TAG 5.1-DIE BANDS


Nachdem ich nach dem Duschen feststellte, dass meine Sonnencreme-Tube im selben Zustand war, wie als ich sie eingepackt hatte und dementsprechend aussah wie Mr.Crabs, bekam ich einen Schüttelfrost Anfall, der mich erstmal für eine halbe Stunde außer Gefecht setzte. Und ja, ich war froh, dass ich meinen Gutalax Pulli, trotz der vorherigen und sehr positiven Wetteraussichten dennoch eingepackt hatte, denn den brauchte ich heute tatsächlich dringend.

Sabrina jedenfalls hatte Mut zur Hässlichkeit, hatte sie sich auf Bimini doch wohl das schaurigste Hemd aller Zeiten zugelegt, welches sie nun stolz der Weltöffentlichkeit präsentierte. Trotz meines körperlichen Unwohlseins musste ich so herzhaft lachen, dass mir die Tränen kamen. Ja, sie hat definitiv Arsch in der Hose.

So gekleidet ging es dann aufs Pooldeck, wo Evergrey ihr zweites Set spielen sollten und wie ich bereits am ersten Tag angekündigt hatte, konzentriere ich mich auf diesen Gig, der unfassbar stark war und mit einer großen Überraschung aufwarten konnte.

Zuallererst war ich überrascht, dass trotz des Landtages so viele Leute schon wieder vor der Bühne standen, doch scheinbar gab es auch Menschen, die lieber an Bord blieben, als die schöne Insel zu erkunden. Das verstehe wer will, doch darüber wollte ich mir keine Gedanken machen, freute ich mich jetzt doch wieder auf die Schweden, die auch gleich mit dem megastarken „Save us“ einen fulminanten Einstieg fanden.

Der Sound war gigantisch, die Band in Spiellaune und die Setlist war richtig ausgewogen und bot viele Songs aus verschiedenen Schaffensphasen der Proggies. Tom Englund war klasse bei Stimme, obwohl er scheinbar selber an diesem Tag auf Rendezvous Kurs mit der Sonne gewesen zu sein schien, denn auch er leuchtete wie ein Stoppschild.

Dem Gig schien das nicht abträglich zu sein, denn hier passt wirklich alles und als mein derzeitiger Lieblingssong der band, „Midwinter calls“ intoniert wurde, war ich, trotz meines eklatanten Sonnenbrandes, richtig happy und hatte sogar Gänsehaut, was nicht an meinen Verbrennungen lag.

Zum Schluss gab es dann noch die Überraschung, denn zu „In orbit“ gesellte sich Nightwish Sängerin Floor Jansen, die anno 2016 auch auf der Studioversion zu hören war und die Fans rasteten aus. Ich mag die Trällerelse eigentlich nicht, doch das passt und machte diesen Gig zu einem der besten, den ich auf dem Schiff in diesem Jahr gesehen habe.

Nun galt es nur noch irgendwann Evergrey mal abzupassen, damit Sabrina endlich ihr Foto mit ihrer momentanen Lieblingsband bekommen würde.

Nun hieß es aber die Beine in die Hand nehmen, denn ich wollte um keinen Preis der Welt das zweite Set meiner ehemaligen Helden von Vicious Rumors verpassen, die heute im Königlichen Theater die Saiten erklingen lassen sollten.

Ziemlich geschafft von diesem Tag zog ich es vor, erstmal einen gepolsterten Sitz in Beschlag zu nehmen, doch nach dem dritten Song aus dem niemals mehr erreichten, selbstbetitelten dritten Album der US Power Metal Könige musste ich vor die Bühne und da der Andrang sich in Grenzen hielt, konnte ich auf Augenhöhe mit der Band jeden einzelnen Song mitsingen, wohl wissentlich, dass meine Stimme darunter mal wieder leiden würde.

Scheißegal, denn die Songauswahl heute war noch einen Tacken geiler, als zwei Tage zuvor und so gab es sogar den ”Digital dictator " und als Rausschmeißer das von mir so geliebte ”Don’t wait for me", welches ich 1993 im Berliner Quartier Latin zusammen mit dem viel zu früh von uns gegangenen Carl Albert singen durfte. Ihr könnt Euch vorstellen, dass da so manche Träne floss.

Ich war jedenfalls körperlich und auch geistig komplett erledigt und freute mich, nach dem Gig noch eine Weile mit Larry Howe und Geoffrey Thorpe zu reden, der sich sogar an diese Einlage vor 30 Jahren erinnern konnte. Meine Helden so noch einmal zu sehen, nährt in mir die Hoffnung, dass VR mit ihrem neuen und wirklich starken Sänger Ronny Munroe vielleicht an alte Glanzleistungen anknüpfen können. Das würde schwer werden, dies heute noch zu toppen.

Belphegor auf dem Pooldeck waren diesmal besser, als vorher im Theater und auch die Kanadischen Progressiv Power Metaller von Osyron klangen recht angenehm, so dass ich mir gleich nach Rückkehr mal ein paar Songs in meine Playlist gewuchtet habe.

Eshtadur aus Kolumbien hingegen wollten bei mir gar nicht zünden, so dass ich mir ein wenig den zweiten Gig des Uli Jon Roth anschaute, der mich aber beim zweiten Mal nicht so abholte, wie das vorher Gesehene auf dem Pooldeck. Somit beschloss ich, mich auf einer Liege liegend ein wenig auszuruhen, um dann erstaunt festzustellen, dass zum einen Feuerschwanz nicht wie angekündigt zu spielen begannen und die Skyline von Miami plötzlich recht nah am Horizont erschien.

