Label: Independent
VÖ: 16.10.2018
Stil: Post-Black Metal, Atmospheric Black Metal, Depressive Black Metal
Könnt Ihr Euch vorstellen, wenn man in einer gewissen Stimmung nach einer (alten bekannten) Band sucht, Google anwirft, dann auf eine andere Truppe stößt, deren Name lediglich ein „t“ mehr beinhaltet, dann weil das Cover gefällt, einfach mal rein hört und die komplette Scheibe einen einfängt und total berührt? Genauso ist es mir passiert und ich möchte Euch daran teilhaben lassen. Selten hat eine mir bis dato völlig unbekannte Band mich so in Ihren Bann gezogen, wie die Österreicher Weltenbrandt.
Weltenbrandt wurde von Bernhard Zieher als Projekt gegründet und veröffentlichten am 16.10.2018 ihre Debüt-EP „Schöpfung“. Auf der knapp 28-minütigen EP sind 7 Songs enthalten, deren Stil man als vielschichtigen Black Metal bezeichnen kann (Post-Black Metal, Atmospheric Black Metal, Depressive Black Metal), wobei bei mir bei Post Black Metal doch manchmal schon die Alarmglocken läuten und mir Böses schwant (gibt es ja arg komische Konstellationen in diesem Stil), aber das erste Hören war völlig unvoreingenommen und ich sofort im Bann.
Melancholisch mit einem Klavier startend, beginnt „Etyma“ und eröffnet „Schöpfung“. Als dann die anderen Instrumente dazu stoßen und der Gesang einsetzt, bekomme ich zum ersten Mal Gänsehaut – „Das Schicksal füllt die Träume in die Särge des Gedeih’s und im Anblick jenes Hoffnungsgrabes formt die Welt die Scherben neu“ – nach 2:42 Min unterbricht kurz das Klavier die (Klang)Wand, bevor zum Ende wieder Gänsehaut vorprogrammiert ist. Ein sehr starker Einstieg. „Lichtscherben“ steht dem in Nichts nach, die Gitarren bauen in Verbindung mit den Vocals eine Atmosphäre auf, in der man sich verlieren kann, die deutschen Lyrics (alle Texte auf „Schöpfung“ sind auf Deutsch, jedoch alles andere als plump, lest auch mal rein). „Lichtscherben“ setzt dem Opener „Etyma“ noch eine Stufe drauf, hört selbst, denn auch hier passt einfach nahezu alles. Bei „Martyrium“ wird in die gleiche Kerbe geschlagen, auch wenn sich die Stimmung nicht allzu sehr ändert, wird es hier noch getragener, noch epischer – ein Titel der Vergänglichkeit, der aber alles andere als vergänglich ist, meine Blicke wandern in den Nachthimmel und ich genieße einfach nur noch, ein heftiges Gefühlpotpourri , was dieser Song in mir erzeugt bzw verstärkt, Schmerz, Melancholie, Trauer und im gleichen Moment auch die eigene Begeisterung für das hier Erschaffene.
Das erste von zwei Instrumentalstücken ist „Wasser zum Bach“ und ja, was soll ich sagen, es teilt die EP und man kann kurz noch tiefer versinken, wohin? In die eigenen Gedanken, in das Gefühl der oben besagten Stimmung, ich für meinen Teil werde nachdenklich und fühle mich berührt und höre dieses Stück immer und immer wieder, bevor ich mich dem nächsten Song widmen kann, so sehr vereinnahmt mich „Wasser zum Bach“ und das tut es auch heute noch, Wochen nach dem ersten Hören, und ich halte Inne, sobald die Töne dieses Liedes aus den Boxen kommen. „Gedankenbilder“ vermag im ersten Augenblick störend diese gerade erschaffene Ruhe zerbersten lassen, ist aber auch logische musikalische Konsequenz – ein Zitat aus dem Text, der die Stimmung des Songs wunderbar einfängt: „Traumessterben möcht erglühen, an Sternenhagel möchte erglühen,…“. „Himmelsglut“ ist das zweite Instrumental der EP und hier beweisen Weltenbrandt, wie gut die eigene Musik auch ohne Text wirken kann, man erwartet zu jederzeit, dass jetzt der Gesang einsetzt, doch genau immer wieder in diesem Erwartungsmoment, erfolgt etwas Anderes an den Instrumenten und man hört gespannt den Tönen und vor allem auch dem Aufbau zu – ein Song, der es auch ohne Lyrics schafft, nicht wie ein bloßes Instrumental zu wirken.
Der etwas flottere „Unterwerfung“ ist dann der siebente und letzte Titel auf „Schöpfung“ und spätestens sollte man das Zopfgummi herausnehmen und die Matte kreisen lassen. selbst die Growls passen wunderbar ins Bild. Auch diesen Song schließe ich mit einem Text-Zitat: „Ich bin die Leere aller Worte, bin das Nichts in jedem Sein, bin der Abgrund aller Spiegel und der Trug in jedem Psalm.“
„Schöpfung“ von Weltenbrandt hat mich genau im richtigen Moment zum richtigen Zeitpunkt getroffen & berührt und das völlig unerwartet und ohne Vorwarnung. War/bin ich in der richtigen Stimmung, war es die momentane Verfassung? Ich kann es kaum beschreiben. Fakt ist, der Österreicher Bernhard Zieher hat mit seinem Soloprojekt Weltenbrandt und der EP „Schöpfung“ ein großartiges Debüt abgeliefert. Atmosphäre, Stimmung, Arrangements und Sound passen wunderbar und wissen zu begeistern. Auch wenn man deutschen Texten gegenüber immer kritisch gegenübersteht, ist es hier absolut gelungen, mit den Lyrics eine gewisse Stimmung erzeugen, selbst wenn man diese nur liest. Man könnten fast meinen, Musik und Texte können auch getrennt voneinander funktionieren – brauchen sie aber nicht.
Anspieltipps: „Alles“
Bewertung: 9,9 von 10 Punkten
Tracklist:
01. Etyma
02. Lichtscherben
03. Martyrium
04. Wasser zum Bach (instrumental)
05. Gedankenbilder
06. Himmelsglut (instrumental)
07. Unterwerfung