ANTHRAX | THE RAVEN AGE

07.03.2017 - Hamburg @ Docks

Nachdem Anthrax angekündigt hatten, auf ihrer 2017er „Among the Kings-Tour“ das gesamte „Among the Living“-Album am Stück durch zuspielen, hat es etwa die Zeitspanne eines Usain-Bolt-100m-Laufes gedauert, mir Tickets für dieses Event zu sichern. Die vielleicht letzte Chance, völlig unterbewertete Perlen wie „A.D.I./Horror Of It All“, „Imitation of Live“ oder „A Skeleton In The Closet“ nochmals live zu erleben, wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen. Und sowieso: „Among the Living“ ist für mich (neben dem kongenialen Vorgänger „Spreading the Disease“) das absolute Highlight im Schaffen der New Yorker Thrash-Könige und steht in meiner ewigen Alben-Top-25 ganz weit oben!

Doch dann gleich der erste Aufreger: The Raven Age als Vorband! Vielen wird dieser Name nichts sagen und grundsätzlich ist es natürlich auch völlig legitim, einer relativ unbekannten Band den Platz im Vorprogramm zu gewähren. Doch im Falle von TRA verhält es sich folgendermaßen: Iron Maiden nehmen seit vielen Jahren die Bands ihrer Sprösslinge mit auf Welttournee und gewähren so Bands wie „Lauren Harris“, „Rise to Remain“ oder eben o.g. die Chance, auf den größten Festivals dieses Planeten zu unverschämt guten Zeiten spielen zu dürfen. Natürlich immer vor mindestens 20.000 Zuhörern. Dieses kann ich aus Sicht der Maiden-Väter zwar verstehen, aber letztlich nicht akzeptieren: Es ist ein Schlag ins Gesicht aller Bands, die keine reichen oder einflussreichen Väter haben! Wenn es jetzt jedoch soweit kommt, dass diese „Sprösslings-Bands" quasi als „Zahlungsmittel“ verschachert werden („Anthrax dürfen im Vorprogramm von Maiden spielen- dafür nehmen Anthrax dann eine der Kinderbands auf der nächsten Tour als Support“) kommt mir die Galle hoch! Allein in Deutschland fallen mir aktuell mindestens 50 gute Nachwuchs-Thrash-Kombos ein, die viel besser ins Programm gepasst hätten. Für diese Bands wäre es zudem das absolut Größte gewesen, für eine „Big-Four“-Band zu eröffnen! Schade, so etwas macht mir als Fan leider immer wieder deutlich, dass es auch hier letztlich nur ums Geschäft geht…

Nun denn: Als hätten Anthrax noch vor Tour-Beginn bemerkt, dass sie hier großen Bockmist verzapft haben, ziehen sie schnell ein weiteres Ass aus dem Ärmel: Die eine Konzerthälfte besteht ja bekanntlich aus dem 1987 Überalbum, über die zweite dürfen die Fans via Band-Homepage abstimmen! Nun kann ja in Punkto Hauptband eigentlich nichts mehr schief gehen…(Denkste Puppe!)

Das Konzert findet im traditionsreichen „Docks“ statt. Die Halle ist ab 19.30 Uhr mit ca. 700 Zuhörern gut gefüllt, mehr kommen aber leider auch nicht und ausverkauft ist das Konzert somit bei weitem nicht. Mag am Dienstagabend liegen, vielleicht auch an Anthrax, ganz sicher aber zieht die Vorband heute auch keine zusätzlichen Leute: Ich muss meinen einleitenden Worten hier keinen Nachdruck verleihen, aber für The Raven Age interessiert sich hier heute kein Mensch. Um 20 Uhr sind die aber schon durch und das ist das einzig Positive, dass ich dieser Band heute abgewinnen kann.