Dafür gab es tatsächlich eine plausible Erklärung, denn auf den Bahamas hatte sich scheinbar einer der Mitreisenden schlechte Drogen geholt und nach Einnahme dieser fiel er bewusstlos um, so dass die Feuerwehr, in dem Falle ein Rettungsschiff aus Miami losgeschickt wurde, um den Patienten von Bord zu holen. Problematisch hierbei: das geht nur in amerikanischen Hoheitsgewässern und da sich das Schiff zu dem Zeitpunkt dort aufhielt, durften die Bands, die kein Arbeitsvisum für die Staaten besaßen, auch nicht auftreten. Ergo verschob sich alles nach hinten, bis die Freedom of the Sea wieder internationale Gewässer erreichte und die Bands weiterspielen konnten. Gerüchten zufolge verstarb der Patient sogar kurze Zeit später in einem Krankenhaus in Miami, was aber von keiner Seite bestätigt werden konnte.

Somit hatte wir tatsächlich die Möglichkeit uns davon zu überzeugen, ob Freedom Call tatsächlich mit diesen hässlichen Shirts auf die Bühne gehen würden, denn der Umstand der amerikanischen Gewässer schien sich nicht bis in die Star Lounge herumgesprochen zu haben. Und ja, sie taten es und waren somit für jeden Fotografen ein Grauen sondergleichen. Was für ein herrliches Bild und wenn man die Geschichte dahinter kennt, wird das alles noch viel lustiger.

Vor diesem Abstecher war ich noch kurz bei Internal Bleeding und verstand nun noch besser, warum die Band bei uns in der Redaktion lediglich ein Dasein im Archiv fristet. Himmel, was für ein Krach! Allerdings technisch hochwertig, so viel Zeit muss sein.

Nun galt es aber zu eruieren, wie sich Feuerschwanz beim nicht deutschsprechenden Publikum zu verkaufen vermochten und da ich den ersten Gig nur so nebenbei geschaut hatte, musste ich nun ein wenig aufmerksamer sein, was mir allerdings nicht schwerfiel. Nein, musikalisch ist die Truppe so gar nicht mein Gusto, aber die Performance und vor allem das permanente Touren hat die Band dah8n gebracht, wo sie jetzt steht, und das nötigt mir Respekt ab. Dennoch war ich im Zweifel, ob der Mittelalter Metal mit deutschsprachigen Texten beim internationalen Publikum ankommen würde.

Ja, tat er, und zwar besser, als ich es mir jemals gedacht hätte. Man kann sogar fast davon sprechen, dass das prall gefüllte Pooldeck der bunt gemischten Truppe aus der Hand fraß, obwohl fest davon auszugehen ist, dass vielleicht 10% der Leute überhaupt verstanden, von was die Band da fabuliert. Aber prinzipiell sage ich meistens, wenn es der Masse gefällt, die Musik zum Party machen animiert, wer bin dann ich, dass ich das runtermache?

Dementsprechend schaute ich dem bunten Treiben zu und die Bühnenshow mit den Tänzerinnen kam echt gut rüber. Gut, die Coverversionen von „Dragostea din tei“ hätte nicht unbedingt sein müssen, da das Teil schon im Original unfassbar nervt, doch die Neuinterpretation von Seeeds „Ding“ lies das Tanzbein dann doch zucken und in bester Stefan Raab Manier (siehe den Bundesvision Song Contest vor einigen Jahren) tanzten wir über Deck 12. Auch wenn ich so meine Zweifel hatte, Feuerschwanz waren definitiv eine der Gewinner der diesjährigen Cruise, auch da sie Melissa Bonny mit im Gepäck hatten, die als Gastsängerin noch das Tüpfelchen auf dem I war.

Nun aber der zweite Set von Kreator, während ich abermals vorher versuchte, mir Amorphis im Theater schönzuhören (was einmal mehr misslang) und diesmal waren die Songs gemischt, sprich neues und mittelaltes Material, wobei gerade der Einstieg mit „Violent revolution“ so richtig einschlug. Aber auch der Rest ging verdammt gut ins Ohr, wobei ich allerdings ein wenig die etwas lustlos rüberkommende Performance von Mille beklagen muss. Auch die Ansagen waren wie immer die Gleichen und deswegen war ich verdammt froh, dass zumindest die Songauswahl für Abwechslung sorgte.

Phantom antichrist“, „Phobia“, „Hordes of chaos“ oder das von mir stürmisch gefeierte „Flag of hate“ gingen voll ins Gemächt und machten verdammt viel Spaß. Nun hatte sich das teutonische Thrash Urgestein natürlich die Messlatte zwei Tage zuvor selbst in unerreichbare Höhen gelegt, die auch nicht übersprungen werden konnte, doch der Gig war wirklich kurzweilig und die Fans gingen steil. Dazu schlanke 24 Grad und eine leichte Brise. Was will man mehr?

Natürlich standen noch ein paar Kapellen auf dem Speiseplan, doch einige hatten wir schon gesehen, andere interessierten uns schlicht nicht und somit zogen wir es vor, unsere verbrannte Haut zur Ruhe zu betten, wohl wissentlich, dass wir eh wieder verflucht früh aus der Wäsche und eventuell Warbringer gucken würden. Dennoch ein denkwürdiger Tag. Bimini, Bahamas, tolle Bands, überragendes Wetter. Unvergesslich, unbeschreiblich und mit einem enormen Widerhall. Könnte das der letzte Tag noch toppen?


OLAF

Bandbilder: André Schnittker



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