Alben des Jahres 2023

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TAG 3-AUF SEE


Eine kleine Erklärung zum hier abgebildeten (und leicht schiefen) Banner. Auf dem Boot gab es viele kleine Details, die man erst bei genauem Hinschauen erblickte. Unter anderem wurde an jedem Tag in den Fahrstühlen der korrekte Wochentag eingelegt, was bei schwankendem Gang und dem leicht nach unten gesenkten Blick aufgrund Einnahme diverser bunter Getränke durchaus als Orientierungshilfe seine Daseinsberechtigung hatte. Ich dachte mir, das wäre passend als ebenjenes Banner zu den jeweiligen Tagen. Und bevor Gerüchte aufkommen: Nein, ich hatte KEINEN schiefen Gang, auch lag das Schiff nicht schräg…keine Ahnung, wie das passieren konnte. Mea culpa!

Ich werde in diesem Bericht auch ein paar Setlist veröffentlichen, von denen ich der Meinung bin, dass diese wirklich herausragend waren. Und da ich wirklich ein paar Bands zweimal gesehen habe, gibt es entweder die bessere der beiden, oder sogar beide, den einige der Kapellen hatten sich echt was ausgedacht, um das Metallerherz zu erfreuen. Doch dazu kommen wir ebenfalls im weiteren verlauf dieses Romans.

Auch wenn ich Piet Sielck und Iron Savior durchaus zu schätzen weiß, zog es uns bei der ersten Band in die auf Deck 5 liegende Star Lounge zu Cancer, um sich mit britischem Oldschool Todesblei die erste Sonnencreme vom Leib fleddern zu lassen. Man muss dazu sagen, dass jede Band 2 Sets spielte und ich somit dem Hamburger mit dem wallenden Haupthaar zu einem späteren Zeitpunkt noch sehen würde.

Die Lounge bot einen extrem fetten Sound, litt aber unter dem Umstand, dass die Bühne eine Höhe hatte, an der jeder Hobbit seine helle Freude gehabt hätte. Sprich: Wenn man nicht als Pointguard in der NBA spielt fiel es einem verdammt schwer, die musizierenden Protagonisten in Gänze zu erblicken.

Doch irgendwie war mir das piepegal, ich wollte endlich Livemugge genießen und da boten Cancer einen geilen Querschnitt aus ihren bisherigen Veröffentlichungen. Mit „CFC“ vom legendären „To the glory end“ Scheibchen gab es auch gleich den perfekten Einstieg und das sachkundige und zahlreich anwesende Publikum spendete herzlichen Applaus. John Walker als letztes Gründungsmitglied war lediglich ein wenig kratzig bei Stimme, was vor allem bei den weiteren Klassikern „Into the acid“ und vor allem dem Oberkracher „Death shall rise“ zu hören war. Druff jeschissen, denn mit dem weiteren Highlight „Hung, drawn and quartered“ gab es den perfekten Rausschmeißer und die Gewissheit, dass Cancer einfach nicht totzukriegen sind. Richtig geiler Auftakt!

Natürlich ist es nicht einfach, bei der Masse an Gigs alles zu besuchen, versuchten wir dennoch, so viel wie möglich abzugrasen, was allerdings zur Folge hatte, dass man zwischendurch auch mal ein paar Körner einwerfen musste, um den Rest des Tages angemessen über die Bühne (höhö) zu bekommen. Somit testeten wir erstmals das Buffet im Windjammer aus und stellten fest: Wer hier nichts zum Futtern findet, dem ist nicht mehr zu helfen! Fleisch, Fisch, vegetarisch, vegan, glutenfrei und alles, was es sonst noch für merkwürdige Futteralien gibt sorgten dafür, dass NIEMAND mit Hüngerchen ins Bett muss. Eine wichtige Sache muss hierbei aber noch erwähnt werden.

