WARDRUNA – Birna (2025)
(9.301) Patrick (8,0/10) Folk / Ambient
Label: Indie Recordings
VÖ: 17.01.2025
Stil: Folk / Ambient
Als der ehemalige Schlagzeuger von GORGOROTH (2000 bis 2004), Einar Selvik, damals im Jahre 2009 mit „Runaljod - Gap Var Ginnunga“, seines Projektes WARDRUNA um die Ecke kam, war ich von schlichter Begeisterung übermannt. Für mich war diese Art Musik, abgesehen von HAGALAZ‘ RUNEDANCE etwas völlig Neues und ich konnte mich in den überaus gefühlvollen Kompositionen so abgrundtief fallen lassen. Das war Musik zum Verinnerlichen, Musik zum Spüren und zum Genießen, kurz……ich war restlos begeistert!
Nun, gute 16 Jahre später hat sich so einiges im Hause WARDRUNA getan. Die Band gilt lange nicht mehr als Geheimtipp, ist fast schon „gesellschaftsfähig“ im Mainstream angekommen, mittlerweile schwer erfolgreich geworden und dementsprechend spielt die Kapelle in relativ großen Hallen vor gemischtem Publikum. Ganz nebenbei durfte der gute Einar auch noch am Soundtrack der Erfolgsserie VIKINGS mitwirken, was sich sicherlich auch nicht schlecht macht im Lebenslauf. Es läuft also relativ gut für die kleine norwegische Folkcombo und mit „Birna“ steht nun bereits das 6. Album in den Startlöchern.
Die Zutaten, welche ein WARDRUNA Album ausmachen sind auch auf „Birna“ weitestgehend die gleichen wie zuvor und so bleibt prinzipiell festzuhalten, dass auf der musikalischen Seite des neuen Albums keine besonders aufsehenerregenden Änderungen zu erwarten sind. Die Band bewegt sich nach wie vor in der Sparte des nordischen Folks und weiß auch hier wieder mit einigen großartigen Kompositionen zu überzeugen. Ein paar detailintensive Stellschrauben wurden dennoch etwas fester angezogen und so wurde der auf „Kvitravn“ (2021) bereits eingeschlagene Weg nun rigoros fortgeführt. Im Endeffekt bedeutet das lediglich, dass die gebotenen Klanglandschaften in ihrem recht eng gesteckten Rahmen, ziemlich pompös und ausufernd rüberkommen und noch mehr als je zuvor an eine Art Soundtrack erinnern. Diese Entwicklung, mit den allseits bekannten Ingredienzien, immer prächtigere und teilweise sogar etwas überladene und völlig bombastische Songs zu schreiben, entspricht nicht ganz meinem persönlichen Gusto, denn hierbei geht ein wenig das Gefühl im Klangkosmos von WARDRUNA flöten und genau diese Tatsache schmeckt zumindest mir nicht immer.
Mit mehreren Herzschlägen startet der Opener „Hertan“ in die Schlacht, bevor der Meister die Stimme selbst erhebt und ein paar Zeilen in einer beinahe rituellen Zeremonie rezitiert. Danach geht alles sehr schnell. Treibende Percussion und Maultrommeln gesellen sich zu den typischen traditionellen Folkinstrumenten und schlussendlich wird der Eröffnungstrack von diversen, fast schamanenhaften Gesängen dominiert. Ein sehr opulenter, atmosphärisch dichter und vor allem, recht lauter Einstieg ins Album. Das nun folgende und titelgebende „Birna“ beginnt da schon etwas verhaltener und weitaus ruhiger. Leichte Percussion und fremdartig anmutende Frauengesänge entführen den Hörer in eine Welt, fernab der Unseren, was unweigerlich zu einer Bilderprojektion vor dem inneren Auge führt und den Hörer somit komplett vereinnahmt. Eine Kunst, die nicht viele Bands für sich beanspruchen können. DAS ist einer dieser typischen, gänsehauterzeugenden Mega Songs dieser außergewöhnlichen Band! Prinzipiell können diese beiden Songs stellvertretend für das Album gesehen werden, denn in dieser Mischung aus Bombast und etwas reduzierteren Stücken leiten uns WARDRUNA durch die 10 Songs des neuen Albums.
Am ungewöhnlichsten gestaltet sich wohl der mit über 15 Minuten dauernde Mamuttrack „Dvaledraumar“, der aber über die gesamte Spielzeit relativ ruhig und behäbig und somit auch recht unauffällig aus den Boxen wabert. Wenn man sich aber auf das Gebotene einlässt und den Song unter guten Kopfhörern genießt, kann man durchaus in eine leicht meditative Stimmung verfallen, was wiederum zu einem rundum vollendeten Hörgenuss inkl. cineastischer Privatvorstellung führt.
Überhaupt schafft es Mastermind Einar Selvik und seine Sangesdame Linda-Fay-Hella ja immer wieder, beim Hörer diese seltsam kraftvolle und bildliche Gemütslage erzeugen, welche auf eindrucksvolle Art und Weise Bilder hinters innere Auge zu projizieren vermag, für die sich die begleitende Musik als perfekter Soundtrack entpuppt und genau hier liegt…….wie oben bereits erwähnt…….wohl auch der größte Kritikpunkt an „Birna“. Das ganze Album wirkt aufgrund seiner ausufernden Opulenz wie ein flächendeckender Soundtrack und lässt mir den ein oder anderen gefühlvollen Moment vermissen, der auf früheren Veröffentlichungen definitiv vorhanden war. Das ist im Grunde keinesfalls schlecht und manch einer wird genau diese Entwicklung sogar gutheißen, aber ich vermisse schon irgendwo die eher „kleineren“, gefühlsbetonten und rituell beeinflussten Kompositionen die z.B. die „RunaljodTrilogie“ ausgemacht haben. Außerdem fehlt mir diesmal……bis auf „Lyfjaberg“…..der ein oder andere Hit, dessen Melodie mir nicht mehr aus dem Kopf weichen möchte.
Ich bin jedenfalls sehr gespannt, wohin die Reise mit WARDRUNA noch gehen wird, denn so langsam machen sich (für mich) ein paar kleine Abnutzungserscheinungen breit. Diese sind noch nicht riesig und zurzeit in keinerlei Weise als gefährlich einzustufen, aber so langsam sollten WARDRUNA das Ruder mal wieder in frischere, vielleicht in etwas einfachere und eingängigere Bahnen lenken.
Anspieltipps: “Birna” und „Lyfjaberg ”
Bewertung: 8,0 von 10 Punkten
TRACKLIST
- Hertan
- Birna
- Ljos Til Jord
- Dvaledraumar
- Jord Til Ljos
- Himinndotter
- Hibjornen
- Skuggehesten
- Tretale
- Lyfjaberg