zudem über einen zwar zunächst etwas schüchtern wirkenden, im Verlauf der Spielzeit aber immer mehr aus sich herausgehenden und stimmlich über jeden Zweifel erhabenen Sänger verfügt - weiß das Publikum bis zum Ende hin zu honorieren und so dürfen ANDROMEDA diesen Wien-Abstecher trotz beschaulicher Kulisse als vollen Erfolg verbuchen, wie sich das Publikum seinerseits einig ist, dass man diese Band immer wieder gerne in Empfang nehmen wird. Cooler Abend, Danke!