Nach halbstündiger Umbauphase geht`s endlich los. Und wie: Anthrax starten direkt mit „Among the Living“ und jeder Anwesende weiß, dass die kommenden 50 Minuten eine Zeitreise darstellen werden, die den Fans garantiert mehr abverlangen wird, als der Band: Bereits im Schlussrefrain des Titelsongs brüllen 700 Kehlen mit erhobenen Fäusten lautstark „Among!!!“, um sich bereits wenige Sekunden später bei „Caught in a Mosh“ im fetten Moshpit wieder zu finden. Die Band wirkt gut gelaunt, super eingespielt und der Sound ist absolut erste Sahne (für alle Nörgler und Nerds nochmal: erste Sahne!). Amüsant finde ich es zudem, dass nach all dem Sänger-Hickhack der letzten Jahre insbesondere Joey Belladonna die größte Spielfreude versprüht und zusammen mit Sporty Spice Frank Bello die Bühne im Minutentakt abspurtet! Auch Scott Ian mosht wie vor 30 Jahren und interagiert durchaus sympathisch mit dem Publikum. Dann fällt mir allerdings auf, dass die Schießbude erneut von Jon Dette befeuert wird. Trotz dessen überragenden Drummings frage ich mich wirklich, welche Rolle eigentlich Charlie Benante in dieser Band noch spielt! Hat er mit seinem Kaffee-Vertrieb zu viel um die Ohren? Oder schlicht kein Bock mehr auf`s Touren? Ich find`s Mist! Während ich mich ärgere, geht`s bei Anthrax mit One World weiter. One World? Hab ich gerade was verpasst? Der Song steht doch auf dem Album erst an Platz 7. Na super: Die Tracklist wird heute Abend munter durcheinander gewürfelt. Was soll denn der Quatsch!?! „Among the Living“ ist ein Klassiker- mit allen Facetten wie Songs, Cover, Lyrics und auch der Tracklist! Kann man ändern- ist dann aber halt Scheiße!

So sei es, weiter geht`s mit Spaß haben: Bei den überaus korrekten Bierpreisen werden die beiden Ärgernisse schnell weggespült, ab vor die Bühne und Wardance: Zu den folgenden Oberkrachern muss ich nicht viele Worte verlieren: „Indians“, „I am the Law“, „N.F.L.“, etc. sprechen für sich. Nach dem genialen "Imitation of Live" ist klar, dass das erste Set durch ist. Was für ein geiles Konzert bis jetzt!!! Kommt jetzt der „By Request“ Teil?

Nein! Diese tolle Ankündigung entpuppt sich zumindest heute Abend als heiße Luft: Von den 10 ersten Songs der Abstimmung spielen Anthrax lediglich „Madhouse“ und „Antisocial“, aber diese beiden Songs werden eh immer gespielt. Dazu dann noch „Fight Em Till You Can“, „Breath Lightning“ und „Blood Eagle Wings“. Das war`s dann! Einige Tage vorher waren noch Songs wie „Be All, End All“, „Medusa“ und „A.I.R.“ im Set! So gerne ich die neuen Anthrax Songs höre, dieses ist eine Total-Verarschung! Und lässt neben einer total geilen ersten Konzerthälfte leider ein ganz mieses Gefühl bei mir zurück. Schade.

Abschließend sei gesagt, dass es toll war, Anthrax endlich mal wieder als Hauptband zu Gesicht zu bekommen. In den vergangenen Jahren waren die Mosh-Kings als Supportact und auf Festivals zwar nahezu überpräsent, durften hier aber oftmals nicht viel mehr als 6-7 Lieder zum Besten geben. Mit insgesamt 11 Klassikern im Gepäck darf man sicherlich auch ein paar neue Songs präsentieren. Aber Vorband, By-Request-Gelaber, Charlies erneute Abwesenheit und Merch-Preise (70€ für einen Hoodie, 35€ für ein Shirt) lassen mich an der Authentizität und Fan-Nähe der Band mittlerweile endgültig zweifeln...

Setlist:
01. Among the Living
02. Caught in a Mosh
03. One World
04. I Am The Law
05. A Skeleton In The Closet
06. N.F.L.
07. ADI/Horror of It All
08. Indians
09. Imitation of Live
10. Fight em till you can
11. Breath Lightning
12. Madhouse
13. Blood Eagle Wings
14. Antisocial

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