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NILE – The Underworld awaits us all (2024)
(9.058) Patrick (8,0/10) Death Metal
Label: Napalm Records
VÖ: 23.08.2024
Stil: Death Metal
Es gab mal eine Zeit, da haben mich die Ägyptologen von NILE völlig abholen können. Mein Erstkontakt mit der Band war dementsprechend das Überalbum „Black Seeds Of Vengeance“ aus dem Jahre 2000 und gerade diese atmosphärische Dichte und diese seltsam mystische Epik, suchten im Death Metal seinesgleichen und konnten mich, trotz der technischen Frickeleien und der ausufernden und ständig vorherrschenden Brutalität total überzeugen.
Nun…..seitdem sind gut 24 Jahre vergangen, in denen NILE noch ein paar grandiose Alben folgen ließen, aber letztendlich schraubten die Jungs systematisch ihre orientalische Breitwandepik immer weiter zurück, legten dafür eine riesige Schippe unbarmherziger Aggressivität mit in den Sound und verloren sich damit im Allgemeinen leider immer mehr in technischer Finesse und frickeligem Gehacke.
Das Bandleader Karl Sanders einen wahren Gott an der Gitarre darstellt und Langzeitdrummer George Kollias (seit 2004 dabei) scheinbar über unzählige Tentakel anstelle von menschlichen Extremitäten zu verfügen scheint ist schon lange kein Geheimnis mehr und somit muss die Band wirklich niemanden mehr von ihrem Können überzeugen und dennoch wird genau diese Komponente zu Lasten der Atmosphäre immer weiter in den Vordergrund gerückt.
Was hier jetzt erstmal sehr negativ klingt, ist letztendlich gar nicht so schlimm, denn auch wenn einige Scheiben der Herren aus Chicago nicht ganz meinen Nerv getroffen haben, so muss man der Band durchaus attestieren, eine absolute Eigenständigkeit in der Szene zu besitzen und stets auf allerhöchstem Niveau zu musizieren. Nur eben oftmals auch genauso vorhersehbar und stellenweise versinken die Kompositionen in Bereichen nahe der Belanglosigkeit.
Nun kommen die mumifizierten Totenpriester mit Album Nummer 10 um die Ecke und ich muss zugeben, dass ich auch hier anfangs arge Probleme hatte, in die Scheibe reinzukommen. Ohne Intro oder sonstigem Schnickschnack rotzen NILE mit „Stelae Of Vultures“ los und entfesseln ein gewohntes Inferno aus Blastbeats und wirren Riffetzen. Das folgende „Chapter For Not Being Hung Upside Down On A Stake In The Underworld And Made To Eat Feces By The Four Apes“, sowie der kürzeste und leicht schwarzmetallisch angehauchte Albumtrack „To Strike With Secret Fang“ rauschen ebenfalls in absoluter Hochgeschwindigkeit durch die Gehörgänge und hinterlassen dort leider nicht viel mehr, außer dem nötigen Respekt ob der Fähigkeiten der aufspielenden Musiker.
Soweit, so unspektakulär……..Schade…...wieder nur abartiges Griffbrettgewixe und höllisches Drumming! Aber halt……..was passiert denn nun? In dem Moment, als sich meine Aufmerksamkeitsspanne bereits von mir verabschieden wollte, wurde ich hellhörig. Kurz nach Beginn des 4. Songs „Naqada II Enter The Golden Age“ ertappe ich mich dabei, sowas wie Songstrukturen zu erkennen. Wow, endlich mal wieder ein relativ eindringliches Riffing, Elemente, die im Kopf hängen bleiben und ein Songende, welches auch diversen Death/Thrash Kapellen sehr gut zu Gesicht stehen würde. Na also…..geht doch! Und es sollte wahrlich noch viel mehr gehen…...„The Pentagrammathion Of Nephren-Ka“ ist eines dieser typischen, orientalischen NILE-Intros und leitet direkt in den nächsten Kracher „Overlords Of The Black Earth“, welcher sich ebenfalls mit einigen Widerhaken im Gehörgang festkrallen kann und mit geheimnisvollem Chorgesang zu überzeugen weiß.
Wow…...jetzt bin ich dabei…….die Ohren sind gespitzt und hoffentlich geht es so weiter! Und bei den Göttern…….wie es das tut! „Under The Curse Of The One God“ hinterlässt weitere Spuren im Hörzentrum, spielt wieder mit diversen Chören und glänzt mit einem perfekt platzierten Schlussakt, der typischer nicht sein könnte und alte Zeiten wach werden lässt. Fast doomig zäh beginnt „Doctrine Of The Last Things“, doch dieser Aggregatszustand hält nicht sonderlich lange an, denn der trommelnde Oktopus erhöht die Schlagzahl in schwindelerregende Dimensionen. Dazu gesellen sich abermals Chorale Elemente, bevor der Song wieder in eine alles zermalmende Walze herunterbricht und alles vernichtet, was ihm im Weg steht.
Mittlerweile bin ich schwer begeistert von dem bisher Gehörtem, doch wer jetzt denkt, es geht nicht besser, der hat die Rechnung ohne die beiden letzten Songs gemacht, bevor ein wunderschönes Instrumental die Platte zu Ihrem Ende bringt. Wieder etwas langsamer unterwegs, erhebt sich das völlig grandiose „True Gods Of The Desert“. Was für ein Song! Was für ein Refrain, der wieder einmal von fantastischen Klargesängen dargeboten wird. Wann waren NILE das letzte Mal so (in ihrem Rahmen) eingängig unterwegs? Richtig…...schon ewig nicht mehr! Zum Schluss erwartet den Hörer noch der gnadenlos geile Titeltrack, bei dem die Herren nochmal all ihre Stärken bündeln und eine überaus beeindruckende Hymne vom Zaum lassen.
Der Sound ist rundum fett und klar, das Gespann aus drei Gitarristen und vier Sängern fügt sich nahezu perfekt in den Sound und sorgt für die nötige Abwechslung. Nach dem recht schwachen Albumeinstieg bleibt mir nur zu sagen, dass „The Underworld Awaits Us All“ mit zunehmender Spielzeit immer besser wird und in einem wahrhaft großartigen Finale gipfelt!
Wenn doch nur die ersten drei Song ebenfalls dieses unfassbar hohe Niveau halten könnten, wir hätten es endlich mal wieder mit einem echten Klassiker aus dem Hause NILE zu tun! So reicht es leider „nur“ für ein verdammt starkes Death Metal Album! Trotzdem unbedingt anchecken!
Anspieltipps: “Dead The World” und „Meaningless”
TRACKLIST
- Stelae Of Vultures
- Chapter for Not Being Hung Upside Down on a Stake in the Underworld and Made to Eat Feces by the Four Apes
- To Strike With Secret Fang
- Naqada II Enter The Golden Age
- The Pentagrammathion Of Nephren-Ka
- Overlords Of The Black Earth
- Under The Curse Of The One God
- Doctrine Of Last Things
- True Gods Of The Desert
- The Underworld Awaits Us All
- Lament For The Destruction Of Time