Im Vorfeld wurde einem vermittelt, dass alle alkoholfreien Getränke im Preis inklusive wären. Dann stellte sich heraus, dass es sich nur um die kohlensäurefreien handelt und auch nur die, die in den Restaurants ausgeschenkt werden. Was macht man da also? Man bucht sich eine Soda Flatrate, die für die Dauer der Cruise ca.52 Dollar kostet und sich tatsächlich lohnt. Da meine Frau radikaler Kaffeejunkie ist, musste sie mit insgesamt 150 Dollar etwas tiefer in die Tasche greifen, bekam aber ALLES was Starbucks im Angebot hat und wer Sabrina kennt wird erahnen, dass sie die Kosten bereits in der Mitte des zweiten Tages locker versoffen hatte. Die Gesamtkosten haben wir Euch unter dem Reiter „Ship happens“ mal so halbwegs aufgelistet, doch nun zurück zur Mucke.

Amberian Dawn wäre definitiv was für unseren „Trälleralsen Maik“ gewesen und war kaum auszuhalten. Deswegen zogen wir es vor, noch ein wenig die mittlerweile weit entfernte Skyline Miamis bei Nacht und ein paar kühle Getränke zu genießen, denn trotz der zu Bett gegangenen Sonne war es immer noch kuschelig warm, womit neben der Musik das Urlaubsfeeling gewährleistet wurde.

Apropos Musik. Gegen 19 Uhr Ortszeit verschlug es uns nun in die beste Location des Bootes, das sogenannte Studio B, oder Ice Rink. Man stelle sich das mal vor, dass auf einem Schiff ein kleines und komplett funktionierendes Eisstadion vorhanden ist, in dem nicht nur genügend Leute reinpassen, sondern auch die Akustik so unfassbar geil ist, dass The Crown ein leichtes Spiel hatten, mich komplett aus meinen noch an den Füßen befindlichen Flip-Flops zu katapultieren. Dementsprechend zog ich es von diesem Moment an vor, barfuß die nächsten Tage zu verbringen. Freiheit für die Füße!

Die Schweden jedenfalls ballerten ein großartiges Set in diese formidable Halle, der schön gemischt eine Reihe mächtiger Hits auf die Meute losließ. Natürlich fehlten ein paar Klassiker, doch jede Band hat ja, wie bereits erwähnt, zwei Sets zur Verfügung, um sämtliche Bedürfnisse zufriedenzustellen. Manche nutzten dies, manche nicht und ich kann Euch jetzt schon versprechen: The Crown nutzten dies, doch dazu später mehr. War auf jeden Fall eine ordentliche Fönung, machte verdammt viel Spaß und auch wenn ich später behauptete, der blaue Fleck auf meinem Bein rührte von Pit her…nee…ich bin über die Treppe gestolpert. Dammich…

Nun hatten wir so richtig Bock auf Evergrey, die ich tatsächlich erst letztes Jahr in mein musikalisches Portfolio aufgenommen habe, hatte ich die Schweden doch jahrelang geflissentlich ignoriert oder für doof erachtet. Doch die letzten Gigs, die ich von Tom Englund und seiner Band erleben durfte, belehrten mich eines Besseren und somit betraten wir das Royal Theater, die dritte Spielstätte an Bord, die mit seinen Dimensionen die größte darstellte. Der Gig war klasse, etwas Überraschungsarm und dennoch hoch kurzweilig. Ich fand allerdings den Gig am Pooldeck zwei Tage später besser und werde mich von daher auch auf diesen konzentrieren. Wir lesen uns also in 48 Stunden wieder.

Nach einem kurzen Besuch bei Cynic im Ice Rink, die ich auch später beim zweiten Set etwas näher beleuchte und der Gewissheit, dass Kamelot nach wie vor einfach nur nervig sind, schlenderten wir noch ein wenig umher, nutzten die Gelegenheit, noch ein wenig durchs Schiff zu stromern und alles zu entdecken.

Letztendlich landeten wir wieder auf unserem geliebten Deck 11 und beobachteten die Technikcrew dabei, wie sie die Poolbühne aufbauten. Nebenbei hielten wir ein paar Schwätze mit der Stagecrew und der Security, die allesamt cool, nett, höflich, zuvorkommend und irgendwie dankbar wirkten, wieder mit von der Partie zu sein. Überhaupt hatte man von Anfang bis Ende immer das Gefühl, Willkommen zu sein. Vom Housekeeping angefangen (MC war eine richtig coole Sau), über jeden Barkeeper/-in bis hin zu jedem fleißigen Bienchen, was um uns herumschwirrte, um uns diesen Aufenthalt so unvergesslich wie möglich zu gestalten.

Ok, einen Ausfall gab es dann doch, als wir im Casino gemütlich einen Drink zu uns nehmen wollten und uns der missmutige Grinch in Kellner Uniform maßregelte, wie wir unsere Getränke gefälligst zu uns nehmen sollten (wieviel Eis bestimme immer noch ich). Was zur Hölle?

Als wir dann da so saßen, bebte der Boden unter unseren Füßen, da in der nicht weit entfernten Star Lounge die italienischen Brutal Deather von Hideous Divinity zum Tanzen aufforderten. Alter Lachs, oder in dem Falle Mamma Mia…die Römer ballerten aus allen Rohren und der Sound krempelte sämtliche Shirts auf links. Und das in einem Areal, wo sich normalerweise betuchte Rentner zum gemeinsamen Hornhausraspeln und Halma spielen treffen. Ja, ich mochte dieses Gedankenspiel außerordentlich. Batushka, in welcher gearteten Form die nun mittlerweile unterwegs sind, schenkten wir uns, da wir ein wenig verschnaufen mussten, da nun ein ganz besonderes Highlight auf dem Programm stand.

Kreator hatten sich im Theater angesagt und bereits im Vorfeld wurde eine Setlist geleakt, bei der ich kaum zu hoffen gewagt hatte, dass diese auch nur im Ansatz stimmen würde. Was glaubt Ihr, wie groß meine Überraschung war, als plötzlich mit dem seit 2005 nicht mehr live gespielten „Ripping corpse“ zur Attacke geblasen wurde? Es gab nicht nur bei mir kein Halten mehr und die Leute rasteten komplett aus! Alles nur Scheiß aus den Jahren 85 bis 90 und mir standen vor (musikalischer) Geilheit alle Armhärchen zu Berge. Hört Euch die Playlist an und Ihr werdet (als alte Thrash Hasen) verstehen, was ich meine.

Bis auf „Carrion“ und „Command of the blade“ das gesamte „Pleasure to kill“ Album…das ich das noch erleben durfte und selbst Ventor durfte bei „Riot of violence“ mal wieder die Stimmbänder in Schwingung versetzen. Alter, das war überwältigend, überragend und Kreator, wie ich sie seit Jahren vermisst hatte. Unfassbar genial!

Trotz der mit einer Engelsgeduld bollernden Klimaanlage war ich klitschnass nach dieser Attacke, die mit zum Besten gehörte, was ich seit Ewigkeiten gesehen hatte. Was gab es da besser zum Runterkommen als die von mir im Vorfeld als völlig deplatziert eingestuften Feuerschwanz, doch ich war überrascht, wie gut die Mittelalter-Rock Truppe beim internationalen Publikum ankam. Allerdings war dies erst ein kleiner Vorgeschmack auf das, was drei Tage später auf dem Pooldeck abgehen sollte.

Danach war musikalisch für mich nichts mehr dabei, was ich auf Poseidon komm raus hätte sehen müssen und somit verschlug es uns, nachdem ich ein weiteres Stück Pizza verdrückt hatte, in unsere Kabine, wohlwissend, dass in den nächsten Tagen noch genügend Bands auf uns warten würden und ich eventuell Verpasstes beim zweiten Set nachholen konnte. Also Klimaanlage etwas gedrosselt, eingekuschelt und ab in Morpheus Arme. Was für ein geiler erster Tag an Bord.


OLAF

Bandbilder: André Schnittker




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